Es wird Zeit, dass wir über Angela Merkel sprechen. Sie ist seit 2005 die deutsche Bundeskanzlerin. Geboren wurde sie 1954 in Hamburg, ihr Vater war Theologe, ihre Mutter Lehrerin. Mit dem Baby zogen die Eltern in die damalige DDR – dort wuchs Angela Merkel also auf. Sie studierte in Leipzig Physik und heiratete 1977, also mit 23 Jahren, einen Physikstudenten. Er hieß Merkel. Fünf Jahre später waren sie wieder geschieden – aber den Namen trägt sie bis heute. 1984, also mit 30 Jahren, lernte sie Joachim Sauer kennen, den sie 15 Jahre später heiratete und mit dem sie auch heute noch zusammen ist. Er ist Quantenchemiker.
Aber weiter zum beruflichen Werdegang unserer Kanzlerin: 1986 bekam sie ihren Doktortitel. Politisch engagierte sie sich einige Jahre später beim neu gegründeten „Demokratischen Aufbruch“. Nach der Wende fusionierte diese Partei mit der westdeutschen CDU. Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde sie Ministerialrätin im Bundespresse- und Informationsamt. Ihre politische Karriere begann. Im Dezember wurde sie Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Dann ging es schnell weiter: Sie wurde Bundesministerin für Frauen und Jugend. Bundeskanzler Helmut Kohl hatte sie nominiert. Er protegierte sie, und noch heute wird Angela Merkel gerne als „Kohls Mädchen“ bezeichnet. 1994 wurde Merkel Bundesumweltministerin, 1998 CDU-Generalsekretärin, zwei Jahre später CDU-Vorsitzende. 2005 wurde sie dann zur Kanzlerin gewählt. Damit war sie die erste Frau in diesem Amt, und die jüngste in diesem Amt – sie war 51 Jahre alt, als sie Kanzlerin wurde. Außerdem war sie auch die erste Naturwissenschaftlerin in diesem Amt und die erste Person aus den so genannten neuen Bundesländern, also aus Ost-Deutschland.
Seither ist Angela Merkel also unsere Bundeskanzlerin. Sie tritt meist in einer Art Uniform auf: Schwarze Hose und buntes Sakko, dazu auffällige Halsketten. Sie ist eine mächtige Politikerin, die meist die einzige Frau unter vielen Männern ist. In Deutschland macht man sich gerne über sie lustig, beispielsweise über die so genannte Merkel-Raute: Angela Merkel legt in ihren Reden immer die Fingerspitzen beider Hände aneinander, so dass ihre Hände eine Raute formen. Kritisiert wird ebenso, dass Merkel nicht viel tut, dass sie versucht, möglichst unauffällig zu sein und sich dadurch „durchzumogeln“. Diese Strategie hat auch Helmut Kohl schon geholfen. Angela Merkel scheint ihr Handy sehr zu lieben, sie schickt viele SMSen und die Empörung war natürlich groß als bekannt wurde, dass ihr Mobiltelefon von der amerikanischen NSA abgehört wurde.
Seit 2006 steht Angela Merkel übrigens jede Woche vor der Kamera, um einen Videopodcast aufzuzeichnen. Im Moment wird sie sehr gelobt, weil sie im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine offene Worte gefunden hat und einer der wenigen Menschen ist, die durchaus auch kritisch mit Vladimir Putin sprechen. Übrigens spricht sie gut Russisch – ein Vorteil ihrer ostdeutschen Schulbildung.
Heute sprechen wir ausnahmsweise mal über ein aktuelles Thema, und zwar über die Bundestagswahl 2025. Die Wahl hat am 23. Februar stattgefunden, und die Ergebnisse stehen fest. Ich erkläre dir, was passiert ist, warum die Wahl so wichtig ist und wie die Geschichte der Bundestagswahl in Deutschland aussieht.
In Deutschland gibt es alle vier Jahre eine Bundestagswahl. Dabei wählen die Menschen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Der Bundestag ist das Parlament von Deutschland. Die Abgeordneten im Bundestag entscheiden über Gesetze, den Haushalt und viele andere wichtige Themen. Die Bundestagswahl ist also eine sehr wichtige Wahl, denn sie bestimmt, wer Deutschland regiert.
Die Bundestagswahl 2025 fand am 23. Februar statt. Millionen von Menschen sind zur Wahl gegangen oder haben vorher per Briefwahl abgestimmt. In Deutschland hat jeder Bürger und jede Bürgerin ab 18 Jahren das Recht zu wählen. Wohlgemerkt ist es nur ein Recht. Es ist keine Pflicht. Diesmal machten 82,5 Prozent Gebrauch von ihrem Wahlrecht. Das ist die höchste Wahlbeteiligung seit 38 Jahren.
Bei der Wahl haben die Menschen zwei Stimmen. Mit der ersten Stimme wählt man eine Person aus dem eigenen Wahlkreis. Mit der zweiten Stimme wählt man eine Partei. Die zweite Stimme ist besonders wichtig, weil sie bestimmt, wie viele Sitze eine Partei im Bundestag bekommt. In Deutschland gibt es eine Fünf-Prozent-Hürde. Das bedeutet: Eine Partei muss mindestens fünf Prozent der Stimmen bekommen, sonst kommt sie nicht in den Bundestag. Diese Regel gibt es, damit nicht zu viele kleine Parteien im Parlament sitzen und es zu kompliziert wird.
Die Bundestagswahl 2025 war spannend. Viele Menschen haben über die Zukunft Deutschlands diskutiert. In den letzten Jahren gab es große Herausforderungen, zum Beispiel die Energiekrise, den Klimawandel und wirtschaftliche Probleme. Das größte Thema im Wahlkampf war allerdings die Migration. Es gab in den Monaten vor der Wahl einige terroristische Anschläge in Deutschland. Sie wurden von Männern aus Afghanistan oder Syrien begangen. Auch meine Stadt München war betroffen. Hier raste kurz vor der Wahl ein afghanischer Mann mit seinem Auto in einen Demonstrationszug. Eine Frau und ihr Kleinkind starben, viele weitere Menschen wurden verletzt.
Taten wie diese lösten bei den Menschen verständlicherweise Angst und Bestürzung aus. Aber auch Wut. Das ist mit ein Grund, warum die konservative Union aus CDU/CSU die meisten Stimmen gewonnen hat. Zweitstärkste Partei war die in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei AfD.
Olaf Scholz, der bisherige Bundeskanzler Deutschlands, und seine Partei, die SPD, haben sehr viele Wählerinnen und Wähler verloren. Die FDP, die ebenfalls in der Regierung war, hat ebenfalls viele Stimmen verloren und schaffte es nicht über die 5 Prozent-Hürde. Das bedeutet, dass sie im nächsten Bundestag gar nicht mehr vorhanden sein wird. Und die Grünen haben ebenfalls Stimmen verloren. Einige Politiker haben aus diesen Verlusten ihre Konsequenzen gezogen und werden sich aus der Politik zurückziehen.
Warum war diese Wahl besonders? Zum einen, weil zum ersten Mal eine in Teilen rechtsextreme Partei die zweitstärkste Kraft ist. Allerdings haben die anderen Parteien schon lange gesagt, dass sie nicht mit dieser Partei zusammenarbeiten werden. Sie bleibt also in der Opposition. Das bedeutet, dass sie nicht in der Regierung ist, sondern sozusagen die Gegner der Regierung sind. Der zweite Grund ist, dass der Bundestag verkleinert wird. Viele Menschen hatten sich beklagt, dass der Bundestag zu groß war. 736 Abgeordnete gab es in der letzten Legislaturperiode. Und das ist sehr teuer für den Staat. Denn all diese Menschen haben zum Beispiel ihr eigenes Büro und Angestellte. Also gab es eine sogenannte Wahlrechtsreform. Der neue Bundestag wird also nur noch 630 Abgeordnete in Berlin haben.
Wer wird das sein? Klar ist, dass der Bundestag männlicher wird. Es sind sehr viel weniger Frauen im Bundestag. Das liegt daran, dass die Union und die AfD die meisten Menschen in den Bundestag schicken. Und diese konservativen Parteien haben nicht viele Frauen in ihren Reihen. Parteien wie die Linke, die SPD und die Grünen achten darauf, dass das Verhältnis ausgeglichen ist. Ihnen ist die Gleichberechtigung der Geschlechter wichtig.
Nach der Wahl müssen die Parteien jetzt überlegen, wie sie eine Regierung bilden. In Deutschland gibt es fast nie eine einzige Partei, die alleine regieren kann. Deshalb gibt es meistens eine Koalition. Das bedeutet, dass sich zwei oder mehr Parteien zusammenschließen und gemeinsam regieren. Die letzte Regierung bestand aus drei Parteien: Der SPD, den Grünen und der FDP.
Sehr wahrscheinlich wird die nächste Regierung aus der Union und der SPD bestehen. Das werden aber letztlich die Koalitionsverhandlungen zeigen. Das bedeutet, dass die Politiker untereinander verhandeln müssen, wie sie das Land regieren möchten. Sie müssen sich in manchen Punkten auf Kompromisse einigen. Am Ende steht dann ein Koalitionsvertrag. Dort steht alles drin, was die Parteien in ihren vier Jahren machen wollen.
Das erste Bild von Verhandlungen hat in den sozialen Netzwerken bereits für Spott und Häme gesorgt. Es zeigt einen Tisch, an dem sechs Menschen sitzen. Es sind Politiker der CSU und CDU. Keine einzige Frau ist dabei.
Bis Ostern soll die neue Regierung stehen, das ist derzeit das Versprechen. Sobald die Regierung steht, wird eine neue Bundeskanzlerin oder ein neuer Bundeskanzler gewählt. Das ist die wichtigste Person in der deutschen Politik. In der Geschichte Deutschlands gab es bisher nur eine Frau als Kanzlerin: Angela Merkel. Sie regierte von 2005 bis 2021. Der nächste Kanzler Deutschlands ist sehr sicher Friedrich Merz von der CDU. Er war drei Tage nach der Wahl bereits bei einem Besuch in Frankreich und schüttelte dort Emmanuel Macron die Hand.
Für mich war diese Wahl übrigens auch etwas Besonders: Ich hatte mich zum ersten Mal als Wahlhelferin gemeldet. Denn es braucht Hunderttausende von Freiwilligen, die bei der Wahl helfen. Wir haben den ganzen Sonntag von 8 bis 18 Uhr dafür gesorgt, dass alle Menschen geheim und sicher ihre Kreuzchen machen konnten. Nach 18 Uhr haben wir die Stimmzettel ausgezählt und das Ergebnis in unserem Wahlkreis ermittelt. Das war eine sehr interessante Erfahrung.
Und was sage ich zum Wahlergebnis? Ich bin kein konservativer Mensch, daher bin ich enttäuscht. Ich hätte mir mehr Mut zu Veränderungen gewünscht und ich finde, wir müssen dringend etwas gegen die Klimakrise unternehmen. Das ist allerdings ein Thema, das die Konservativen leider kaum interessiert.
Ich finde es auch schlimm, dass die AfD so viele Stimmen bekommen hat. Ich kann nicht verstehen, wie man eine Partei wählen kann, die nur für Reiche Vorteile bieten möchte und für viele Probleme keinerlei Lösungsvorschläge hat. Sie verbreitet Hass und Hetze, spaltet unser Land und stört damit den inneren Frieden. Bei Debatten im Bundestag stört sie, indem sie ständig Zwischenrufe macht. Eine sachliche Diskussion ist so kaum möglich. Die menschengemachte und von der Wissenschaft bestätigte Klimakrise leugnet sie. Und sie schiebt die Schuld für alle Probleme auf Menschen aus dem Ausland. Aber genau ohne diese Menschen wird unser Land nicht gut weiterleben können – denn Krankenhäuser sind zum Beispiel angewiesen auf ausländische Fachkräfte. Und auch die Rente wird zu einem beträchtlichen Teil von Menschen mit Migrationshintergrund finanziert.
Wir werden sehen, was all das mit Deutschland macht.
Deutschland hat einen neuen Kanzler. Er heißt Olaf Scholz. Ich erzähle Dir heute, wer das ist.
16 Jahre lang war Angela Merkel unsere Kanzlerin. Jetzt hat sich das geändert. Denn im September wurde gewählt. Drei Parteien konnten die Mehrheit der Stimmen für sich gewinnen und haben sich zusammengetan, und wir haben jetzt eine Koalition aus SPD, FDP und den Grünen. Da die Farben dieser Parteien rot, gelb und grün sind, wird die Koalition „Ampel“ genannt. Einige Monate hat es gedauert, bis sich diese drei Parteien auf gemeinsame Ziele einigen konnten. Das nennt man Koalitionsvertrag. Und dann galt es eine neue Regierung zu bilden. Das sind also die Minister und der Kanzler. Es gibt jetzt 7 neue Ministerinnen und 7 Minister. Und einen neuen Kanzler, Olaf Scholz von der SPD.
Am Mittwoch, 8. Dezember 2021, wurde er zum neuen Kanzler. Wie geht das? Im Bundestag steht der Punkt „Wahl des Bundeskanzlers“ an diesem Tag auf der Tagesordnung. Das heißt, dass die im September neu gewählten Abgeordneten des Bundestages wählen dürfen. Bekommt Olaf Scholz mindestens 369 Stimmen, ist er im ersten Durchgang gewählt. Die Koalition hat momentan 416 Stimmen. Diskutiert wird über diese Sache nicht – jede und jeder Abgeordnete darf geheim seine Stimme abgeben. Bei Merkel dauerte das ungefähr eine Stunde. Wenn alle gewählt haben, verkündet die Bundestagspräsidentin das Ergebnis. Dann wird Olaf Scholz gefragt, ob er die Wahl annimmt. Danach geht er auf eine kleine Reise: Er muss ins Berliner Schloss Bellevue fahren, wo der Bundespräsident auf ihn wartet. Der muss ihn nämlich noch offiziell ernennen. Dann muss Scholz wieder zurück in den Bundestag, um dort vereidigt zu werden. Und dann muss er wieder ins Schloss Bellevue, denn dort wird der Bundespräsident noch die neuen Bundesministerinnen und Bundesminister ernennen. Dann geht es wieder in den Bundestag, wo diese vereidigt werden. Am Nachmittag übergibt dann Angela Merkel offiziell ihr Amt an Olaf Scholz. Ein langer Tag, oder?
Olaf Scholz ist kein Unbekannter in Deutschland. Er war seit 2018 Vizekanzler, also der Stellvertreter der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und er war Finanzminister. Was noch? Er war früher Bundesminister für Arbeit und Soziales und auch mal Erster Bürgermeister von Hamburg. Schauen wir uns diesen Mann genauer an.
Olaf Scholz wurde 1958 in Osnabrück, also in Niedersachsen, geboren. Er studierte Jura und wurde Rechtsanwalt. Schon 1975, da ging er noch zur Schule, wurde er politisch aktiv. Und zwar gleich bei der SPD. Er begeisterte sich so sehr für die Politik, dass er verschiedene Ämter hatte. Zum Beispiel wurde er Vorsitzender eines SPD-Kreisverbandes und später auch Vorsitzender der SPD Hamburg. Von der regionalen Politikarbeit ging es dann nach oben: Er wurde 2002 Generalsekretär der SPD. Und dann war er eben Vizekanzler, als die CDU/CSU mit der SPD eine große Koalition bildeten. Privat ist er verheiratet und kinderlos.
Angela Merkel gab eines Tages bekannt, dass sie nicht noch einmal als Kanzlerin zur Verfügung stehen würde. Das Rennen war eröffnet. Alle Parteien überlegten, welche Kandidatinnen und Kandidaten sie in den Wahlkampf schicken würden. Wer also die größten Chancen hatte, das Amt zu übernehmen. Die SPD entschied sich für Olaf Scholz. Für die Grünen ging Annalena Baerbock in den Wahlkampf und für die CDU/CSU Armin Laschet. Diese drei Menschen sah man also diesen Sommer sehr oft im Fernsehen bei Debatten.
Was ist nun Olaf Scholz für ein Mensch? Nun, ich kann das natürlich nicht beurteilen, ich kenne ihn nicht persönlich. Er wirkt sehr sachlich und nüchtern auf mich. Er ist niemand, der poltert oder ausflippt, niemand der emotional wird. Er bleibt sachlich und ruhig und lässt sich nur schwer provozieren. Das hat ihm auch den Namen „Scholzomat“ eingebracht. In der SPD gilt er eher als konservativ. Dennoch macht er sich für Klimapolitik stark, was ich enorm wichtig finde.
Kritik gab es in der Vergangenheit vor allem in zwei Punkten. Zum einen ging es darum, wie er den G20-Gipfel 2017 in seiner Stadt Hamburg begleitete. Damals kam es vor Ort zu Ausschreitungen, also zu Kämpfen zwischen Demonstranten und der Polizei. Es gab Ermittlungsverfahren gegen Polizisten. Der Vorwurf: sie seien zu brutal gegen die Demonstranten vorgegangen.
Der zweite Kritikpunkt betrifft eine komplizierte Sache, und zwar die Cum-Ex-Geschäfte einer Bank. Das zu erklären ist hier zu schwierig. Letzten Endes geht es um illegale Finanzgeschäfte einer Bank. Das Hamburger Finanzamt hätte Steuern von dieser Bank zurückbekommen können – hat dieses Geld aber nie bekommen. Welche Rolle Scholz in dieser Sache genau gespielt hat, kann ich nicht beurteilen.
Was bedeutet der neue Kanzler nun für Deutschland? Ich bin gespannt. Mir gefällt die neue Regierung. Es sind viele junge Ministerinnen und Minister – und die Hälfte von ihnen sind Frauen. Das wirkt also alles sehr gut auf mich. Ob sie nun alle ihre Arbeit gut machen oder nicht, das ist die Frage. Ich freue mich jedenfalls, dass ein ruhiger, sachlicher Mann das Ruder übernimmt. Vom Temperament her ist er also keine große Veränderung zu Angela Merkel. Seine Amtszeit wird schwer werden, denn die Pandemie ist noch nicht vorbei und Deutschland geht es nicht gut. Ich wünsche ihm und seiner Regierung jedenfalls gutes Gelingen. Und ich hoffe, dass die Opposition, also die Parteien die nicht in der Regierung sind, sachlich bleibt und mithilft. Wir werden sehen.
Angela Merkel war 16 Jahre lang die Kanzlerin von Deutschland. Jetzt wurde sie verabschiedet. Wie immer, wenn ein Kanzler oder eine Kanzlerin verabschiedet wird, wird das mit einer besonderen Zeremonie getan. Diese Zeremonie heißt „Der große Zapfenstreich“. Darüber möchte ich dir heute etwas erzählen.
Fangen wir mal mit dem Wort Zapfenstreich an. Was bedeutet das? Dieses Wort ist sehr alt. Damit wurden sozusagen die Soldaten oder Söldner abends ins Bett geschickt. Nach dem Zapfenstreich sollten sie in ihrem Quartier bleiben, also nicht mehr draußen sein. Auch heute noch wird das Wort beim Militär verwendet. Wenn ein junger Mann oder eine junge Frau bei der Bundeswehr die Grundausbildung macht, dann ist der Zapfenstreich um 23 Uhr. Als Hintergrund kann man sagen, dass die Soldaten eben schlafen gehen sollten, anstatt zum Beispiel Alkohol zu trinken. Sie sollten ja am nächsten Tag wieder fit für den Kampf sein.
Der erste „Große Zapfenstreich“ als Ehre bei einem besonderen Anlass fand 1838 statt. Damals war der russische Zar Nikolaus I. zu Besuch und das Militär ehrte ihn mit der Zeremonie. Dieser „Große Zapfenstreich“ ist bis heute eine Militärzeremonie am Abend, also im Dunkeln, bei der es sowohl Musik als auch Fackeln und Soldaten in Formation zu sehen und zu hören gibt. Es ist heute die höchste Auszeichnung, die das Militär einer nicht militärischen Person geben kann. Drei Politikerposten bekommen einen großen Zapfenstreich bei ihrer Verabschiedung: Die Bundeskanzlerin, der Bundespräsident und die Verteidigungsministerin. Aber natürlich bekommen auch wichtige Militärs wie Generäle eine derartige Verabschiedung. Die Zeremonie dauert ungefähr 20 Minuten und hat einen ganz genau festgelegten Ablauf.
Am 2. Dezember 2021 wurde Angela Merkel in Berlin mit dem „Großen Zapfenstreich“ aus dem Amt verabschiedet. Die Zeremonie wurde natürlich im Fernsehen übertragen. Zunächst hielt Angela Merkel eine kleine Rede, in der es um ihre Zeit als Kanzlerin ging, aber natürlich auch um die aktuelle Situation in der Pandemie. Sie hätte ihre Arbeit immer mit „Fröhlichkeit im Herzen“ erledigt, sagte sie.
Danach kam der Aufmarsch. Das bedeutet, dass die Soldaten zur Musik des „Yorckschen Marsches“ von Ludwig van Beethoven auf den Platz kamen. Die Musik kam natürlich nicht vom Band, sondern wurde vom Musikkorps der Bundeswehr und einem Spielmannszug live gespielt. Danach kamen drei Stücke, die sich Angela Merkel ausgesucht hatte: „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen, einer frühen deutschen Punk-Ikone. Dann „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, das Hildegard Knef gesungen hatte. Und am Schluss ein Kirchenlied.
Es ist immer interessant, welche Lieder sich die scheidenden Kanzler aussuchen. Merkels Vorgänger Gerhard Schröder beispielsweise ließ die Blaskapelle „My Way“ von Frank Sinatra spielen und „Summertime“ von George Gershwin. Bei Helmut Kohl war es 1998 die Europahymne.
Wegen der Pandemie waren weniger Gäste eingeladen als sonst. Die Gäste waren natürlich vor allem hochrangige Politiker und Politikerinnen. Sie saßen mit Abstand auf einer Tribüne und mit 2G+ – waren also alle genesen oder geimpft und zusätzlich getestet. Soweit ich sehen konnte trugen zudem alle eine Maske. Es war sehr kalt und windig, aber der Zapfenstreich dauert ja nicht lange.
Nach den drei Liedern, die Angela Merkel sich ausgesucht hatte, folgten weitere festgelegte Stücke – und dann natürlich die deutsche Nationalhymne. Danach fuhr Angela Merkel mit ihrem Mann in einer schwarzen Limousine davon und winkte ein letztes Mal. Sie ist 67 Jahre alt und geht jetzt nach turbulenten 16 Jahren im Amt in den wohlverdienten Ruhestand.
Ein Wort noch zum Schluss: Am großen Zapfenstreich wird oft Kritik geübt. Militärparaden, wie andere Länder sie kennen, sind in Deutschland unüblich. Also wird auch diese Militärzeremonie vor allem von Pazifisten kritisiert. Viele fühlen sich durch den Fackelmarsch in Berlin an die Nazizeit erinnert, die natürlich große Auftritte und Pomp liebte. Verteidigt wird der Zapfenstreich von vielen Menschen die sagen, dass damit ja das Militär eine zivile Person ehrt. Du kannst dir gerne deine eigene Meinung zu diesem Ritual bilden. Schau es Dir doch an! Ich verlinke den Zapfenstreich von Angela Merkel auf slowgerman.com.
In Deutschland gibt es momentan nur drei Themen: Die Corona-Pandemie, die Klimakrise und die Bundestagswahl. Am 26. September wird in Deutschland gewählt, und diese Wahl ist etwas Besonderes. Denn danach haben wir einen neuen Kanzler – oder eine neue Kanzlerin. Überall hängen Wahlplakate, im Fernsehen laufen zahllose Politik-Sendungen, und sogar Kinder diskutieren über das Thema, wie ich letztens gehört habe.
Jeder deutsche Staatsbürger und jede deutsche Staatsbürgerin darf ab dem Alter von 18 Jahren wählen. Über das Wahlalter wird übrigens diskutiert – manche Parteien möchten auch jüngeren Menschen erlauben, an Wahlen teilzunehmen. Bis jetzt liegt die Grenze aber bei 18 Jahren.
Zum ersten Mal dürfen bei dieser Bundestagswahl auch behinderte, schuldunfähige und psychisch kranke Menschen teilnehmen – das hat das Bundesverfassungsgericht 2019 beschlossen. Das sind immerhin 85.000 Deutsche.
Blicken wir mal zurück zur letzten Bundestagswahl. Die fand 2017 statt. Damals wählten 76,2 Prozent aller Menschen, die wahlberechtigt waren. Man kann auch sagen: Die Wahlbeteiligung lag bei 76,2 Prozent. Gewonnen hat damals die Union, das sind die beiden Parteien CDU und CSU, mit 32,9 Prozent. Danach kam die SPD mit 20,5 Prozent, die AfD mit 12,6 Prozent, die FDP mit 10,7 Prozent und die Linke mit 9,2 Prozent. Die Grünen waren damals bei 8,9 Prozent. Das bedeutete, dass die AfD zum ersten Mal in den Bundestag kam. Dafür muss eine Partei nämlich über die sogenannte 5-Prozent-Hürde kommen. Mehr zum politischen System gibt es übrigens in Folge 31 von Slow German.
Ihr habt es schon ausgerechnet: Eine absolute Mehrheit hatte die Union damals nicht. Also musste sie sich sozusagen einen Partner suchen. Man nennt das „Sondierungsgespräche“. Da sprechen die Politiker und Politikerinnen verschiedener Parteien miteinander um zu sehen, ob eine Kooperation möglich ist. Vier Wochen dauerte das. Letzten Endes wurde es eine sogenannte Große Koalition, also eine Regierung aus SPD und Union. Soviel zum Rückblick. Kanzlerin blieb Angela Merkel, die diesen Job seit 2005 macht.
Bei der diesjährigen Bundestagswahl sieht die Sache etwas anders aus. Angela Merkel hat gesagt, dass sie nicht mehr Kanzlerin sein möchte. Also streiten sich gerade drei Menschen in Deutschland darum, wer der beste Kanzler oder die beste Kanzlerin wäre. Man nennt sie Kanzlerkandidat und Kanzlerkandidatin. Für die SPD tritt Olaf Scholz an, er war Bürgermeister von Hamburg und ist jetzt Finanzminister. Für die Union geht Armin Laschet ins Rennen, der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Und für die Grünen tritt Annalena Baerbock an, sie wäre mit 40 Jahren die jüngste Kanzlerin, die Deutschland je hatte – und die einzige mit Kindern. Diese drei liefern sich nun also Fernseh-Debatten, sie geben unzählige Interviews und machen Wahlkampf. Es gab kleine und größere Skandale – und wir sind gespannt, wer gewinnt. In der aktuellen Umfrage zwei Wochen vor der Wahl führt die SPD, gefolgt von der Union und den Grünen.
Es gibt aber natürlich weitaus mehr Parteien als die genannten. Insgesamt machen 47 Parteien bei der Bundestagswahl mit, es ist also ein sehr langer Zettel, auf dem wir unsere beiden Kreuzchen machen dürfen. Ich kann das bestätigen, denn ich habe schon per Briefwahl gewählt. Normalerweise gehe ich in das nächste Wahllokal, um dort zu wählen. Bei uns hier ist das in der Grundschule, ich habe aber auch schon im Gebäude einer Feuerwehr-Station gewählt. Dieses Mal muss ich am Wahlsonntag arbeiten, also habe ich per Briefwahl gewählt.
Ich konnte zwei Stimmen abgeben: Die Erststimme und die Zweitstimme. Bei der Erststimme standen die Kandidaten und Kandidatinnen, die hier bei mir in der Region für ihre Parteien antreten. Es gibt in Deutschland 299 Wahlkreise, in jedem leben ungefähr 250.000 Menschen. Und mit meiner Erststimme habe ich also einen Menschen aus meinem Wahlkreis gewählt. Wer die meisten Stimmen in einem Wahlkreis bekommt, darf mit einem sogenannten Direktmandat nach Berlin in den Bundestag. Es gibt dann also 299 Bundestags-Abgeordnete, für jeden Wahlkreis ist das ein Politiker oder eine Politikerin.
Wichtiger ist aber die Zweitstimme: da geht es um die Partei. Welche Partei bekommt die meisten Zweitstimmen und bekommt damit mehr Platz im Bundestag? Wer 20 Prozent der Zweitstimmen hat bekommt auch mindestens 20 Prozent der Sitze im Bundestag. Mal vereinfacht gesagt. Dann gibt es noch einige Besonderheiten im deutschen Wahlrecht, die lasse ich hier aber mal weg. Bis zu 1000 Abgeordnete könnte unser neuer Bundestag haben – so viele wie noch nie. Und das wird übrigens auch ganz schön teuer…
So, jetzt weißt Du also, wie sich der deutsche Bundestag zusammensetzt. Aus jeder Region sind Menschen dort, und die Parteien sind unterschiedlich stark vertreten, je nachdem wie wir sie wählen. Dann müssen sie sich noch zu Koalitionen zusammenschließen, um eine Mehrheit zu haben. Nur so können sie Entscheidungen treffen. Und wie kommen wir nun zu einer neuen Kanzlerin oder einem neuen Kanzler? Der Bundespräsident schlägt jemanden vor, der gute Chancen für das Amt hat – dieses Jahr also Laschet, Baerbock oder Scholz. Dann wird im Bundestag geheim gewählt: Mit absoluter Mehrheit können sich die Abgeordneten für den vorgeschlagenen Kandidaten oder die Kandidatin entscheiden. Danach muss der Bundespräsident ihn oder sie noch ernennen, das ganze also offiziell machen. Wir müssen also noch etwas Geduld haben, bis wir wissen, wer Deutschland in Zukunft regiert. Bis dahin macht Angela Merkel einfach weiter.
Übrigens gibt es zu jeder Wahl in Deutschland den Wahl-O-Mat. Das ist eine Internetseite und eine App, bei der man Fragen beantworten kann – und am Ende erfährt man, welche Partei am besten zu den eigenen Antworten passt. Mach doch einfach mal mit!
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