SG #194: Das deutsche Schulsystem (aktualisiert)

SG #194: Das deutsche Schulsystem (aktualisiert)

Das Schulsystem war bereits Thema in Slow German #025 vom 29. April 2008. Dies hier ist eine aktualisierte Folge.

In Deutschland gibt es eine Schulpflicht. Jedes Kind muss also eine Schule besuchen. Das so genannte Homeschooling, also den Unterricht zu Hause, gibt es nicht. Alle Jungen und Mädchen gehen in die Schule.
Mit sechs Jahren kommt ein Kind hier in die Schule. Das nennt man Einschulung. Manche Kinder kommen auch schon mit fünf Jahren in die Schule – oder erst mit sieben Jahren. Darüber entscheidet entweder das Gesetz, oder die Eltern gemeinsam mit den Lehrern. Im Schuljahr 2016/2017 wurden 721.000 Kinder in Deutschland eingeschult. Insgesamt gingen in diesem Jahr 8,4 Millionen Kinder in die Schule. 9 Prozent der Kinder gehen in eine private Schule, der Rest in staatliche Schulen. Diese staatlichen Schulen kosten nichts. Sie werden durch Steuern finanziert.
Mindestens neun Jahre lang müssen alle Kinder in Deutschland in die Schule gehen. Wenn ein Kind nicht in der Schule erscheint, kann es passieren, dass die Polizei zu Hause auftaucht und das Kind abholt.
Die Schule ist nicht in jedem Bundesland gleich. Jedes Bundesland darf selber entscheiden, wie es die Kinder unterrichtet. Hier in Bayern zum Beispiel gibt es viel Religionsunterricht in der Grundschule. In der dritten und vierten Klasse sind es drei Stunden pro Woche. Die Lehrpläne sind unterschiedlich. Ein Lehrplan ist ein aufgeschriebenes Dokument, an das sich alle Lehrer halten müssen. Hier steht geschrieben, was die Kinder in den verschiedenen Schuljahren lernen müssen. Schwierig ist es also für Kinder, deren Eltern umziehen. Denn überall ist die Schule anders.

Und so funktioniert das Schulsystem: Die Kinder gehen zunächst in die Grundschule. Das Schuljahr beginnt nach den großen Ferien im Sommer, also je nach Bundesland im Juli bis September. In den meisten Bundesländern dauert die Grundschule vier Jahre lang – in manchen auch sechs Jahre lang.

Danach müssen die Eltern entscheiden, wie es für das Kind weitergeht. Sind die Noten sehr gut? Oder eher nicht? Die Noten werden in Deutschland von 1 bis 6 vergeben. Eine eins ist die beste Note, eine sechs die schlechteste. In der vierten Klasse der Grundschule geht es also um den so genannten Übertritt in eine weiterführende Schule. Es gibt die Hauptschule, Realschule, das Gymnasium und die Gesamtschulen.

Aber das ist nicht alles, denn auch die Art der Schulen ist wieder in jedem Bundesland anders. In Bayern gibt es zum Beispiel die Mittelschule, in Bremen die Oberschule, in Thüringen die Regelschule. Kompliziert, oder?

Merkt Euch folgendes: Nach der Grundschule entscheiden die Noten des Kindes, wie es weitergeht. Es kann dann entweder einen Weg wählen, der in Richtung eines handwerklichen Berufes führt, oder in Richtung eines akademischen Berufes.

Der schnellste Abschluss ist nach neun Jahren möglich. Danach kann der Teenager eine Berufsausbildung anfangen. Die höchste Form der weiterführenden Schulen ist das Gymnasium, das bis zur 12. oder 13. Klasse dauert und die Schüler und Schülerinnen auf ein Studium an der Universität vorbereiten soll. 44 Prozent der Kinder wollen auf das Gymnasium.

Im Gymnasium lernen die Kinder Fremdsprachen, Chemie, Physik und ähnlich komplizierte Fächer. Der Schüler oder die Schülerin spezialisiert sich immer mehr auf die eigenen Interessen. Die letzten zwei Jahre auf dem Gymnasium bezeichnet man als Kollegstufe. Hier hat man so genannte Leistungskurse und Grundkurse. Ich hatte zum Beispiel als Leistungskurse Deutsch und Englisch, jeweils 6 Stunden pro Woche. Fächer, die man überhaupt nicht mag, kann man abwählen. Das heißt, man muss sie nicht mehr machen. Das geht aber natürlich nur begrenzt. Ich hatte Glück und konnte Chemie abwählen.

Wer das Gymnasium mit dem so genannten Abitur abschließt, darf an einer Universität studieren. Das Abitur machen die deutschen Jugendlichen mit 18 oder 19 Jahren. Danach können sie studieren. Das Abitur ist übrigens auch in jedem Bundesland unterschiedlich.
Über das Schulsystem wird in Deutschland viel diskutiert. Kritisiert wird oft, dass die Kinder schon im Alter von zehn Jahren gezwungen werden, sich für einen Schulweg zu entscheiden. Das sei viel zu früh, sagen Experten. Kritisiert wurde auch oft, dass das Gymnasium bis zur 13. Klasse dauert. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist das zu lang. Daher wurde die Zeit um ein Jahr verkürzt – aber auch das brachte keinen Erfolg. Also wurde sie wieder verlängert. Es ist ein ständiges hin und her.

Die Kinder gehen übrigens in Deutschland meist nur am Vormittag in die Schule. Sie beginnt gegen acht Uhr morgens und endet um eins. Im Gymnasium kommt manchmal Nachmittagsunterricht dazu, also zwei Stunden Sport oder im höchsten Fall vier Stunden Unterricht. Selten gibt es in Deutschland Ganztagsschulen wie in anderen Ländern – aber das wird immer häufiger von den berufstätigen Eltern gefordert.
Es gibt nach der Schule verschiedene Möglichkeiten der Betreuung. Zum Beispiel eine Mittagsbetreuung, einen Hort oder ein Tagesheim. Dort bekommen die Kinder Essen und sie können ihre Hausaufgaben machen.

Die Sommerferien dauern sechs Wochen lang. Dazu gibt es je nach Bundesland noch weitere Ferien. Hier in Bayern zum Beispiel eine Woche Herbstferien, zwei Wochen Weihnachtsferien, zwei Wochen Osterferien und zwei Wochen Pfingstferien. Ganz schön viel, oder?

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg194kurz.pdf

Hier gibt es eine Aufstellung darüber, wie das Schulsystem in den einzelnen Bundesländern geregelt ist: https://www.bildungsxperten.net/wissen/das-schulsystem-in-deutschland-funktionen-und-aufgaben/.

SG #193: Gastarbeiter in Deutschland

SG #193: Gastarbeiter in Deutschland

Heute erzähle ich Dir etwas über Gastarbeiter. Das sind die Menschen gewesen, die ab 1955 freiwillig aus anderen Ländern nach Deutschland kamen, um hier zu arbeiten. Es war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. In Deutschland herrschte ein Arbeitskräftemangel. Viele Männer waren im Krieg gefallen oder verwundet nach Hause zurückgekehrt. Dazu kam die Zeit des Wirtschaftswunders, der jungen Bundesrepublik ging es immer besser, es wurde viel produziert.

Vor allem in der Industrie wurden Gastarbeiter gebraucht. Also hatte die deutsche Politik mit Italien ein Abkommen unterzeichnet. Sie einigten sich darauf, dass Italiener nach Deutschland kommen sollten, um hier zu arbeiten. Solche so genannten Anwerbeabkommen schloss Deutschland noch mit anderen Ländern ab. 1960 mit Spanien und Griechenland, 1961 mit der Türkei, 1963 mit Marokko und Südkorea, 1964 mit Portugal, 1965 mit Tunesien und 1968 mit dem damaligen Jugoslawien. Vor allem nach dem Bau der Mauer, als aus dem Osten des Landes keine Arbeitskräfte mehr kamen, waren Gastarbeiter wichtig für Deutschland.

Die Gastarbeiter hatten zu Beginn der 60er-Jahre ein schweres Leben. Sie waren meist ungelernte Arbeiter. Sie mussten schwere und schmutzige Arbeit in der Industrie machen. Oft arbeiteten sie für wenig Geld im Schichtsystem, also zu verschiedenen Tageszeiten. Sie standen zum Beispiel am Fließband in einer Fabrik. Dafür bekamen sie weniger Geld als deutsche Arbeiter – für die Unternehmen war es also ein Gewinn, ausländische Arbeiter anzustellen. Untergebracht waren die Gastarbeiter oft in einfachen Holzbaracken.

1964 kam der millionste Gastarbeiter nach Deutschland. Als Geschenk bekam er damals ein Moped. Sein Name war Armando Rodrigues de Sá aus Portugal. Er wurde feierlich vom Bundesinnenminister begrüßt.

Wie der Begriff Gastarbeiter schon sagt, wollten die Menschen aus den Nachbarländern damals eigentlich nur für ein paar Jahre in Deutschland bleiben. Sie wollten hier arbeiten, gutes Geld verdienen und dann wieder nach Hause zurückkehren. Viele von ihnen hatten Heimweh. Sie hatten Sprachprobleme, fühlten sich fremd und waren oft fern von ihren Familien. Einen großen Teil ihres Einkommens schickten sie nach Hause oder sie sparten.

1973 gab es eine Wirtschaftskrise in Deutschland und daraus folgte ein Anwerbestopp. 14 Millionen Gastarbeiter kamen zwischen 1955 und 1974 nach Deutschland. Elf Millionen gingen wieder zurück in ihre Heimatländer.

Viele der Gastarbeiter in Deutschland entschlossen sich zu bleiben. Ihre Arbeitskraft wurde gebraucht, sie holten ihre Familien ins Land. Die ersten Kinder der Gastarbeiter wurden in Deutschland geboren, eine neue Generation wuchs heran. Diese Kinder hatten keine Sprachprobleme, sie fühlten sich hier schnell zu Hause. Und für die Eltern war das ein weiterer Grund zu bleiben. Viele wurden deutsche Staatsbürger.

Noch heute ist deutlich zu merken, woher die meisten Gastarbeiter kamen. Die größte Gruppe unter den Ausländern in Deutschland machen die Türken aus. 1,6 Millionen Türken leben heute in Deutschland. Manche von ihnen schon in der dritten Generation. Viele sind gut integriert, aber nicht alle. Jeder fünfte Türke spricht die deutsche Sprache nur mangelhaft, was dann wieder Probleme mit sich bringt wenn es um Schule oder Beruf geht.

Hier im Video siehst Du Mustafa Akci, einen Gastarbeiter, der aus der Türkei nach Deutschland kam und blieb:

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg193kurz.pdf

SG #192: Online-Shopping

SG #192: Online-Shopping

Vor elf Jahren habe ich eine Slow German-Episode über das Einkaufen aufgenommen. Heute erzähle ich Dir etwas über das Online-Shopping in Deutschland. Denn es wird immer wichtiger für die Deutschen, sich etwas im Internet zu bestellen. Entschuldige bitte, dass ich diesen Anglizismus verwende, aber er hat sich in der deutschen Sprache längst für das Einkaufen im Internet eingebürgert.

Ungefähr 50 Millionen Menschen in Deutschland sind Online-Käufer. Besonders oft kaufen sie Schuhe und Kleidung. Was nicht passt, wird einfach wieder zurückgeschickt. Aber auch Möbel, Spielzeug und andere Dinge werden gerne per Online-Shopping bestellt. Wer bald in den Urlaub fährt, der bucht gerne sein Hotel oder den Flug im Internet, nachdem er die Preise verglichen und den günstigsten Anbieter gefunden hat. Und auch für Eintrittskarten wird online viel Geld ausgegeben.

Vor allem wenn der Winter kommt und das Weihnachtsfest vor der Tür steht, sind die Lieferungen praktisch. Am Abend auf der Couch bestelle ich kurz die Geschenke, ein paar Tage später stehen sie bei mir vor der Tür. Das ist das Online-Shopping-Wunder. Allerdings genießen es auch viele Menschen, einen entspannten Einkaufsbummel in der Fußgängerzone zu machen. Dort kann man sich besser als im Internet inspirieren lassen, wenn man eigentlich noch keine Idee für ein Geschenk hat. Und gemeinsam einen Shopping-Bummel zu machen macht auch mehr Spaß als alleine am Computer zu sitzen, oder?

Mir selber ist aufgefallen, dass es immer schwieriger wird, etwas zu verschenken. Früher habe ich oft Musik verschenkt, also CDs. Oder auch DVDs von guten Filmen. Heute haben meine Freunde aber ein Spotify- oder Netflix-Abo, da fallen diese Art von Geschenken komplett weg.

Auch wenn viele Läden anbieten, Lebensmittel nach Hause zu liefern, gehen die Deutschen aber nach wie vor lieber selber in den Supermarkt, um ihr Essen einzukaufen. Ich selber lasse mir einmal pro Woche viele Lebensmittel über die sogenannte Ökokiste liefern. Das ist ein Lieferdienst für regionale und ökologisch angebaute Produkte. Sie werden mir in großen Plastikkisten ohne Verpackung geliefert und in der nächsten Woche werden die leeren Kisten wieder mitgenommen. Für Milchprodukte gibt es eine extra Kühlkiste mit Styropor, damit alles frisch bleibt. Ich finde das sehr praktisch. Den Rest der Lebensmittel kaufe ich im Supermarkt.

Das Online-Shopping ist sehr bequem, aber viele Menschen haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie online einkaufen. Denn da sind zum Beispiel die Fahrer und Fahrerinnen, die das Paket zu mir bringen müssen und dafür sehr schlecht bezahlt werden. Dann schade ich durch den Einkauf den kleinen Läden in meiner Nähe, die dadurch Verluste haben. Ich verursache Verpackungsmüll. Und vor allem sind riesige Online-Shops wie Amazon fast schon übermächtig, weil man bei ihnen alles auf einen Klick bekommt. Die Registrierung wird immer einfacher, das Bestellen immer schneller. Aber die Mitarbeiter werden oft nicht gut behandelt. Deswegen versuche ich, bei kleinen Online-Shops zu kaufen. Auch wenn das länger dauert und oft teurer ist. Und ich lasse mir keine Ware aus China oder anderen entfernten Ländern schicken. Sonst haben wir wieder ein Problem mit dem Umweltschutz…

Unschlagbar ist der Verkauf im Internet, weil es dort einfach alles gibt. Mir ist es schon oft passiert, dass ich im Laden etwas bestimmtes kaufen wollte und es dort einfach nicht gefunden habe. Ein paar Klicks im Internet und ich hatte es bestellt. Genauso mit Hosengrößen, bestimmten Sammlerobjekten oder größeren Mengen von Dingen. Ich lese auch gerne Bewertungen von Produkten, auch wenn ich weiß, dass diese manchmal nicht echt sind. Was es im Internet aber eben nicht gibt, das sind echte Menschen, mit denen ich sprechen kann. Wenn ich zum Beispiel ein Buch kaufen möchte, dann finde ich es toll, wenn mich eine Buchhändlerin oder ein Buchhändler mit einem Buch überrascht, auf das ich selber nie gekommen wäre, weil der Algorithmus im Internet nie gedacht hätte, dass es zu mir passt.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg192kurz.pdf

Bus und Bahn / Verkehr – Kleiner Alien Dialog #1

Bus und Bahn / Verkehr – Kleiner Alien Dialog #1

Ein kleiner Außerirdischer kommt auf die Erde. Er möchte mehr über Deutschland lernen. Also stellt er Fragen zu den Themen Bus und Bahn.

Hallo!

Hallo? Wer bist du denn?

Ich bin Zacki. Ich komme vom Planeten 511.

Ein Außerirdischer?

Ja. Genau.

Ah. Und was suchst Du hier in Deutschland?

Ich möchte Deutschland verstehen.

Das möchten viele Menschen auch. Kann ich Dir helfen?

Ja. Kannst Du mir alles zeigen?

Gerne. Wo fangen wir an?

Gleich hier. Wo sind wir hier?

Wir stehen auf dem Gehweg. Das ist dieser Streifen neben der Fahrbahn für Autos. Hier dürfen die Fußgänger sich aufhalten. Hier passiert uns nichts.

Gehweg?

Ja. Man nennt das auch Bürgersteig.

Komisches Wort.

Stimmt.

Und das da?

Das ist ein Auto. Hier fahren viele Autos. Das größere, lange Auto da hinten nennen wir Bus. Da passen mehr Menschen rein. Die Busse fahren jeden Tag die gleiche Strecke, immer zur gleichen Zeit. Wenn sie keine Verspätung haben.

Und das mit den Rillen am Boden?

Das ist eine Straßenbahn. Sie holt sich oben an den Leitungen ihren Strom. Und sie fährt auf Schienen. Das sind die Rillen im Boden. Und unter der Erde fahren noch die U-Bahnen. Es gibt auch Züge, die dann aber schneller und weiter fahren. Sie fahren zur nächsten Stadt. Züge verbinden alle Städte in Deutschland miteinander.

Praktisch. Darf ich da einfach einsteigen?

Schon, aber Du musst dafür bezahlen. Du musst eine Fahrkarte kaufen. Entweder vor Deiner Fahrt im Internet oder am Schalter im Bahnhof oder auch an Automaten am Bahnsteig. Meistens sind die Tickets billiger, wenn Du sie vorher kaufst.

Ah. Und wieso bewegt Ihr Menschen Euch so viel? Wieso bleibt Ihr nicht einfach, wo Ihr hingehört?

Das hat viele Gründe. Wir fahren zum Beispiel in die Arbeit. Oder zum Einkaufen. Oder wir treffen Freunde. Die Kinder fahren in die Schule, um etwas zu lernen. Manchmal gehen wir auch einfach nur spazieren.

Spazieren? Wozu das denn?

Na, um uns zu bewegen. Wir gehen dann langsam. Am Liebsten mit Freunden oder der Familie. Und natürlich lieber dort, wo es schöne Natur gibt. An einem See zum Beispiel. Wir gehen spazieren, atmen die frische Luft und unterhalten uns.

Und was ist das Ziel?

Das Ziel ist am Sonntag meistens Kaffee und Kuchen. Wir setzen uns gemütlich zusammen, essen ein Stück süßen Kuchen und trinken Kaffee oder Tee dazu.

Ihr seid komisch.

Ich weiß.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg191akurz.pdf

SG #191: Umweltschutz und Klimawandel

SG #191: Umweltschutz und Klimawandel

Eines der größten Themen unserer Zeit ist der Umweltschutz. Ich möchte Dir heute erzählen, welche Rolle das Thema in Deutschland spielt.

In den 80er-Jahren haben die Deutschen begonnen, ihren Müll zu trennen. Heute tut das fast jeder, der hier lebt. Umweltschutz durch Recycling ist normal geworden. Papier wird einzeln gesammelt, hier in München habe ich vor meinem Haus eine blaue Mülltonne nur für Papier. In anderen Gemeinden stehen dafür Container bereit. Auch Glas wird in Containern gesammelt. Und Metall. Und natürlich Kunststoffe. Außerdem habe ich auch eine eigene Mülltonne für Biomüll, also für Obstschalen und ähnliches. Es gibt eine ganze Episode Slow German zum Thema Recycling.

Dennoch landet vieles von diesem Müll in der Müllverbrennungsanlage, denn nicht alle Stoffe können gut recycelt werden. In diesen speziellen Kraftwerken wird aus Müll Energie gemacht. Bei der Verbrennung entsteht Wärme, die in Strom umgewandelt werden kann. Mit der Wärme, die so entsteht, können auch die Häuser der Menschen geheizt werden.

Da sind wir schon bei einem wichtigen Thema: Energie. Deutschland hat sich ein Ziel gesetzt für die sogenannte Energiewende. Bis zum Jahr 2050 soll der Strom zu 80 Prozent aus erneuerbarer Energie bestehen. Erneuerbare Energien sind zum Beispiel Sonne und Wind. Die Stromversorgung in Deutschland soll also „grüner“ werden. Im Jahr 2000 lag der Anteil der erneuerbaren Energien noch bei 6 Prozent, 2018 ist er bei 38 Prozent gelandet. Zum einen soll also die Energie aus Quellen kommen, die sich immer wieder aufladen. Man nennt das Nachhaltigkeit. Zum anderen sollen wir aber auch einfach weniger Energie verbrauchen.

Du erinnerst dich sicherlich an die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima 2011. Nach diesem Unglück waren die Menschen auch in Deutschland schockiert. Die Mehrheit wollte keine riskanten Kernkraftwerke mehr in der Nähe haben, denn so ein Unglück könnte auch hier passieren. Also wurde von der Politik festgelegt, dass Deutschland bis 2022 komplett aus der Atomkraft aussteigt.

Und schon sind wir bei einer Energieform, die in Deutschland heftig diskutiert wird: Die Kohlekraft. Vor allem im Westen Deutschlands spielt sie eine große Rolle. Viele Menschen arbeiten in dieser Industrie und haben Angst davor, ihre Jobs zu verlieren. Fast die Hälfte der Energie in Deutschland kommt nach wie vor aus Kohlekraftwerken. In diesen Kraftwerken wird Kohle verbrannt, um Strom zu erzeugen. Eine Katastrophe für den Umweltschutz. Deutschland hat den Kohleausstieg bis 2038 beschlossen.

Kommen wir zu den sogenannten erneuerbaren Energien. An Neujahr 2018 morgens gegen 6 Uhr wurde ein Rekord aufgestellt. Zum ersten Mal wurde der deutsche Stromverbrauch komplett durch erneuerbare Energien gedeckt. Zumindest rechnerisch. 85% konnte der Wind schaffen, der Rest Wasserkraft und Biomasse. In der Realität sieht es noch anders aus. Aber wir sind immerhin auf einem guten Weg. 2018 waren es 16,7 Prozent der Energie. Viele von uns versuchen, Strom zu sparen. Wir haben in unseren Wohnungen alte Glühbirnen durch LED-Lampen ersetzt. Wir versuchen beim Kauf neuer Geräte besonders stromsparende Modelle zu wählen. Auch bei der Wärmeerzeugung wird umgedacht. Neu gebaute Häuser haben immer öfter sogenannte Wärmepumpen, damit sie nicht mit Heizöl geheizt werden müssen. Unser Haus hat so eine Pumpe, und beim Nachbarn ist eine Anlage auf dem Dach, die das Wasser durch Sonnenstrahlung erwärmt – so haben wir im Sommer immer warmes Wasser und müssen dies nicht mit Strom erhitzen. Der Staat hat viele Anlagen gefördert, also sie für den Bürger billiger gemacht. So wird der Umweltschutz attraktiver.

Natürlich wird auch in Deutschland mit Sorge auf den weltweiten Klimawandel geschaut. Wir sind ein kleines Land, aber wir versuchen unseren Teil dazu beizutragen, dass es nicht noch schlimmer wird. Ich wundere mich immer ein wenig darüber: Zum einen ist die politische Partei „Die Grünen“ in Deutschland so erfolgreich wie noch nie. Zum anderen kaufen die Deutschen aber mehr SUVs als kleine Autos und sie fliegen mehr als zuvor. Es wird Zeit zu verstehen, dass alle Menschen etwas tun müssen, damit es eine Zukunft für unsere Kinder gibt.

Verstanden haben das zumindest die Kinder selbst. Auch hier in Deutschland ist die „Fridays For Future“-Bewegung groß. Jeden Freitag streiken Kinder und Jugendliche, sie organisieren Demonstrationen und bleiben der Schule fern, ganz nach dem Vorbild von Greta Thunberg.

Ich kann noch kurz erzählen, was meine Familie macht, um die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Wir kaufen möglichst viele Produkte hier aus der Region, und wenn es geht sind diese unverpackt. Avocado und Mango lieben wir zwar, sie kommen aber nicht mehr oft in den Einkaufswagen. Wir essen nur noch zwei Mal pro Woche Fleisch, und zwar meistens Bio-Huhn. Wir versuchen Plastik zu vermeiden, benutzen Einkaufstaschen über viele Jahre hinweg und trennen unseren Müll. Wir beziehen Ökostrom. Wenn es geht, fahren wir mit dem Zug statt mit dem Auto. Oder mit dem Fahrrad. Oder wir gehen zu Fuß. Im Garten lassen wir das Gras länger stehen als früher, wir haben ein Insektenhotel aufgehängt und blühende Blumen gepflanzt. Die Spatzen werden das ganze Jahr über gefüttert, auch das ein Beitrag zum Umweltschutz, denn die Spatzen werden hier immer seltener. Ich spende an verschiedene Organisationen, die sich um Bäume, Tiere und Menschen kümmern. Wir sparen Strom, wo es nur geht. Klingt doch gut, oder? Nein. Denn wir haben zwei Autos. Wir fliegen in den Urlaub, weil wir es lieben zu reisen. Vielleicht schaffen wir es nächstes Jahr, nicht ins Flugzeug zu steigen. Ich habe es mir fest vorgenommen.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg191kurz.pdf