SG #116: Lindenstraße

SG #116: Lindenstraße

Die Lindenstraße ist die bekannteste Straße in Deutschland – obwohl es sie gar nicht gibt. Natürlich gibt es in einigen Städten eine Lindenstraße, aber die Lindenstraße, über die ich Euch heute etwas erzählen möchte, existiert nur im Fernsehen. „Lindenstraße“ heißt nämlich Deutschlands erste und älteste Seifenoper. Sie wird in Köln gedreht – spielt aber in München.

© WDR/Lindenstrasse
Hans W. Geißendörfer

1985 startete die Erfolgsgeschichte. Hans W. Geißendörfer dachte sich eine Fernsehserie aus. Sie sollte so sein wie eine Kindheitserinnerung: Geißendörfer war in einem Mehrfamilienhaus aufgewachsen. Außerdem war er inspiriert durch die britische Fernsehserie „Coronation Street“. Seitdem läuft die Lindenstraße jeden Sonntagabend im Fernsehen, und zwar in „Das Erste“, dem ersten Fernsehprogramm Deutschlands, in dem auch die Tagesschau und der Tatort laufen.

Die Sendung dreht sich um die Menschen, die in der Lindenstraße leben und arbeiten. Es gibt ein griechisches Restaurant, das „Akropolis“, in der Lindenstraße. Und eine Arztpraxis. Es gibt Cafés, einen Bioladen, einen Friseur und eine Werkstatt. Meistens dreht sich aber alles um die Menschen, die in ihren Wohnungen sind.

© WDR/Lindenstrasse
Der erste Kuss zweier Männer in der Lindenstraße

Es sind ganz normale Alltagsgeschichten. Es geht um Liebe, Krankheit, Tod. Schlagzeilen machte die Lindenstraße immer dann, wenn sie aktuelle Themen aus der Gesellschaft aufgriff. Zum Beispiel gab es in der Lindenstraße sehr früh einen AIDS-kranken Mann. Auch Homosexualität war ein Thema. In der Lindenstraße sah man zum ersten Mal in einer deutschen Fernsehserie einen Kuss zwischen zwei Männern. Das war 1987.

Nach und nach tauchten die verschiedensten Themen in der Lindenstraße auf: Neonazis, Islamisten, Vegetarier, Arbeitslosigkeit, Drogen, Stalking, Scientology und viele andere.
Da die Sendung sonntags ausgestrahlt wird, nimmt sie oft auch Bezug auf Dinge, die am Sonntag in der realen Welt passieren – zum Beispiel Wahlen.

© WDR/Lindenstrasse
Ein allein erziehender Vater in der Lindenstraße

Da werden dann manchmal verschiedene Versionen aufgezeichnet und geschnitten, damit das Wahlergebnis zur Lindenstraße passt. So bekommt man den Eindruck, als wäre die fiktive Lindenstraße Teil der realen Welt. So ist es auch, wenn die Figuren in der Serie im Internet unterwegs sind – wenn sie dort Webseiten einrichten, existieren diese dann auch in der Wirklichkeit.
Viele Schauspieler der Lindenstraße sind von Anfang an dabei. Man konnte beobachten, wie die Kinder der Lindenstraße erwachsen wurden und ihre Eltern langsam älter. Til Schweiger, heute bekannt als Kino-Star und Tatort-Kommissar, fing bei der Lindenstraße mit der Fernsehschauspielerei an.

© WDR/Lindenstrasse
30 Jahre Lindenstraße

Im Dezember 2015 wurde die Lindenstraße 30 Jahre alt. Zur Feier dieses Jubiläums wurde die Folge live ausgestrahlt – vorher mussten die Schauspieler ausgiebig proben, damit alles klappt. Es war wie ein Theaterstück.

Hans W. Geißendörfers Produktionsfirma stellt die Lindenstraße seit 1985 her. Geißendörfers Tochter Hana ist mittlerweile Produzentin der Serie. Schaut doch mal rein – die Lindenstraße gibt es natürlich auch im Internet unter www.lindenstrasse.de.

Ach, und die bekannte Musik aus der Lindenstraße könnt Ihr Euch hier anhören: http://www1.wdr.de/daserste/lindenstrasse/service/titel-melodie-100.html

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg116kurz.pdf

SG #077: Deutsche Serien und Filme

SG #077: Deutsche Serien und Filme

Cemal aus der Türkei hat mich gefragt, wie es in Deutschland mit Filmen und Serien aussieht. Das ist ein schwieriges Thema, weil es da natürlich sehr viel zu erzählen gibt!

Fangen wir mit den Filmen an. Es gibt eine sehr lebendige deutsche Filmszene. Ich werde Euch in nächster Zeit auch immer wieder deutsche Filme hier vorstellen. „Good Bye Lenin“ und „Das Leben der Anderen“ habe ich Euch ja schon vorgestellt.

Ich habe mal nachgesehen, welche deutschen Filme in den deutschen Kinos in den vergangenen 50 Jahren am meisten Besucher angelockt haben. Interessant fand ich, dass es sich fast ausschließlich um Komödien handelt. Der erfolgreichste deutsche Film aller Zeiten ist „Der Schuh des Manitu“. Das ist eine Parodie auf alte Westernfilme, vor allem auf die alten Karl May-Filme. Es geht also um Cowboys und Indianer. Wer diesen Film gemacht hat? Eine Truppe um den deutschen Comedian Michael „Bully“ Herbig. Das ist ein Münchner Regisseur, Drehbuchautor, Schauspieler und Comedian. Gemeinsam mit seinen Kumpels Christian Tramitz und Rick Kavanian hat er viele Filme und Fernsehsendungen gemacht – alle lustig. Auch der zweit-erfolgreichste Film aller Zeiten ist von diesem Trio: „(T)Raumschiff Surprise“. Wieder eine Parodie – diesmal wird „Raumschiff Enterprise“ auf die Schippe genommen.

Noch einer hat es gleich zwei Mal in die Top Ten geschafft: Otto. Otto ist ein Komiker der älteren Generation – ihn kennt in Deutschland jedes Kind. Und das seit Generationen. Ganz neu in den Top Ten ist ein Film, der jetzt gerade noch in den Kinos läuft. Er heißt „Fack Ju Göhte“. Wieder eine Komödie. Darin geht es um Lehrer und Schüler. Der Star des Films ist ein Schauspieler namens Elyas M’Barek – er hat derzeit eine Menge Fans. Eine weitere wichtige Figur – ob man ihn mag oder nicht – ist Til Schweiger. Er wurde als Schauspieler mit dem Film „Der bewegte Mann“ berühmt. Mittlerweile macht er selber Filme, die viele Deutsche ins Kino locken. Beispielsweise „Keinohrhasen“. Natürlich auch wieder eine Komödie.

Til Schweiger ist neuerdings auch Kommissar in der Reihe „Tatort“. Der Tatort ist eine Krimi-Sendung, die fast jeden Sonntagabend im Fernsehen läuft. Und das seit 1970. Der Tatort ist Kult – er hat viele Fans. Diese treffen sich oft auch in Kneipen, um gemeinsam den Tatort zu sehen. Oder sie quatschen bei Twitter unter dem Hashtag #tatort. Jeden Sonntag ist ein anderes Team im Einsatz – aus einer anderen deutschen Stadt. Sehr beliebt ist der Tatort aus Münster – er ist eher lustig als spannend. Viele Kommissarenteams sind schon seit vielen Jahren im Einsatz. Das Team aus München beispielsweise hat schon über 60 Fälle gelöst.

Krimis sehen die Deutschen ohnehin sehr gerne. Aber es gibt auch andere Serien, die seit vielen Jahren sehr beliebt sind. Die „Lindenstraße“ zum Beispiel. Das ist die erste deutsche Seifenoper – es gibt sie seit 1985. Jeden Sonntagabend kommt eine neue Folge – es geht um die Bewohner der Lindenstraße, wie der Titel schon sagt. Die Fernsehserie ist bekannt dafür, aktuelle Geschehnisse aus Deutschland in die Handlung einzubauen – oft ist sie sogar gesellschaftskritisch.

Die Hauptsendezeit ist in Deutschland um 20.15 Uhr. Dann kommen die großen Filme und so weiter. Um 20 Uhr kommt die Tagesschau, die Nachrichtensendung. Und vorher kommen die Vorabendserien. Da geht es um Landärzte, Förster oder Polizisten. Es gibt eine Serie, die ich Euch empfehlen kann, weil sie sehr schräg ist: „Der Tatortreiniger“. Es geht um Schrotty, einen Mann, der engagiert wird, wenn ein Mord passiert ist. Oder etwas ähnliches. Er wird dann gerufen, um zu putzen – und führt dabei gerne kuriose Gespräche mit den Nachbarn oder anderen Menschen in er Umgebung.

Ich persönlich sehe lieber amerikanische Serien als deutsche Serien. Aber wenn ich deutsche Serien sehe, dann die von Franz Xaver Bogner. Das ist ein bayerischer Fernsehmacher, der in den vergangenen 40 Jahren zahllose Serien produziert hat. Er beobachtet dabei die Menschen sehr genau und hat einen guten Sinn für Humor. Aber ich fürchte, für Deutschlernende sind die bayerischen Episoden schwer zu verstehen.

Um zu Cemal vom Anfang zurückzukommen: Es gibt auch eine deutsche Serie, die sehr beliebt war, die zu ihm passen könnte: „Türkisch für Anfänger“. Darin geht es um die Annäherung von Deutschen und Türken. Klingt gut, oder?

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg77kurz.pdf