SG #072: Tag der Deutschen Einheit

SG #072: Tag der Deutschen Einheit

Am 3. Oktober feiern wir in Deutschland den Tag der Deutschen Einheit. Dieser Tag ist der deutsche Nationalfeiertag. Und zwar seit 1990. Es ist also ein relativ junger Feiertag. Er markiert die Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, also von Ost- und West-Deutschland. Dieser 3. Oktober ist übrigens auch der einzige staatliche Feiertag – alle anderen Feiertage sind von den Bundesländern festgelegt. Das bedeutet: Den 3. Oktober feiert man in ganz Deutschland – viele andere Feiertage beispielsweise nur in Bayern und Baden-Württemberg oder in anderen Bundesländern.

Für mich persönlich hat dieser Tag eine besondere Bedeutung. Denn ich habe am 17. Juni Geburtstag. Und der 17. Juni war von 1954 bis 1990 der Tag der Deutschen Einheit. Als Kind hatte ich also immer an meinem Geburtstag frei, ich musste nicht in die Schule gehen.

Es gibt aber noch ein Datum, das mit dem Tag der Deutschen Einheit in Verbindung gebracht wird. Der 9. November. Denn am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Also überlegte man, diesen Tag zum Nationalfeiertag zu machen. Aber: Das Datum war das gleiche wie das der Reichspogromnacht. Am 9. November 1938 wurden über 1400 Synagogen, Geschäfte und Wohnungen von Juden und sogar Friedhöfe zerstört, viele Juden wurden umgebracht. Daher ist der 9. November kein Datum, das man feiern möchte. Also einigte man sich auf den 3. Oktober.

Aber auch diesen 3. Oktober fanden nicht alle Politiker gut. Denn ein neuer Feiertag bedeutet auch, dass an diesem Tag fast niemand arbeitet – und dadurch für diesen Tag keine Steuer an den Staat bezahlt wird. 500 Millionen Euro sollen dem Staat durch diesen einen Feiertag fehlen. Also überlegte die Regierung, den Tag der Deutschen Einheit zu verlegen – und zwar auf den ersten Sonntag im Monat Oktober. Aber dieser Plan wurde nicht umgesetzt.

Wie feiern wir Deutschen diesen Tag? Es gibt in einer Stadt in Deutschland ein so genanntes Bürgerfest. Dieses Jahr findet dieses Bürgerfest in München statt, zeitgleich übrigens mit dem Oktoberfest. Auch in Berlin wird an diesem Tag gefeiert. Ich kenne aber niemanden, der diesen Feiertag wirklich feiert. Wir freuen uns, dass wir an diesem Tag nicht arbeiten müssen – aber mehr auch nicht. Vielleicht ist das bei manchen Deutschen anders, aber hier im Süden ist es eben so.

Das war es schon wieder für heute – bald gibt es aber wieder neue Folgen, versprochen!

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg72kurz.pdf

SG #041: Weihnachten

SG #041: Weihnachten

Ich kann es selber kaum glauben – aber ich habe Euch noch gar nichts von Weihnachten erzählt! Also hole ich das heute nach. In Deutschland ist Weihnachten das wahrscheinlich wichtigste Fest des Jahres. Ich weiß, Ostern ist für die Christen noch viel wichtiger, aber Weihnachten ist auch für weniger religiöse Menschen wie mich ein großes Datum.

Ich habe Euch ja schon erzählt, dass es in Deutschland den Advent gibt. Die vier Sonntage vor Weihnachten wird also jeweils eine Kerze angezündet auf einem Adventskranz. Und man hat einen Adventskalender, hinter dessen Türchen jeden Tag Schokolade oder etwas anderes zu finden ist. Ist diese Wartezeit endlich vorbei, dann ist Weihnachten. Wir feiern schon am 24. Dezember. In meiner Familie beginnt der Tag nach einem schönen Frühstück und Mittagessen damit, dass wir den Tannenbaum von draußen hereinholen, ihn in der Wohnung aufstellen und gemeinsam schmücken. Das macht aber jede Familie anders. Dann ziehen wir uns festlich an, versammeln uns wenn es dunkel ist um den schönen Baum, hören Weihnachtsmusik und zünden die Kerzen an. Und dann ist die Bescherung. Wir überreichen einander die Geschenke und packen sie aus. Danach gibt es ein festliches Essen. In vielen Familien gibt es am Heiligabend selber nichts Besonderes zu essen, sondern erst am ersten Weihnachts-Feiertag, also am 25. Dezember. Bei uns aber gibt es schon am 24. abends ein leckeres Fondue.

Ich habe Euch ja schon erzählt, dass ich nicht religiös bin. Für mich ist Weihnachten ein Familienfest, ein Ritual, auf das ich mich freue. Aber natürlich respektiere ich es, wenn die Christen in meiner Umgebung an diesem Tag die Geburt von Jesus feiern möchten. Viele von ihnen gehen am 24. Dezember in die Kirche. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das zu tun. Man kann schon am Nachmittag in die Kirche gehen – dann gibt es meist eine Kindermette mit Krippenspiel, oder man geht spät abends, gegen Mitternacht. Dann ist die Kirche festlich erleuchtet, am Altar steht ein geschmückter Baum mit Kerzen und man sieht eine geschnitzte Krippe mit den Figuren von Maria und Josef und dem Neugeborenen. Bei dieser Christmette, wie der Gottesdienst genannt wird, sind die Kirchen in Deutschland voll. Auch viele der Menschen, die sonst nie in die Kirche gehen, möchten sich diesen besonderen Abend nicht entgehen lassen.

Am 25. und 26. Dezember ist in Deutschland gesetzlicher Feiertag, die meisten Menschen müssen also nicht arbeiten. Diese Zeit wird oft genutzt, um die Familie zu besuchen und mit ihnen noch einmal zu feiern. Ich wünsche Euch jetzt auch: Frohe Weihnachten! Und einen guten Rutsch ins Neue Jahr.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg41kurz.pdf

SG #015: Allerheiligen

SG #015: Allerheiligen

Der erste Schnee ist hier in München schon letzte Woche gefallen. Immer wenn es langsam kalt wird und der Winter beginnt, freue ich mich. Denn das bedeutet, dass Allerheiligen bevorsteht. Ich gebe zu, nicht viele Menschen hier in Deutschland freuen sich auf diesen Tag. Es ist ein katholischer Feiertag, der immer am 1. November begangen wird. Und eigentlich steckt dahinter ein sehr trauriger Anlass: Man denkt an die Toten.

Ich möchte Euch nun aber mal erzählen, wie das in meiner Familie aussieht. Vor über 25 Jahren ist mein Opa gestorben. Ich war damals ein kleines Kind. Wie es der Brauch und die Tradition will, sind meine Eltern und ich damals am 1. November an das Grab meines Opas gefahren. Und so machen wir es seitdem jedes Jahr.

Der Tag beginnt bei uns damit, dass wir uns im Elternhaus meiner Mutter treffen. Dort kommt die ganze Familie zusammen, drei Generationen, aus ganz Deutschland. Wir gehen zusammen Mittag essen, und danach ziehen wir uns besonders warm an. Wir spazieren hinüber zum alten Friedhof und besuchen erst einmal andere Gräber. Die Gräber von Verwandten oder Freunden. Dort stehen jeweils deren Familien, und man spricht kurz miteinander. Dann stellt man sich an das eigene Familiengrab. In katholischen bayerischen Gemeinden wie der, in die ich immer fahre, steht beinahe an jedem Grab jemand. Dann beginnt ein Gottesdienst. Ein Pfarrer spricht und betet, eine Blaskapelle spielt traurige Lieder. Dann werden die Gräber gesegnet, der Pfarrer geht mit Weihwasser über den Friedhof.

Nach einer Stunde ist man durchgefroren. Man geht nach Hause und wir sitzen dann noch bis spät abends beisammen. Wir trinken Kaffee, essen Kuchen und essen später zu Abend. Es ist für mich ein wunderschöner Tag, denn zum einen finde ich es wichtig, an die Toten zu denken, zum anderen ist es der einzige Tag im Jahr, an dem die ganze Familie zusammen ist.

In Bayern hat man an diesem Tag übrigens frei. Man muss nicht arbeiten. Wir haben viele religiöse Feiertage hier.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg15kurz.pdf