SG #035: Religion

Ich wurde gebeten, über Religion zu sprechen. Religion in Deutschland. Wie so oft muss man bei diesem Thema unterscheiden zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland. Denn in Ostdeutschland, also in der ehemaligen DDR, hatte die Regierung eine antikirchliche Haltung. Daher sind noch heute 68 Prozent der Ostdeutschen nicht religiös. Genauer gesagt: Sie gehören keiner Kirche an. Ob sie für sich einen Glauben haben, ist schwer zu erforschen. In Westdeutschland sieht diese Zahl ganz anders aus: Hier sind es nur 15 Prozent, die keiner Religionsgemeinschaft angehören. Ich gehöre dazu.

Die meisten Deutschen sind Christen. Ein Drittel der Deutschen sind Katholiken, ein Drittel sind evangelisch, also Protestanten. Der Rest gehört zu keiner dieser Gemeinschaften. Man kann eine regionale Unterteilung erkennen: Der Norden von Deutschland ist eher protestantisch, der Süden katholisch.

Natürlich gibt es noch andere Konfessionen in Deutschland, es gibt Juden oder orthodoxe Christen, Baptisten und Zeugen Jehovas,  allerdings ist ihre Zahl sehr klein. Nach den Katholiken und Protestanten gibt es vor allem Muslime in Deutschland, sie machen vier Prozent der Bevölkerung aus. Das kommt daher, weil in den 60er-Jahren viele Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland kamen und hier geblieben sind.

Die christlichen Kirchen in Deutschland haben große Sorgen. Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus, das heißt sie wollen offiziell nicht mehr zu dieser Religionsgemeinschaft gehören. Das bringt nicht nur spirituelle Probleme für die Kirche, sondern auch finanzielle. Denn jeder Gläubige in Deutschland zahlt die so genannte Kirchensteuer. Sie wird vom Staat mit den anderen Steuern eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Von diesem Geld werden vor allem soziale Einrichtungen finanziert, wie kirchliche Kindergärten, Altenheime und andere Betreuungsangebote. Je mehr Menschen aus der Kirche austreten, desto weniger Menschen zahlen Kirchensteuer.

Wichtig ist der Kirchenbesuch für die meisten Christen an Weihnachten oder Ostern. Hier wird dann das jeweilige Fest groß gefeiert. Die wenigsten Deutschen aber gehen jeden Sonntag in die Kirche.

In einer katholischen Stadt wie München ist die Kirche allgegenwärtig. Das bedeutet, sie ist überall. Vor allem in der Altstadt stehen zahlreiche katholische Kirchen, alte Bauwerke, die sehr prunkvoll sind. Auch das Wahrzeichen von München, die Frauenkirche, ist eine Kirche mit zwei Türmen. Zur vollen Stunde hört man überall Kirchenglocken läuten. Für mich ist das ein schöner Klang, obwohl ich nicht gläubig bin. Die Religion ist zwar seit 1919 in der deutschen Verfassung vom Staat getrennt worden, sie spielt aber immer wieder eine Rolle. Zum Beispiel gibt es viele religiöse Feiertage in Deutschland, wie zum Beispiel Allerheiligen, von dem ich Euch ja schon erzählt habe.

In vielen Gerichtssälen und Schulen hängen Kreuze an der Wand. Das löste vor einigen Jahren den so genannten Kruzifix-Beschluss aus. Wenn sich ein Kind in seinem Klassenzimmer von dem Kreuz gestört fühlt, muss das Kreuz entfernt werden. Einen weiteren Streit vor Gericht gab es darüber, ob Lehrer und Schüler in der Schule Kopftücher tragen dürfen, also ein deutliches Zeichen ihrer muslimischen Religion.

In der Schule gibt es zudem Religionsunterricht, der Pflicht für alle Schüler ist. Wer nicht in den katholischen oder evangelischen Unterricht gehen möchte, der geht stattdessen heute in einen Ethikunterricht.

Heute mal Musik von Kat-Musik, der Song heißt Kopf Kino. Gefunden im Podsafe Music Network.

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SG #021: Aschermittwoch

Heute ist Aschermittwoch , ein christlicher Feiertag. Wir müssen aber trotzdem an diesem Tag arbeiten, sogar im katholischen Bayern.

Der Aschermittwoch ist der Beginn der Fastenzeit. Ab heute werden die gläubigen Christen und auch einige andere Menschen 40 Tage lang fasten. Also nichts essen. Das soll sie daran erinnern, dass Jesus 40 Tage in der Wüste verbracht hat. Bis Ostern dauert diese Fastenzeit, genauer gesagt bis zum Karsamstag.

Gläubige Christen gehen heute in die Kirche und bekommen vom Pfarrer ein Kreuz aus Asche auf die Stirn gemalt. Ich selber bin kein religiöser Mensch, daher kann ich Euch darüber nicht mehr erzählen.

Interessant ist der Aschermittwoch aber auch für mich, und zwar weil es den so genannten politischen Aschermittwoch gibt. Das ist eine bayerische Erfindung, denn schon vor 500 Jahren haben sich die Bauern an diesem Tag getroffen und über Politik geredet. Später gab es Kundgebungen, und heute haben alle politischen Parteien heute eine große Veranstaltung. Da kommen alle wichtigen Politiker zusammen, und es werden flammende Reden gehalten. Das wird sogar im Fernsehen übertragen.

Traditionell gibt es am Aschermittwoch ein großes Fischessen, das auf die Fastenzeit einstimmen soll. Man könnte aber auch sagen, der Aschermittwoch hat eher was mit einem Kater zu tun als mit einem Fisch. Denn bis heute wurde in Deutschland Fasching gefeiert. Das fing offiziell am 11.11., also am 11. November, um 11 Uhr 11 an. Der richtige Start war dann am 6. Januar, dem Dreikönigstag. Und seitdem haben sich die Menschen verkleidet und gefeiert. Das hängt zusammen mit der heidnischen Winteraustreibung. Da hat man versucht, die Wintergeister zu vertreiben, damit es endlich Sommer wird.

Heute feiert man das auch noch, und vor allem in katholischen Gegenden geht es hoch her. In Bayern allerdings weniger, die Hochburgen sind zum Beispiel Köln und Mainz. Eine Woche lang ist es bunt und laut. Es beginnt am unsinnigen Donnerstag, auch schmutziger Donnerstag oder Weiberfasching genannt. Dann kommt der Rosenmontag und der Faschingsdienstag. Da ziehen die Menschen mit lauten Musikkapellen durch die Gegend. Und sie trinken eine Menge Alkohol. Davon bekommt man bekanntlich einen Kater, also böses Kopfweh. In manchen Gegenden Deutschlands heißt der Fasching übrigens auch Fastnacht oder Karneval.

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SG #015: Allerheiligen

SG #015: Allerheiligen

Der erste Schnee ist hier in München schon letzte Woche gefallen. Immer wenn es langsam kalt wird und der Winter beginnt, freue ich mich. Denn das bedeutet, dass Allerheiligen bevorsteht. Ich gebe zu, nicht viele Menschen hier in Deutschland freuen sich auf diesen Tag. Es ist ein katholischer Feiertag, der immer am 1. November begangen wird. Und eigentlich steckt dahinter ein sehr trauriger Anlass: Man denkt an die Toten.

Ich möchte Euch nun aber mal erzählen, wie das in meiner Familie aussieht. Vor über 25 Jahren ist mein Opa gestorben. Ich war damals ein kleines Kind. Wie es der Brauch und die Tradition will, sind meine Eltern und ich damals am 1. November an das Grab meines Opas gefahren. Und so machen wir es seitdem jedes Jahr.

Der Tag beginnt bei uns damit, dass wir uns im Elternhaus meiner Mutter treffen. Dort kommt die ganze Familie zusammen, drei Generationen, aus ganz Deutschland. Wir gehen zusammen Mittag essen, und danach ziehen wir uns besonders warm an. Wir spazieren hinüber zum alten Friedhof und besuchen erst einmal andere Gräber. Die Gräber von Verwandten oder Freunden. Dort stehen jeweils deren Familien, und man spricht kurz miteinander. Dann stellt man sich an das eigene Familiengrab. In katholischen bayerischen Gemeinden wie der, in die ich immer fahre, steht beinahe an jedem Grab jemand. Dann beginnt ein Gottesdienst. Ein Pfarrer spricht und betet, eine Blaskapelle spielt traurige Lieder. Dann werden die Gräber gesegnet, der Pfarrer geht mit Weihwasser über den Friedhof.

Nach einer Stunde ist man durchgefroren. Man geht nach Hause und wir sitzen dann noch bis spät abends beisammen. Wir trinken Kaffee, essen Kuchen und essen später zu Abend. Es ist für mich ein wunderschöner Tag, denn zum einen finde ich es wichtig, an die Toten zu denken, zum anderen ist es der einzige Tag im Jahr, an dem die ganze Familie zusammen ist.

In Bayern hat man an diesem Tag übrigens frei. Man muss nicht arbeiten. Wir haben viele religiöse Feiertage hier.

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