Willkommen bei einer neuen Episode von „Slow German“. Heute geht es um eine berühmte Figur der deutschen Geschichte: Klaus Störtebeker. Wahrscheinlich habt ihr schon mal von ihm gehört – er war ein berühmter Pirat, der vor über 600 Jahren lebte. Doch wer war dieser Mann? War er wirklich so gefährlich, wie man erzählt? Oder war er ein Held, der den Armen half? Heute klären wir, was es mit Klaus Störtebeker auf sich hat. Wenn du diesen Podcast unterstützen möchtest, komm gerne zu Patreon! Da gibt es auch zu jeder Episode Lernmaterial und eine schnellere Version. Jetzt zum Thema.
Wer war Klaus Störtebeker?
Klaus Störtebeker wurde ungefähr um das Jahr 1360 geboren. Sein Geburtsort ist nicht ganz sicher, manche sagen, er stamme aus Wismar, andere behaupten, er käme aus der Hansestadt Hamburg. Sein echter Name war vielleicht Nikolaus oder Clas Störtebeker, aber seine genauen Lebensdaten sind unklar. Damals gab es keine modernen Pässe oder Geburtsurkunden, also ist es schwer, genau zu wissen, wer er wirklich war.
Den Namen „Störtebeker“ bekam er aber wahrscheinlich wegen seines Trinkverhaltens. „Störtebeker“ bedeutet nämlich „Stürz den Becher“, also „trink den Becher auf einen Zug“. Es heißt, dass er mit einem großen Krug Bier anstieß und den Becher dann in einem Zug leerte. Das war im Norden Deutschlands durchaus eine Kunst, die nicht jeder beherrschte. Ob das stimmt oder nur eine Legende ist, wissen wir heute leider nicht. Aber der Name passt gut zu einem Piraten!
Störtebeker und die Vitalienbrüder
Klaus Störtebeker lebte in einer Zeit, in der es viele Konflikte zwischen den Ländern und Städten an der Nord- und Ostsee gab. Besonders die Handelsstädte der sogenannten Hanse waren reich und hatten viele Feinde. Die Hanse war ein Bund von Städten, der den Handel kontrollierte. Sie schützte ihre Schiffe und Waren, war aber auch mächtig und streng gegenüber denen, die sich ihr widersetzten.
In dieser Zeit schloss sich Klaus Störtebeker einer Gruppe von Piraten an, die sich die „Vitalienbrüder“ nannten. Die Vitalienbrüder hatten anfangs sogar einen guten Ruf, denn sie kämpften im Namen des Königs von Schweden gegen den dänischen König. Sie versorgten das belagerte Stockholm mit Lebensmitteln – daher auch ihr Name, denn „Vita“ bedeutet Leben. Doch bald wurden die Vitalienbrüder selbst zu Piraten und griffen Schiffe an, um sie auszurauben.
Störtebeker wurde schnell ein Anführer dieser Gruppe. Er und seine Männer griffen Handelsschiffe an und raubten sie aus. Sie versteckten sich auf Inseln und in abgelegenen Buchten, wo sie schwer zu finden waren. Besonders bekannt waren sie in der Nordsee und im Gebiet rund um Helgoland.
War Störtebeker ein Held oder ein Verbrecher?
Über Klaus Störtebeker gibt es viele Geschichten, und die meisten von ihnen sind Legenden. Manche Menschen sehen ihn als eine Art Robin Hood. Es heißt, er habe das gestohlene Geld nicht nur für sich behalten, sondern auch den Armen gegeben. Ob das stimmt, weiß allerdings niemand genau. Viele Historiker sagen, dass er wahrscheinlich nur ein normaler Pirat war, der auf seinen eigenen Vorteil bedacht war.
Ein bekanntes Beispiel für die Geschichten um ihn ist seine angebliche Großzügigkeit. Es heißt, dass Störtebeker, bevor er gefangen wurde, versprochen hat, dass er den Leuten helfen würde, die wenig hatten. Das klingt nach Robin Hood, oder? Doch als Pirat lebte er hauptsächlich von Raubzügen. Historiker sind sich nicht einig, ob er wirklich ein „guter“ Pirat war oder ob dies nur Geschichten sind, die ihn sympathisch machen sollen.
Das Ende von Klaus Störtebeker
Klaus Störtebekers Ende war dramatisch. Die Hanse und andere Mächte wollten die Piraten loswerden, und nach vielen Jahren der Jagd wurde er schließlich gefangen genommen. Im Jahr 1401 verhaftete man ihn in Hamburg. Sein Schicksal war besiegelt: Er und seine Männer wurden zum Tod verurteilt. Die Legende besagt, dass Störtebeker vor seiner Hinrichtung einen ungewöhnlichen Wunsch äußerte.
Er bat, dass man seinen Männern die Freiheit schenkt, wenn er nach seiner Enthauptung noch an seinen Männern vorbeigehen könne. Also ohne Kopf! Der Legende nach habe der Henker zugestimmt und Störtebeker wurde geköpft. Doch nach der Enthauptung soll sein kopfloser Körper tatsächlich noch an mehreren Männern vorbeigegangen sein. Am Ende habe der Henker ihn jedoch gestoppt, und alle Piraten wurden ebenfalls hingerichtet. Natürlich klingt das sehr unwahrscheinlich – aber es ist eine Geschichte, die viele Menschen kennen.
Ich möchte Dir heute die Geschichte eines Mannes erzählen, dessen Namen nicht mehr viele Menschen kennen: Kurt Eisner. Er war ein Revolutionär in Bayern und er ist der Grund dafür, warum wir in Bayern heute keinen König mehr haben.
Kurt Eisner war ein deutscher Politiker und Journalist. Er wurde am 14. Mai 1867 in Berlin geboren. Nach der Schule studierte er Philosophie und Germanistik. Er studierte aber nicht fertig, sondern brach das Studium ab. Stattdessen arbeitete er lieber als Journalist. Er interessierte sich früh für Politik und soziale Gerechtigkeit. Und ungerecht fand er das System der Monarchie. 1897 wurde er zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Der Grund war Majestätsbeleidigung, weil er kritische Artikel in einer Zeitung veröffentlicht hatte.
Als er aus dem Gefängnis kam, trat er der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) bei und kämpfte für die Rechte der Arbeiter. Dann kam der Erste Weltkrieg. Kurt Eisner setzte sich gegen den Krieg ein. Er war ein Pazifist, also jemand, der gegen Krieg und Gewalt ist. Das brachte ihm viele Feinde ein. Er zog nach München, weil er die Menschen dort freier fand und nicht so preußisch geprägt. Im Jahr 1918 wurde er verhaftet und erneut ins Gefängnis gesteckt. Der Grund war diesmal, dass er einen Streik organisiert hatte. Doch seine Zeit im Gefängnis machte ihn nur entschlossener.
In München wurde er schnell zum Anführer der bayerischen Revolution. Die Menschen waren vom Krieg und von der Monarchie enttäuscht. Am 7. November 1918 rief Eisner den „Freistaat Bayern“ aus und beendete damit die Herrschaft des Königs Ludwig III. Bayern war nun ein freier Staat und Eisner wurde zum ersten Ministerpräsidenten gewählt.
Als Politiker wollte Eisner viele Veränderungen in Bayern durchsetzen. Er kämpfte für Demokratie und soziale Gerechtigkeit. Doch seine Zeit als Ministerpräsident war nicht leicht. Viele Menschen waren mit seinen Ideen nicht einverstanden. Besonders die konservativen Kräfte und die alten Eliten wollten ihn loswerden.
Am 21. Februar 1919 wollte Kurt Eisner gerade zu einer Sitzung des Landtags gehen. Doch auf dem Weg dorthin wurde er von einem Mann erschossen. Der Mörder war ein junger Adeliger, der gegen Eisners Politik war. Der Tod von Kurt Eisner führte zu großen Unruhen in München. Viele Menschen waren traurig und wütend über seinen Tod. Er war nur 100 Tage Ministerpräsident gewesen.
Kurt Eisner lebte nur 51 Jahre, aber seine Taten haben die Geschichte Deutschlands und Bayerns stark beeinflusst. Er setzte sich für Demokratie und soziale Gerechtigkeit ein und inspirierte viele Menschen. Heute erinnert man sich in Bayern noch an ihn. In München gibt es eine Straße, die nach ihm benannt ist, und jedes Jahr finden Veranstaltungen zu seinen Ehren statt. An der Stelle in der Kardinal-Faulhaber-Straße, an der er getötet wurde, ist eine Metallplatte in den Gehweg eingelassen, die an Kurt Eisner erinnert.
Als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, musste Eisners Familie nach Frankreich flüchten. Denn Adolf Hitler hatte Eisner sogar in seinem Buch „Mein Kampf“ erwähnt und sah ihn als „Rotes Tuch“, also als jemand, der ihn wütend machte. Hier muss ich noch erwähnen, dass Eisners Eltern Juden waren. 1940 nahm sich Eisners Frau in Frankreich das Leben.
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Ich möchte Dir heute etwas erzählen über einen der bekanntesten Humoristen Deutschlands. Er wäre jetzt 100 Jahre alt, daher ist das doch eine gute Idee, an ihn zu erinnern, oder?
Loriot, eigentlich Bernhard-Viktor genannt „Vicco“ Christoph-Carl von Bülow, war ein deutscher Humorist, Cartoonist, Regisseur und Schauspieler. Er wurde am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geboren und verstarb am 22. August 2011 am Starnberger See.
Die Geschichte von Loriot begann in einer Zeit, als Deutschland sich vom Zweiten Weltkrieg erholte. Er wuchs in bürgerlichen Verhältnissen auf und entwickelte schon früh eine Leidenschaft für Humor und Kunst. Nach dem Abitur studierte er Malerei und Grafik an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg.
Loriots Durchbruch erfolgte in den 1970er- und 1980er-Jahren durch seine Fernsehsketche und -filme. Die Sketche von Loriot zeichneten sich durch subtilen, oft absurden Humor aus, der Alltagssituationen auf eine komische und leicht überspitzte Weise darstellte.
Ein charakteristisches Merkmal von Loriots Werken war seine Fähigkeit, die Untiefen der menschlichen Kommunikation und die Komik des Alltags herauszuarbeiten. Seine Sketche nahmen häufig zwischenmenschliche Missverständnisse, soziale Eigenheiten und bürokratische Absurditäten aufs Korn. Aufs Korn nehmen bedeutet übrigens sich darüber lustig machen.
Seine Figuren, wie der tollpatschige Herr Müller-Lüdenscheidt oder das humorvolle Ehepaar Hoppenstedt, wurden zu Kultfiguren im deutschen Fernsehen. Auch heute noch hört man oft Redewendungen im Alltag, die von Loriot stammen. Zum Beispiel „Früher war mehr Lametta“ oder „Das Bild hängt schief“.
Loriot war nicht nur ein begabter Komiker, sondern auch ein versierter Cartoonist. Seine Cartoons erschienen in Magazinen und Zeitungen, und er erlangte damit auch außerhalb des Fernsehens große Popularität. Seine Zeichnungen zeigten oft skurrile Situationen des täglichen Lebens und waren geprägt von einer unverwechselbaren, feinen Ironie. Er zeichnete zum Beispiel eine ganze Serie von Bildern, in denen Hunde und Menschen die Rollen tauschten.
Neben seiner Arbeit im Bereich Humor war Loriot auch als Regisseur erfolgreich. Er führte Regie bei Filmen wie „Ödipussi“ und „Pappa ante Portas“, die zu den erfolgreichsten deutschen Filmkomödien gehören. Sein Talent als Regisseur spiegelte sich in seinen detailreichen Inszenierungen und dem Gespür für komödiantisches Timing wider.
Loriot erhielt zahlreiche Auszeichnungen für sein künstlerisches Schaffen, darunter den Adolf-Grimme-Preis, das Bundesverdienstkreuz und den Bayerischen Filmpreis. Sein Werk hat Generationen von Menschen in Deutschland geprägt und seinen Platz in der deutschen Popkultur gefestigt.
In Erinnerung bleibt Loriot nicht nur als Meister des deutschen Humors, sondern auch als Künstler, der mit subtiler Ironie und feinem Gespür für das Komische das tägliche Leben auf unterhaltsame Weise beleuchtete. Sein Erbe lebt in seinen zeitlosen Sketchen, Cartoons und Filmen fort, die auch heute noch Menschen jeden Alters zum Lachen bringen. Schaut Euch doch mal auf YouTube einige seiner Arbeiten an – ich werde versuchen, auf slowgerman.com auch einige Videos einzubinden, wenn das rechtlich möglich ist. Wenn nicht, dann wenigstens ein paar Links, denn da Loriot gerade 100 Jahre alt geworden wäre, gab es viele Fernsehsendungen zu seinen Ehren. Ich bin gespannt, ob Du seinen Humor lustig findest. Schreib gerne in die Kommentare! Und ich freue mich natürlich sehr, wenn Du diesen Podcast abonnierst.
Knigge ist ein Begriff, den viele von uns kennen, aber nicht jeder weiß, woher er kommt und was er bedeutet. Es geht um gutes Benehmen, aber wie hat sich das entwickelt?
Benimmregeln und Höflichkeitsformen wurden bereits in antiken Kulturen praktiziert. Im alten Griechenland und Rom waren Benehmen und Etikette wichtige Bestandteile des sozialen Lebens. Es gab klare Regeln, wie man sich in Gesellschaft zu verhalten hatte und welche Rituale bei verschiedenen Anlässen einzuhalten waren.
Der Name „Knigge“ stammt jedoch von einem deutschen Schriftsteller und Adligen namens Adolph Freiherr von Knigge, der im 18. Jahrhundert lebte. Knigge schrieb das berühmte Werk „Über den Umgang mit Menschen“, das 1788 veröffentlicht wurde. In diesem Buch legte er die Grundlagen für modernes gutes Benehmen fest und betonte die Bedeutung von Respekt, Höflichkeit und Anstand im sozialen Miteinander.
Knigges Werk war zu seiner Zeit eine Sensation und wurde in ganz Europa gelesen und diskutiert. Sein Einfluss auf die Gesellschaft war enorm, und die Menschen begannen, die Knigge-Regeln in ihrem Alltag zu befolgen. Die Ideen von Knigge wurden jedoch auch parodiert und karikiert, was zeigt, dass sich nicht jeder mit den neuen Regeln anfreunden konnte.
Im 19. Jahrhundert wurde die Etikette immer wichtiger, vor allem für die reichen Menschen. Es gab zahlreiche Bücher und Anleitungen, die detaillierte Regeln für alle möglichen Situationen enthielten – vom Essen am Tisch über das Ankleiden bis hin zu Umgangsformen in der Gesellschaft. Manche dieser Regeln mögen uns heute seltsam erscheinen, wie zum Beispiel die Regel, dass Frauen beim Teetrinken ihren kleinen Finger abgespreizt halten sollten.
Mit der Industrialisierung und dem Aufstieg des Bürgertums im 19. Jahrhundert wurden die Etikette und gute Manieren auch Mittel, um sich von der arbeitenden Klasse abzugrenzen. Wer sich an die Regeln des Knigge hielt, zeigte damit seinen höheren gesellschaftlichen Status.
Im 20. Jahrhundert lockerten sich viele Etikette-Regeln. Die beiden Weltkriege und der gesellschaftliche Wandel nach dem Zweiten Weltkrieg führten zu einem Bruch mit einigen starren Konventionen. Die Jugendkulturen der 1960er und 1970er-Jahre rebellierten gegen traditionelle Normen und Konventionen und prägten eine neue, freiere Art des Miteinanders.
Gutes Benehmen geht heute eher darum, respektvoll und rücksichtsvoll mit anderen umzugehen, unabhängig von starren Regeln. Die Digitalisierung und die sozialen Medien haben neue Herausforderungen geschaffen, die es zu bewältigen gilt, wie z.B. das angemessene Verhalten in Online-Kommunikation und in sozialen Netzwerken.
Von den antiken Zivilisationen über das Werk von Adolph Freiherr von Knigge bis heute haben sich die Regeln und Normen des guten Benehmens ständig gewandelt. Doch der Kern von Knigges Ideen bleibt weiterhin relevant: Respekt, Höflichkeit und Rücksichtnahme bilden die Grundlage für ein harmonisches Miteinander in jeder Gesellschaft.
Vielleicht sollten wir manchmal auch über uns selbst lachen können, wenn wir unabsichtlich gegen die Etikette verstoßen oder in komischen Situationen landen. Denn am Ende des Tages geht es nicht darum, perfekt zu sein, sondern einander mit Verständnis und Herzlichkeit zu begegnen – das ist die wahre Essenz des guten Benehmens.
John Rabe war ein deutscher Geschäftsmann, der in China gelebt hat. Er wird manchmal als „Oskar Schindler Chinas“ bezeichnet – ich erzähle Dir, warum.
John Rabe wurde 1882 in Hamburg geboren und ist 1950 in Berlin gestorben.
Als junger Mann hat Rabe in verschiedenen Unternehmen gearbeitet. Er hat später für die deutsche Firma Siemens in China gearbeitet. Er lebte in der Stadt Nanjing, die früher als Nanking bekannt war. In dieser Stadt hat es im Jahr 1937 einen großen Krieg gegeben. Japan hat die Stadt angegriffen und viele Menschen getötet. Heute spricht man vom Massaker von Nanking.
Rabe hat selbst viel Leid in dieser Zeit erlebt. Er hat aber auch viele Menschen in Not gesehen und wollte ihnen helfen. Rabe war besorgt um die Sicherheit seiner Mitarbeiter und Freunde.
Er hatte Angst, dass sie in Gefahr waren. Deshalb hat er seine deutschen Mitbürger aufgerufen, ihm zu helfen. Er sagte ihnen, sie sollen alle zusammenarbeiten, um den Menschen in der Stadt zu helfen.
Rabe arbeitete eng mit anderen ausländischen Einwohnern auf dem Gebiet zusammen und gründete das „Internationale Sicherheitszone Komitee“. Dieses Komitee sollte die Sicherheit von Zivilisten gewährleisten. Eine zwei mal zwei Kilometer große Schutzzone wurde eingerichtet, um die chinesische Zivilbevölkerung vor den japanischen Soldaten zu schützen.
Rabe hat auch sein eigenes Haus in Nanjing genutzt, um Menschen zu helfen. Er hatte einen Schutzraum in seinem Haus, in dem viele Menschen untergebracht werden konnten. Dort konnten die Menschen sicher sein, weil die Japaner das Haus von Rabe respektierten. Warum? Weil Rabe eine Hakenkreuzfahne in seinem Garten aufgespannt hat. Diese Fahne konnten die japanischen Piloten von oben sehen. 650 Menschen soll Rabe auf seinem Grundstück untergebracht haben.
Rabe konnte vielen Menschen helfen, aber natürlich nicht allen. 300.000 Menschen sollen in diesem Krieg ums Leben gekommen sein.
1938 verließ John Rabe China und kehrte nach Deutschland zurück. Er schrieb viele Berichte über das, was in Nanjing passierte. Diese Berichte sind heute noch wichtig, um die Geschichte Chinas besser zu verstehen.
Rabe ist heute als „Gutmann in Nanjing“ bekannt. Das kommt von einem Buch, das Rabe über seine Erfahrungen in Nanjing geschrieben hat. Es wurde später verfilmt.
Somit ist ein Deutscher ein Teil der chinesischen Geschichte und wird von vielen Menschen in China als Held verehrt. Seine Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, anderen zu helfen und Solidarität zu zeigen, wenn es nötig ist.
Interessant finde ich, dass mich ein Slow German-Hörer auf diese Geschichte aufmerksam gemacht hatte – ich hatte von John Rabe vorher noch nie etwas gehört.
Es gibt ein Bild von Adele Spitzeder. Da ist sie sehr züchtig gekleidet, mit einem hohen Kragen und einer Brosche am Hals. Um den Hals trägt sie ein großes Kreuz, die Frisur ist akkurat gescheitelt. 1832 wurde Adele Spitzeder in Berlin geboren. Sie war Schauspielerin und Sängerin – und vor allem war sie eine großartige Betrügerin. Ich erzähle Dir heute ihre Geschichte.
Ihr Leben fing prunkvoll an. Ihre Eltern waren Sänger und Schauspieler und schickten die Tochter auf teure Privatschulen. Sie wurde selbst auch Schauspielerin und trat auf verschiedenen Bühnen auf. Anstatt in einer Wohnung zu wohnen, lebte die Spitzeder in Hotels. Eine Angestellte kümmerte sich um sie. Adele hatte sechs Hunde und eine Lebensgefährtin. Das alles kostete natürlich viel Geld – und die Einnahmen aus der Schauspielerei waren nicht hoch. Sie war kein Star. Also musste Adele sich etwas ausdenken, um an mehr Geld zu kommen.
Sie begann mit Geldgeschäften. Sie versprach einem Zimmermann zehn Prozent Zinsen im Monat. Das machte der Mann natürlich sofort, es war ein gutes Geschäft für ihn. Er gab Adele also 100 Gulden und bekam dafür jeden Monat 10 Gulden Zinsen. Und zwar bar auf die Hand und zwei Monate im Voraus. Das war damals alles unüblich. Der Mann erzählte anderen Leuten von diesem Geschäft und so konnte Adele immer neue Kunden begrüßen. Sie konnte ihre eigenen Schulden endlich abbezahlen.
Gemeinsam mit ihrer damaligen Lebensgefährtin gründete sie eine Bank in München. Die „Spitzedersche Privatbank“ wurde immer größer und erfolgreicher. Später hieß sie „Dachauer Volksbank“. Adele konnte sich sogar ein eigenes großes Haus kaufen. Hinter den Kulissen herrschte das Chaos. Das Geld war in Säcken verstaut und lag zum Teil einfach so in ihrer Wohnung herum. Es gab keine ordentliche Buchführung, und aus heutiger Sicht kennen wir solche Betrügereien als Ponzi-System oder Schneeballsystem. Adele hatte sich ein kluges System ausgedacht, das sie reich machte.
Sie gab Journalisten Geld, damit diese positiv über die Bank schrieben. Sie zahlte hohe Provisionen und verteilte großzügige Spenden. Sie war beliebt bei den Menschen und hatte einen guten Ruf, sie kümmerte sich sogar um die Armen. Adele Spitzeder war eine beeindruckende Erscheinung, vielleicht auch wegen ihres schauspielerischen Könnens. Die Menschen vertrauten ihr. Sie hatte zu ihrer besten Zeit 83 Angestellte. Adele Spitzeder fing auch an, mit Immobilien zu handeln. Lange ging der Betrug gut und niemand kam ihr auf die Schliche. Zwei Jahre lang konnte sie ihre Bank betreiben. Insgesamt 32.000 Menschen legten ihr Geld dort an, für umgerechnet 400 Millionen Euro. Es waren meist Handwerker oder Bauern, die selber nicht viel Geld hatten.
Adele Spitzeder tat das nicht, weil sie böse war. Sie war in das Geldgeschäft hineingerutscht. Immer wieder fragte sie Anwälte, ob ihr Tun legal war. Die Anwälte sagten ja. Adele hatte also eine Grauzone entdeckt und diese für sich ausgenutzt. Sie sagte den Menschen auch immer, dass sie keine Sicherheiten bieten könne. Aber das war denen egal, sie sahen nur die hohen Gewinne.
Aber wie wir wissen geht so etwas meistens nicht lange gut. Es gab Menschen, die den Schwindel erkannten. Als 60 Gläubiger sich ihr Geld gleichzeitig auszahlen lassen wollten, brach die Bank von Adele Spitzeder zusammen. Kurz darauf wurde sie wegen Betrugs verhaftet und kam ins Gefängnis. Allerdings nur gut drei Jahre lang. Viele Bürger sahen ihr Geld nie wieder, manche von ihnen begingen sogar aus Verzweiflung Selbstmord. Ganze Gemeinden hatten bei Spitzeder Geld investiert und waren nun pleite.
Heute könnte so etwas nicht mehr so leicht passieren, weil es viele Aufsichtsgremien gibt. Außerdem ist es heute Pflicht, eine Buchführung vorweisen zu können. Und was geschah mit Adele Spitzeder? Nach dem Gefängnisaufenthalt ging sie ins Ausland, kehrte dann aber nach München zurück. Sie veröffentlichte ihre Memoiren, also ein Buch über ihr Leben. Sie versuchte noch einmal, eine Bank zu eröffnen – wurde aber sofort verhaftet. Also lebte sie den Rest ihres Lebens als Sängerin. Sie starb 1895 mit 63 Jahren.
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