SG #012: Recycling

SG #012: Recycling

Was ist typisch Deutsch? Pünktlichkeit? Zuverlässigkeit? Rauhaardackel? Dirndl? Oder doch eher das Müll-Recycling? Ich weiß, für viele Menschen aus anderen Ländern wirkt es seltsam, was wir mit unserem Müll machen. Seit vielen Jahren wandert immer weniger davon in die Mülltonne, und immer mehr davon wird von uns gesammelt. Es gibt viele verschiedene Systeme, in jedem Bundesland ist das anders, manchmal sogar von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Ich erzähle Euch jetzt mal, wie ich hier in München mit meinem Müll umgehe.

Zunächst einmal gibt es die Möglichkeit, direkt im Supermarkt zum Beispiel die Cornflakes-Tüte aus der Karton-Verpackung zu nehmen und den Karton gleich dort wegzuschmeissen. Ich kann auch die Folie von der Gurke direkt dort lassen oder andere Verpackungen. Wenn ich diese lieber mit nach Hause nehme, kann ich sie zu Hause sammeln. Ich selber sammele vor allem Papier. Vor meiner Haustür ist ein großer Container, in den ich das Papier werfen kann. Einmal pro Woche wird diese Tonne geleert. Dann gibt es in meinem Haus noch eine braune Tonne für Biomüll. Das sind Bananenschalen, Teebeutel oder anderer biologischer Müll. Dieser Müll wandert in den Kompost und wird wieder zu Erde.

Natürlich gibt es in meinem Haus auch noch eine so genannte Restmülltonne, aber da landet nicht mehr viel drin. Denn ich sammle zum Beispiel Dosen aus Aluminium und bringe sie zu einem Wertstoffcontainer um die Ecke. Dort kann ich auch alle Folien und Plastikbehälter hinbringen, oder grünes, weißes und braunes Glas. Um den Überblick nicht zu verlieren, haben viele Küchen verschiedene Müllbehälter, damit man das gleich dort sortieren kann.

Holz, Halogenlampen, Metallreste oder alte Möbel kann ich zu einem Wertstoffhof bringen, also einem Platz, wo diese Dinge dann entsorgt werden. Für manche Geräte muss man Geld bezahlen, um sie dort hinzubringen.

Und dann gibt es natürlich noch Second-Hand-Läden, wo man alte Bücher, CDs oder ähnliches hinbringen kann. Und die Dropshops, wo andere Menschen für einen Gegenstände bei eBay verkaufen. Aber das kennt Ihr bestimmt aus Eurer Heimat auch.

Sind wir Deutschen also verrückt? Ich weiß es nicht. Immer wieder hört man, dass es hier mittlerweile zu wenig „normalen“ Müll gibt, die Heizkraftwerke, das sind große Kraftwerke, in denen Müll verbrannt wird, bleiben also leer. Manche Deutsche recyceln daher mittlerweile keinen Müll mehr. Ich selber habe das schon in der Grundschule gelernt und kann nicht anders – mir tut es in der Seele weh, wenn ich Glas oder Papier in die normale Mülltonne werfe.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg12kurz.pdf

SG #011: Denglisch

SG #011: Denglisch

Ich weiß, Ihr wollt Deutsch lernen. Aber für all die von Euch, die sowieso schon Englisch sprechen, ist das gar nicht nötig. Denn viele unserer deutschen Begriffe sind gar nicht Deutsch, sondern Englisch. Wir finden Dinge cool und ziehen zum Fitnesstraining gerne ein stylishes T-Shirt an. Manchmal werden Trainingsstunden gecancelt, aber das kann auch passend sein, wenn man sowieso zu einem Meeting muss, weil man gerade ein Startup gelaunched hat.

Englische Wörter zu benutzen und sie mit der deutschen Sprache zu verbinden, finden viele vor allem junge Deutsche toll. Man nennt das Denglisch. In den vergangenen Jahren hat sich die deutsche Sprache insgesamt sehr verändert. Wenn das Telefon kaputt ist, hat man früher den Kundendienst angerufen. Heute ruft man den Service oder Support an oder gleich die Hotline.

Viel lustiger finde ich allerdings, dass es auch Scheinanglizismen gibt. Das sind Begriffe, die zwar Englisch klingen, die aber kein Engländer oder Amerikaner versteht. Das bekannteste Wort ist das Wort Handy. In Deutschland ist das Handy ein Mobiltelefon. Und ein Beamer ist bei uns nicht etwa ein Auto, sondern ein Projektor, um beispielsweise Powerpoint-Präsentationen auf der Leinwand zu zeigen. Ein Dressman ist für uns hier ein schöner Mann, also ein männliches Model. Und ein Oldtimer ist ein sehr altes Auto. Ein Showmaster ist ein Moderator, jemand, der eine Fernsehshow präsentiert. Und in Deutschland gibt es auch nicht nur Teenager, sondern auch Twens. Das sind dann die Leute zwischen 20 und 30.

Seid Ihr jetzt komplett verwirrt? Müsst Ihr nicht sein. Denn jede Sprache ist ein Gemisch aus verschiedenen Einflüssen. Wir haben ein Rendezvous, trinken gerne Capuccino und machen danach eine Siesta. Oder? Trotzdem – ich freue mich, dass Ihr Deutsch lernt und werde auch in den nächsten Wochen versuchen, Euch dabei zu helfen.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg11kurz.pdf

SG #010: Die Litfaßsäule

SG #010: Die Litfaßsäule

[smart_track_player url=“https://slowgerman.com/folgen/sg10.mp3″ title=“SG #010: Die Litfaßsäule“]Ich möchte Euch heute von einer Erfindung erzählen, die man hier in Deutschland überall sieht. Mittlerweile gibt es sie auch in anderen Städten auf der ganzen Welt. Ich rede von der Litfaßsäule. Falls Ihr nicht wisst, wovon ich rede – eine Litfaßsäule ist eine hohe Rolle, die mit Plakaten beklebt ist. Ein Foto von einer solchen Säule stelle ich Euch auf meine Internetseite slowgerman.com.

Vielleicht wusstet Ihr nicht, dass die Litfaßsäule eine deutsche Erfindung ist. Aber sie wurde erfunden von Ernst Litfaß. Er wurde 1816 in Berlin geboren und war von Beruf Drucker. Ihm fiel auf, dass die Berliner überall Plakate anbrachten. Und das war hässlich. Also schlug er vor, Säulen aufzustellen, damit die Bürger einen Platz für ihre Plakate hatten.

Jahrelang musste er verhandeln, bis er 1854 die Genehmigung bekam. Kurz darauf wurden die ersten hundert Säulen in Berlin aufgestellt. Darauf waren auch die neuesten Nachrichten der Stadt zu lesen und während des Krieges konnten sich die Bürger hier schnell informieren. Zehn Jahre lang durfte nur Ernst Litfaß diese Säulen aufstellen, deswegen trägt sie heute auch seinen Namen.

Heute stehen Litfaßsäulen in jeder deutschen Stadt. Man kann hier Werbung sehen für Konzerte oder Theaterstücke, oft werden ganze Spielpläne abgedruckt oder man wird informiert über die Öffnungszeiten des Zoos oder man erfährt, in welchem Freibad man schwimmen gehen kann. Viele Plakate sind so bunt und interessant, dass man unweigerlich stehen bleibt, um sie zu lesen. Natürlich gibt es in Deutschland auch Plakatwände, aber Litfaßsäulen nehmen viel weniger Platz weg. Ich habe sogar schon kleine Säulen gesehen, die sich drehen oder beleuchtet sind, und es gibt auch Säulen, in deren Innerem Telefone untergebracht sind.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg10kurz.pdf

SG #009: Bus und Bahn

SG #009: Bus und Bahn

In den großen deutschen Städten wie München, Berlin, Hamburg, Stuttgart oder Köln braucht man kein Auto. Viele meiner Freunde haben kein Auto – denn diese Städte haben ein gutes so genanntes öffentliches Verkehrssystem. Öffentliche Verkehrsmittel sind zum Beispiel U-Bahnen oder Busse. Ich erkläre Euch jetzt einmal, wie das System in München funktioniert. Es ist leider ein wenig kompliziert, aber wir versuchen es trotzdem, ok?

In der Stadt selbst fahren unter der Erde die U-Bahnen. Sie halten sehr oft und fahren auch sehr häufig, man muss nie lange auf eine U-Bahn warten. Oben auf der Straße gibt es dazu noch ein gutes Bussystem und die Straßenbahnen. Beides kann ich übrigens auch empfehlen, wenn Ihr einfach mal eine Sightseeing-Tour machen wollt, ohne viel Geld zu bezahlen. Beides kostet gleich viel und ist auch ähnlich komfortabel. Die Straßenbahnen haben den Vorteil, dass sie die Ampeln auf grün schalten können und daher immer freie Fahrt haben.

Wer längere Strecken fahren möchte, zum Beispiel in die Vororte, der kann auch mit der S-Bahn fahren. Sie sieht eigentlich genauso aus wie die U-Bahn, fährt aber nicht nur unterirdisch, sondern auch über der Erde. Mit der S-Bahn könnt Ihr beispielsweise zum Flughafen fahren, der in München weit außerhalb liegt.

Gut, Ihr wisst nun also, wo Ihr hinfahren wollt. Also braucht ihr noch eine Fahrkarte. Die Systeme in den Städten sind meistens sehr kompliziert, es gibt Wochen-, Monats- und Jahreskarten für einheimische Pendler. Für Touristen ist es am Besten, wenn sie eine Touristenkarte kaufen. Diese ist günstig, mehrere Tage gültig und meistens kommt man mit ihr auch günstiger in Museen und andere Sehenswürdigkeiten. Dieses Ticket muss in Automaten abgestempelt werden, die in Bussen und Straßenbahnen im Fahrzeug befestigt sind, bei U- und S-Bahn allerdings noch am Bahnsteig stehen oder sogar noch oben vor der Rolltreppe. Diese Tickets werden von unauffällig gekleideten Menschen kontrolliert – aber nicht bei jeder Fahrt. Sie machen Stichproben. Wer kein Ticket hat, muss eine Strafe bezahlen. Drehkreuze wie in anderen internationalen Großstädten wie London oder New York gibt es in Deutschland nicht. Das Ticket müsst Ihr immer bei Euch haben, falls Ihr kontrolliert werdet. Ihr könnt es erst wegwerfen, wenn Ihr an Eurem Ziel angekommen seid und das Ticket nicht mehr gültig ist. Ihr könnt übrigens mit so einem Ticket problemlos von der Bahn in den Bus umsteigen oder andersrum, das ist gar kein Problem.

Es gibt in den Zügen und Bussen übrigens besondere Plätze für Behinderte und ältere Menschen. Diese sind mit einem speziellen Symbol gekennzeichnet und müssen freigemacht werden, wenn jemand sie braucht. Ansonsten gilt: Man darf in den Zügen und Bussen nicht rauchen. Wenn man aussteigen möchte, drückt man in Bus und Straßenbahn einen roten Knopf in der Nähe des Eingangs, bevor die Station erreicht wird. S- und U-Bahnen halten immer automatisch an jeder Station.

In München wurde das U-Bahn-System übrigens extra wegen der Olympischen Spiele 1972 gebaut! Die S-Bahnen sind mittlerweile alle neu und klimatisiert, die U-Bahnen sind teilweise neu und klimatisiert, teilweise aber auch alt und eigentlich lustig, man hat nämlich den Innenraum so verkleidet, dass er aussieht als wäre er aus Holz. Natürlich ist es aber Plastik und Metall.

Wenn Ihr als Touristen unterwegs seid, empfehle ich Euch, die Hauptverkehrszeit zu meiden. Das ist die Zeit, in der die Menschen morgens zwischen 7 und 9 Uhr und abends zwischen 17 und 19 Uhr in die Arbeit fahren oder nach Hause möchten. Die Züge und Busse sind dann oft überfüllt und es macht keinen Spaß, mitzufahren. Genauso ist es am Samstag Nachmittag, wenn die Fans ins Fußballstadion fahren.

Und Vorsicht: Die Züge fahren nicht die ganze Nacht! Schaut lieber vorher in einen Fahrplan, damit ihr kein teures Taxi nehmen müsst. Angst müsst Ihr in München in den öffentlichen Verkehrsmitteln übrigens nicht haben, sie sind sehr sicher, auch nachts und für Frauen.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg09kurz.pdf

Ab in den Biergarten! – SG #008

Ab in den Biergarten! – SG #008

Ich lebe in Bayern, genauer gesagt in München. Und hier gibt es eine Tradition, die Ihr vielleicht kennt – Biergärten. Ein typischer Biergarten hat orangefarbene Bänke und Tische. Der Boden ist mit kleinen Kieselsteinen bedeckt. Große Kastanienbäume spenden Schatten.

Aber das ist noch nicht alles: Ein richtiger Biergarten in Bayern ist in zwei Bereiche unterteilt. In einem Bereich wird man von einem Kellner oder einer Kellnerin bedient. Diesen Teil erkennt man meistens daran, dass hier Tischdecken auf den Tischen zu sehen sind. Der andere Teil ist der wichtigere: Hier darf man sich sein Essen selber mitbringen! So sieht man also Einheimische, die ihre eigenen Tischdecken ausbreiten und aus Körben allerlei leckeres Essen zaubern. Das Bier und die anderen Getränke jedoch muss man an kleinen Ständen im Biergarten kaufen.

Traditionelle Biergärten schenken Bier nur in Krügen aus, die für Nicht-Bayern riesig sind: Ein ganzer Liter Bier passt hier rein, und das Glas nennt man somit nicht mehr Glas, sondern Mass. Essen kann man auch kaufen, falls man nichts mitgebracht hat. Es gibt meistens gegrillte Würstchen, halbe Hähnchen, oft auch gebratenen Fisch, Steckerlfisch genannt. Lecker finde ich vor allem die kalten Brotzeiten: Käse mit einer riesigen Breze, Radi (das ist Rettich) mit Salz oder der berühmte Obazda.

Obazda ist eine orangefarbene Masse, die man sich auf ein Brot oder eine Breze schmieren kann. Er besteht aus Camembert, Zwiebeln, Paprikapulver, Butter und ein wenig Weißbier.

Es ist übrigens ganz normal, sich zu anderen, fremden Leuten an den Tisch zu setzen, denn ein Biergarten ist Zeichen für Geselligkeit. Und noch ein Hinweis, damit es keine Verwirrung gibt: Ein Biergarten bedeutet nicht, dass Männer dort hingehen, um sich zu betrinken. Ein Biergarten ist Kultur. Hier treffen sich Freunde, Familien gehen mit ihren Kindern hierher, Geschäftsmänner treffen sich mittags hier zum Essen. Es geht um Gemütlichkeit, nicht um Alkohol.

Große Biergärten übrigens haben Platz für 7000 bis 8000 Menschen – und sie sind an schönen Sommertagen randvoll! Wer also in nächster Zeit nach München kommt – ich empfehle den traditionellen Augustiner Biergarten in der Nähe des Hauptbahnhofes! Und keine Angst: Natürlich gibt es hier auch nicht-alkoholische Getränke.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg08kurz.pdf