Hast du schon einmal den Begriff Einbürgerung gehört? Durch die Einbürgerung wird ein Mensch zum Staatsbürger eines Landes. Ich erkläre dir heute einmal, wie das in Deutschland abläuft. Wie man also zum deutschen Staatsbürger wird. Als deutscher Staatsbürger oder deutsche Staatsbürgerin hat man die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen auch. Seit dem 27. Juni 2024 gibt es ein neues Einbürgerungsgesetz.
Um die deutsche Staatsangehörigkeit zu bekommen, muss man einige Anforderungen erfüllen. Das ganze ist ein relativ komplizierter, bürokratischer Prozess. Zunächst einmal musst Du eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder ein Aufenthaltsrecht als EU-Bürger haben. Das bedeutet, dass du die Erlaubnis hast, dauerhaft in Deutschland zu leben. Diese unbefristete Aufenthaltserlaubnis bekommst du zum Beispiel, wenn du seit mindestens fünf Jahren hier sein darfst, wenn du arbeitest und Geld verdienst, gut Deutsch sprichst, eine Wohnung hast und noch einiges mehr.
Für die deutsche Staatsangehörigkeit musst du ähnliche Voraussetzungen erfüllen. Du musst in der Regel seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben – früher waren es sogar acht Jahre. Deine Deutschkenntnisse müssen ausreichen, aber deswegen bist du ja hier bei Slow German, oder? Für die deutsche Staatsangehörigkeit musst du außerdem deinen eigenen Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe bestreiten. Das heißt du musst genug Geld verdienen, damit der Staat dir nicht helfen muss. Du darfst auch keine schweren Straftaten begangen haben, also keinen sogenannten Eintrag im Strafregister haben.
Jetzt sind wir bei einem sehr wichtigen Punkt, der immer wieder diskutiert wird in der deutschen Gesellschaft, und zwar die Verfassungstreue. Du musst also die „freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland“ anerkennen. Da geht es also um die Werte, nach denen wir in der deutschen Gesellschaft leben.
So funktioniert der Einbürgerungstest
Wenn du jetzt bei all diesen Punkten einen Haken machen konntest, dann gibt es noch eine Hürde, und zwar den Einbürgerungstest. Und der ist gar nicht so einfach. Ich glaube sogar, dass viele Deutsche diesen Test nicht bestehen würden. Denn da werden Fragen zu Geschichte, Kultur und Rechtsordnung des Landes gestellt. Ein paar Beispiele der 310 Fragen aus dem bayerischen Test:
Was ist mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar?
die Prügelstrafe
die Folter
die Todesstrafe
die Geldstrafe
Na, weißt du die Antwort? Es ist natürlich die Geldstrafe, alles andere gibt es in Deutschland nicht.
Noch eine Frage: Was für eine Staatsform hat Deutschland?
Ach ja, und Republik war natürlich die richtige Antwort.
Zusammengefasst kann man also sagen: Wer bereits in Deutschland gut integriert ist, Geld verdient, eine Wohnung hat, die Sprache beherrscht und ausreichend Wissen über das Land hat, der kann sich einbürgern lassen. Für alle anderen wird es schwierig. Und Angst vor Bürokratie darf man auch nicht haben – aber Bürokratie gehört in Deutschland nunmal zum Leben dazu.
Und wie viele Leute betrifft das alles? 2022 wurden rund 168.500 Menschen in Deutschland eingebürgert, der höchste Wert seit 2002. In den Vorjahren lag die Zahl der Einbürgerungen meist relativ stabil bei etwa 100.000 pro Jahr. Mit etwa 48.000 Einbürgerungen stellten Syrer 2022 den größten Anteil unter den Eingebürgerten.
Am 19. Januar 2024 hat der Bundestag das „Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG)“ beschlossen. Das Gesetz wurde am 26. März 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und trat am 27. Juni 2024 in Kraft. Mit diesem Gesetz treten umfangreiche Änderungen im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) in Kraft. Es soll viele Erleichterungen bei der Einbürgerung bringen.
Neu ist jetzt, dass man sich auch zur historischen Verantwortung Deutschlands bekennen muss, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens. Auch die Sprachhürde ist etwas gesenkt worden, zum Beispiel für ehemalige Gastarbeiter, die schon sehr lange in Deutschland leben.
In Deutschland gab es in den vergangenen Monaten viele Streiks. Ein Streik ist, wenn Arbeitnehmer nicht zur Arbeit gehen, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Sie machen das, um die Arbeitgeber dazu zu bringen, auf ihre Forderungen einzugehen.
Eine Art von Streik nennt man Warnstreik. Ein Warnstreik dauert normalerweise nur ein paar Stunden oder einen Tag. Es ist wie eine Warnung: „Hey, wir sind nicht glücklich, aber wir wollen nicht für immer streiken. Aber wenn sich nichts ändert, könnten wir das tun!“
Für Aufmerksamkeit sorgten zuletzt vor allem die Warnstreiks bei der Deutschen Bahn. Worum ging es? Die Deutsche Bahn stand auf der einen Seite, die Lokführergewerkschaft auf der anderen Seite dieser Verhandlungen. Zu einem Warnstreik kommt es so: Erst gibt es Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Das sind sogenannte Tarifverhandlungen. In diesem Tarif wird festgelegt, wie die Arbeit ablaufen soll. Wie viele Stunden beispielsweise pro Woche gearbeitet werden müssen und zu welchem Lohn. Jetzt kann es aber passieren, dass zum Beispiel der Arbeitgeber sagt: Nein, Ihr verlangt zu viel. Die Verhandlungen scheitern. Dann kann die andere Seite zu einem Warnstreik aufrufen. Das alles ist durch das deutsche Grundgesetz, also unsere Verfassung, gesichert. Der Streik ist also ein Grundrecht.
Aber wie hat das angefangen? Die Geschichte der Streiks in Deutschland geht weit zurück. Schon im 19. Jahrhundert begannen Arbeiter, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Damals waren die Bedingungen oft sehr schlecht. Die Arbeitnehmer arbeiteten lange Stunden für wenig Geld und hatten kaum Rechte. Im Laufe der Zeit haben sich die Arbeitsbedingungen verbessert, zum Teil wegen der Streiks. Heute gibt es viele Gesetze, die die Rechte der Arbeitnehmer schützen.
Die Streiks bei der Bahn haben jedenfalls viele Leute verärgert. Teilweise fuhren die Züge zwei Tage lang nicht, es kam mehrmals im Jahr zu vielen Ausfällen. Eine Reise mit der Bahn zu planen, wurde schwierig, denn so richtig zuverlässig war das Verkehrsmittel durch die Streiks nicht mehr.
Natürlich ist es verständlich, dass Bahnreisende genervt sind. Es ist aber trotzdem wichtig zu verstehen, dass Streiks in einer Demokratie wichtig sind. Sie können dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Rechte der Arbeitnehmer zu stärken.
Du willst sicher wissen, wie der Tarifstreit zwischen der Bahn und den Lokführern ausgegangen ist. Am Ende waren nämlich beide Seiten zufrieden. Die Lokführer bekommen einen sogenannten Inflationsausgleich von 2850 Euro. Dann wird ihr Lohn um insgesamt 420 Euro pro Monat erhöht. Und sie müssen in Zukunft weniger Stunden arbeiten, und zwar 35 statt 38. Das alles wird in einzelnen Schritten ausgeführt, also nicht alles auf einmal, aber nach und nach. Interessant finde ich, dass niemand zu der niedrigeren Arbeitszeit gezwungen wird. Wer möchte, kann bis zu 40 Stunden arbeiten und bekommt dann auch mehr Lohn. Jetzt ist also erstmal wieder Ruhe, es gibt keine weiteren Warnstreiks. Der Tarifvertrag läuft bis Ende 2025. Aber: es gibt auch eine andere Gewerkschaft, die in einem Jahr wieder verhandeln wird – mal sehen, wie es dann aussieht…
Bald ist wieder Europawahl, genauer gesagt vom 6. bis 9. Juni 2024. Hier in Deutschland wählen wir am 9. Juni. Bei uns ist immer am Sonntag Wahltag. Es ist die zehnte Direktwahl zum Europäischen Parlament und es werden 720 Abgeordnete gewählt. In mittlerweile 27 Ländern wird diesmal gewählt.
Die Europawahl ist wichtig. Wir Europäer wählen dabei unsere Vertreter im Europäischen Parlament und können damit die Zukunft von Europa mitgestalten. Die Europawahl gibt es schon seit 1979. Sie findet alle fünf Jahre statt.
Im Europäischen Parlament haben sich verschiedene Parteien der Länder zusammengeschlossen, die sich politisch nahestehen. Die Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten die Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Sie arbeiten daran, Lösungen für wichtige Probleme zu finden, die Europa betreffen. Eine Umfrage hat gezeigt, dass die wichtigsten Themen derzeit der Kampf gegen die Armut, die Schaffung von Arbeitsplätzen, das Gesundheitswesen und die Verteidigung und Sicherheit sind.
In Deutschland gibt es 35 Parteien, die bei der Europawahl antreten. Manche davon kennen wir aus der deutschen Regierung, natürlich treten SPD, FDP und Die Grünen an. Aber auch die „Letzte Generation“ hat sich registriert, ebenso wie Parteien mit den Namen „Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung“, „Partei der Vernunft“ oder „Partei des Fortschritts“. Jede Partei hat ihre eigenen Ideen und Programme für die Zukunft Europas. Die Bürger haben die Möglichkeit, die Partei zu wählen, die ihren Ansichten und Überzeugungen am nächsten kommt.
In Deutschland wählen wir aber nicht nur eine bestimmte Partei, sondern auch die Spitzenkandidaten, die die Partei im Europäischen Parlament vertreten sollen. Das bedeutet, dass wir alle die Möglichkeit haben, gezielt die Politiker und Politikerinnen zu wählen, denen wir vertrauen und die unsere Interessen am besten vertreten können. 96 deutsche Europaabgeordnete gibt es, und jeder Wähler und jede Wählerin hat eine Stimme. Gewählt wird nach dem sogenannten Verhältniswahlrecht. Das ist ganz einfach: Je mehr Stimmen eine Partei bekommt, desto mehr Abgeordnete schickt sie ins Europäische Parlament.
In manchen Ländern gibt es eine sogenannte Sperrklausel. Das heißt, dass zum Beispiel Wahlvorschläge, die weniger als 5 Prozent der Stimmen aus einem Land bekommen, nicht berücksichtigt werden. Man musste also mehr als 5 Prozent der Stimmen bekommen, um überhaupt ins Parlament einziehen zu dürfen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Sperrklausel aber für verfassungswidrig erklärt. Deswegen gibt es in Deutschland keine Beschränkung mehr.
Neu ist übrigens, dass zum ersten Mal auch Menschen unter 18 Jahren wählen dürfen – das Wahlalter wurde 2023 von 18 auf 16 Jahre gesenkt. Es gibt in Deutschland keine Wahlpflicht – zu wählen ist eine freiwillige Sache. Aber sie ist wichtig für unsere Demokratie. Wählen dürfen alle Menschen, die eine EU-Staatsbürgerschaft haben und in Deutschland wohnen. Ich kann zum Wählen entweder die Briefwahl nutzen, wenn ich am Wahltag zum Beispiel im Urlaub bin oder arbeiten muss. Oder ich gehe in das nächste Wahllokal. Dazu bekomme ich meine Unterlagen automatisch per Post und muss diese dann dort vorzeigen.
Die Ergebnisse der Europawahl haben Auswirkungen auf die Politik in der Europäischen Union und können die Richtung beeinflussen, in die sich Europa entwickelt. Es ist daher wichtig, dass wir alle uns informieren und eine informierte Entscheidung treffen. Leider ist zu erwarten, dass rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien bei den Europawahlen viele Stimmen gewinnen werden. Sorgen wir dafür, dass es nicht so ist!
Wenn du übrigens selber mal sehen willst, welche Partei am Besten zu Dir passt, dann teste mal den Wahl-O-Mat. Den gibt es zu jeder wichtigen Wahl in Deutschland. Hier werden Fragen zu verschiedenen Themen gestellt und dann online mit den Wahlprogrammen der Parteien verglichen. Probier es aus! wahl-o-mat.de.
Ich habe eine lange Pause gemacht mit dem Podcast – das passiert. Slow German gibt es seit 2007, und manchmal habe ich einfach keine Zeit oder keine Lust auf dieses kleine Projekt. Umso mehr freue ich mich aber, dass Du dabei geblieben bist und mir weiter zuhörst und mich unterstützt!
Heute wollte ich Dir einfach mal erzählen, welche Themen in Deutschland gerade wichtig sind. Ich würde sagen das wichtigste Thema ist gerade die Energieversorgung. Durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat Deutschland ein großes Problem. Denn bislang hat Deutschland viel Erdgas aus Russland bekommen. Dieses Gas kam durch eine Pipeline namens Nord Stream 1 direkt durch die Ostsee. Jetzt aber nicht mehr. Also muss Deutschland sein Gas aus anderen Ländern beziehen – und sparen. Wir wurden also alle aufgefordert, Gas zu sparen, zum Beispiel indem wir weniger heizen. Durch die Knappheit wird auch erwartet, dass wir für Gas mehr zahlen müssen. Wieviel mehr, weiß niemand. Aber vielen Menschen macht das Angst.
Durch diese Energiekrise wird viel auf die Politik geschimpft. Wer ist schuld daran, dass Deutschland so abhängig von russischem Gas ist? Warum gibt es keine guten Alternativen? Warum haben wir Windkraft und Sonnenenergie nicht weiter ausgebaut in den vergangenen Jahren? Und dann ist da noch die Diskussion darüber, ob wir die Atomkraftwerke länger betreiben sollen. Eigentlich hat Deutschland den Ausstieg aus der Kernenergie längst beschlossen – aber nun brauchen wir sie wohl wieder. Also hat Bundeskanzler Scholz nun verkündet, dass drei Kernkraftwerke noch bis April weiterlaufen dürfen.
Der Ukraine-Krieg und die Pandemie haben auch dafür gesorgt, dass viele Dinge teurer geworden sind oder dass man viele Dinge gar nicht mehr im Geschäft kaufen kann. Es gibt Lieferengpässe und leere Regale. Zum Beispiel gibt es in manchen Supermärkten kein Katzenfutter zu kaufen. Während das in manchen anderen Ländern normal ist, ist es für uns in Deutschland sehr neu und dadurch macht es uns Angst. Wir sind es gewohnt, dass wir im Supermarkt alles kaufen können. Immer. Die Regale sind normalerweise immer voll. Wir sind sehr verwöhnt.
Die Menschen in Deutschland denken also derzeit an den kommenden Winter. An die kalten Temperaturen. Daran, ob sie es sich noch leisten können, die Wohnung zu heizen. Dadurch sind andere Themen in den Hintergrund gerückt. Zum Beispiel die Frage, wie es den ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland geht. Eine Million Menschen sind seit Februar im Zusammenhang mit dem Krieg nach Deutschland gekommen. Sie dürfen in der ganzen EU arbeiten, ihre Kinder in die Schule schicken, haben ein Recht auf Unterkunft und Sozialleistungen.
Und was ist mit Corona? Ich habe den Eindruck, die meisten Menschen sind nur noch genervt von der Pandemie. In München tragen wir in den Bussen und S-Bahnen immer noch Masken. Im Alltag sieht man nur noch wenige Menschen mit Maske, weder beim Einkaufen noch bei Konzerten oder anderen Veranstaltungen. Dennoch gab es großen Ärger, weil in München trotz hoher Inzidenzen das Oktoberfest erlaubt wurde. 17 Tage dauerte das Fest dieses Jahr. In den vergangenen zwei Jahren wurde es wegen der Pandemie abgesagt. Diesmal kamen 5,7 Millionen Menschen auf das größte Volksfest der Welt. Und seitdem sind sehr viele Menschen an Corona erkrankt.
Zum Schluss noch ein paar kleine aber wichtige Neuigkeiten. Der Mindestlohn ist seit Oktober auf 12 Euro pro Stunde erhöht worden. Das ist doch eine gute Nachricht, oder? Und im nächsten Jahr kommt das Bürgergeld, also ein Grundeinkommen für arbeitssuchende und bedürftige Menschen. Und: Im Sommer gab es drei Monate lang das 9-Euro-Ticket. Mit dem konnte man sehr billig regional mit dem Zug fahren. Das war gut für die Umwelt und gut für die Menschen. Jetzt wird es das 49-Euro-Ticket geben. Dann können wir für 49 Euro im Monat deutschlandweit mit der Regional-Bahn fahren. So wirklich billig ist das leider nicht, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Deutschland hat einen neuen Kanzler. Er heißt Olaf Scholz. Ich erzähle Dir heute, wer das ist.
16 Jahre lang war Angela Merkel unsere Kanzlerin. Jetzt hat sich das geändert. Denn im September wurde gewählt. Drei Parteien konnten die Mehrheit der Stimmen für sich gewinnen und haben sich zusammengetan, und wir haben jetzt eine Koalition aus SPD, FDP und den Grünen. Da die Farben dieser Parteien rot, gelb und grün sind, wird die Koalition „Ampel“ genannt. Einige Monate hat es gedauert, bis sich diese drei Parteien auf gemeinsame Ziele einigen konnten. Das nennt man Koalitionsvertrag. Und dann galt es eine neue Regierung zu bilden. Das sind also die Minister und der Kanzler. Es gibt jetzt 7 neue Ministerinnen und 7 Minister. Und einen neuen Kanzler, Olaf Scholz von der SPD.
Am Mittwoch, 8. Dezember 2021, wurde er zum neuen Kanzler. Wie geht das? Im Bundestag steht der Punkt „Wahl des Bundeskanzlers“ an diesem Tag auf der Tagesordnung. Das heißt, dass die im September neu gewählten Abgeordneten des Bundestages wählen dürfen. Bekommt Olaf Scholz mindestens 369 Stimmen, ist er im ersten Durchgang gewählt. Die Koalition hat momentan 416 Stimmen. Diskutiert wird über diese Sache nicht – jede und jeder Abgeordnete darf geheim seine Stimme abgeben. Bei Merkel dauerte das ungefähr eine Stunde. Wenn alle gewählt haben, verkündet die Bundestagspräsidentin das Ergebnis. Dann wird Olaf Scholz gefragt, ob er die Wahl annimmt. Danach geht er auf eine kleine Reise: Er muss ins Berliner Schloss Bellevue fahren, wo der Bundespräsident auf ihn wartet. Der muss ihn nämlich noch offiziell ernennen. Dann muss Scholz wieder zurück in den Bundestag, um dort vereidigt zu werden. Und dann muss er wieder ins Schloss Bellevue, denn dort wird der Bundespräsident noch die neuen Bundesministerinnen und Bundesminister ernennen. Dann geht es wieder in den Bundestag, wo diese vereidigt werden. Am Nachmittag übergibt dann Angela Merkel offiziell ihr Amt an Olaf Scholz. Ein langer Tag, oder?
Olaf Scholz ist kein Unbekannter in Deutschland. Er war seit 2018 Vizekanzler, also der Stellvertreter der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und er war Finanzminister. Was noch? Er war früher Bundesminister für Arbeit und Soziales und auch mal Erster Bürgermeister von Hamburg. Schauen wir uns diesen Mann genauer an.
Olaf Scholz wurde 1958 in Osnabrück, also in Niedersachsen, geboren. Er studierte Jura und wurde Rechtsanwalt. Schon 1975, da ging er noch zur Schule, wurde er politisch aktiv. Und zwar gleich bei der SPD. Er begeisterte sich so sehr für die Politik, dass er verschiedene Ämter hatte. Zum Beispiel wurde er Vorsitzender eines SPD-Kreisverbandes und später auch Vorsitzender der SPD Hamburg. Von der regionalen Politikarbeit ging es dann nach oben: Er wurde 2002 Generalsekretär der SPD. Und dann war er eben Vizekanzler, als die CDU/CSU mit der SPD eine große Koalition bildeten. Privat ist er verheiratet und kinderlos.
Angela Merkel gab eines Tages bekannt, dass sie nicht noch einmal als Kanzlerin zur Verfügung stehen würde. Das Rennen war eröffnet. Alle Parteien überlegten, welche Kandidatinnen und Kandidaten sie in den Wahlkampf schicken würden. Wer also die größten Chancen hatte, das Amt zu übernehmen. Die SPD entschied sich für Olaf Scholz. Für die Grünen ging Annalena Baerbock in den Wahlkampf und für die CDU/CSU Armin Laschet. Diese drei Menschen sah man also diesen Sommer sehr oft im Fernsehen bei Debatten.
Was ist nun Olaf Scholz für ein Mensch? Nun, ich kann das natürlich nicht beurteilen, ich kenne ihn nicht persönlich. Er wirkt sehr sachlich und nüchtern auf mich. Er ist niemand, der poltert oder ausflippt, niemand der emotional wird. Er bleibt sachlich und ruhig und lässt sich nur schwer provozieren. Das hat ihm auch den Namen „Scholzomat“ eingebracht. In der SPD gilt er eher als konservativ. Dennoch macht er sich für Klimapolitik stark, was ich enorm wichtig finde.
Kritik gab es in der Vergangenheit vor allem in zwei Punkten. Zum einen ging es darum, wie er den G20-Gipfel 2017 in seiner Stadt Hamburg begleitete. Damals kam es vor Ort zu Ausschreitungen, also zu Kämpfen zwischen Demonstranten und der Polizei. Es gab Ermittlungsverfahren gegen Polizisten. Der Vorwurf: sie seien zu brutal gegen die Demonstranten vorgegangen.
Der zweite Kritikpunkt betrifft eine komplizierte Sache, und zwar die Cum-Ex-Geschäfte einer Bank. Das zu erklären ist hier zu schwierig. Letzten Endes geht es um illegale Finanzgeschäfte einer Bank. Das Hamburger Finanzamt hätte Steuern von dieser Bank zurückbekommen können – hat dieses Geld aber nie bekommen. Welche Rolle Scholz in dieser Sache genau gespielt hat, kann ich nicht beurteilen.
Was bedeutet der neue Kanzler nun für Deutschland? Ich bin gespannt. Mir gefällt die neue Regierung. Es sind viele junge Ministerinnen und Minister – und die Hälfte von ihnen sind Frauen. Das wirkt also alles sehr gut auf mich. Ob sie nun alle ihre Arbeit gut machen oder nicht, das ist die Frage. Ich freue mich jedenfalls, dass ein ruhiger, sachlicher Mann das Ruder übernimmt. Vom Temperament her ist er also keine große Veränderung zu Angela Merkel. Seine Amtszeit wird schwer werden, denn die Pandemie ist noch nicht vorbei und Deutschland geht es nicht gut. Ich wünsche ihm und seiner Regierung jedenfalls gutes Gelingen. Und ich hoffe, dass die Opposition, also die Parteien die nicht in der Regierung sind, sachlich bleibt und mithilft. Wir werden sehen.
Angela Merkel war 16 Jahre lang die Kanzlerin von Deutschland. Jetzt wurde sie verabschiedet. Wie immer, wenn ein Kanzler oder eine Kanzlerin verabschiedet wird, wird das mit einer besonderen Zeremonie getan. Diese Zeremonie heißt „Der große Zapfenstreich“. Darüber möchte ich dir heute etwas erzählen.
Fangen wir mal mit dem Wort Zapfenstreich an. Was bedeutet das? Dieses Wort ist sehr alt. Damit wurden sozusagen die Soldaten oder Söldner abends ins Bett geschickt. Nach dem Zapfenstreich sollten sie in ihrem Quartier bleiben, also nicht mehr draußen sein. Auch heute noch wird das Wort beim Militär verwendet. Wenn ein junger Mann oder eine junge Frau bei der Bundeswehr die Grundausbildung macht, dann ist der Zapfenstreich um 23 Uhr. Als Hintergrund kann man sagen, dass die Soldaten eben schlafen gehen sollten, anstatt zum Beispiel Alkohol zu trinken. Sie sollten ja am nächsten Tag wieder fit für den Kampf sein.
Der erste „Große Zapfenstreich“ als Ehre bei einem besonderen Anlass fand 1838 statt. Damals war der russische Zar Nikolaus I. zu Besuch und das Militär ehrte ihn mit der Zeremonie. Dieser „Große Zapfenstreich“ ist bis heute eine Militärzeremonie am Abend, also im Dunkeln, bei der es sowohl Musik als auch Fackeln und Soldaten in Formation zu sehen und zu hören gibt. Es ist heute die höchste Auszeichnung, die das Militär einer nicht militärischen Person geben kann. Drei Politikerposten bekommen einen großen Zapfenstreich bei ihrer Verabschiedung: Die Bundeskanzlerin, der Bundespräsident und die Verteidigungsministerin. Aber natürlich bekommen auch wichtige Militärs wie Generäle eine derartige Verabschiedung. Die Zeremonie dauert ungefähr 20 Minuten und hat einen ganz genau festgelegten Ablauf.
Am 2. Dezember 2021 wurde Angela Merkel in Berlin mit dem „Großen Zapfenstreich“ aus dem Amt verabschiedet. Die Zeremonie wurde natürlich im Fernsehen übertragen. Zunächst hielt Angela Merkel eine kleine Rede, in der es um ihre Zeit als Kanzlerin ging, aber natürlich auch um die aktuelle Situation in der Pandemie. Sie hätte ihre Arbeit immer mit „Fröhlichkeit im Herzen“ erledigt, sagte sie.
Danach kam der Aufmarsch. Das bedeutet, dass die Soldaten zur Musik des „Yorckschen Marsches“ von Ludwig van Beethoven auf den Platz kamen. Die Musik kam natürlich nicht vom Band, sondern wurde vom Musikkorps der Bundeswehr und einem Spielmannszug live gespielt. Danach kamen drei Stücke, die sich Angela Merkel ausgesucht hatte: „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen, einer frühen deutschen Punk-Ikone. Dann „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, das Hildegard Knef gesungen hatte. Und am Schluss ein Kirchenlied.
Es ist immer interessant, welche Lieder sich die scheidenden Kanzler aussuchen. Merkels Vorgänger Gerhard Schröder beispielsweise ließ die Blaskapelle „My Way“ von Frank Sinatra spielen und „Summertime“ von George Gershwin. Bei Helmut Kohl war es 1998 die Europahymne.
Wegen der Pandemie waren weniger Gäste eingeladen als sonst. Die Gäste waren natürlich vor allem hochrangige Politiker und Politikerinnen. Sie saßen mit Abstand auf einer Tribüne und mit 2G+ – waren also alle genesen oder geimpft und zusätzlich getestet. Soweit ich sehen konnte trugen zudem alle eine Maske. Es war sehr kalt und windig, aber der Zapfenstreich dauert ja nicht lange.
Nach den drei Liedern, die Angela Merkel sich ausgesucht hatte, folgten weitere festgelegte Stücke – und dann natürlich die deutsche Nationalhymne. Danach fuhr Angela Merkel mit ihrem Mann in einer schwarzen Limousine davon und winkte ein letztes Mal. Sie ist 67 Jahre alt und geht jetzt nach turbulenten 16 Jahren im Amt in den wohlverdienten Ruhestand.
Ein Wort noch zum Schluss: Am großen Zapfenstreich wird oft Kritik geübt. Militärparaden, wie andere Länder sie kennen, sind in Deutschland unüblich. Also wird auch diese Militärzeremonie vor allem von Pazifisten kritisiert. Viele fühlen sich durch den Fackelmarsch in Berlin an die Nazizeit erinnert, die natürlich große Auftritte und Pomp liebte. Verteidigt wird der Zapfenstreich von vielen Menschen die sagen, dass damit ja das Militär eine zivile Person ehrt. Du kannst dir gerne deine eigene Meinung zu diesem Ritual bilden. Schau es Dir doch an! Ich verlinke den Zapfenstreich von Angela Merkel auf slowgerman.com.
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