von Annik Rubens | 4. März 2025 | Aktuelles & Politik, SG Podcast-Episode
Heute sprechen wir ausnahmsweise mal über ein aktuelles Thema, und zwar über die Bundestagswahl 2025. Die Wahl hat am 23. Februar stattgefunden, und die Ergebnisse stehen fest. Ich erkläre dir, was passiert ist, warum die Wahl so wichtig ist und wie die Geschichte der Bundestagswahl in Deutschland aussieht.
In Deutschland gibt es alle vier Jahre eine Bundestagswahl. Dabei wählen die Menschen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Der Bundestag ist das Parlament von Deutschland. Die Abgeordneten im Bundestag entscheiden über Gesetze, den Haushalt und viele andere wichtige Themen. Die Bundestagswahl ist also eine sehr wichtige Wahl, denn sie bestimmt, wer Deutschland regiert.
Die Bundestagswahl 2025 fand am 23. Februar statt. Millionen von Menschen sind zur Wahl gegangen oder haben vorher per Briefwahl abgestimmt. In Deutschland hat jeder Bürger und jede Bürgerin ab 18 Jahren das Recht zu wählen. Wohlgemerkt ist es nur ein Recht. Es ist keine Pflicht. Diesmal machten 82,5 Prozent Gebrauch von ihrem Wahlrecht. Das ist die höchste Wahlbeteiligung seit 38 Jahren.
Bei der Wahl haben die Menschen zwei Stimmen. Mit der ersten Stimme wählt man eine Person aus dem eigenen Wahlkreis. Mit der zweiten Stimme wählt man eine Partei. Die zweite Stimme ist besonders wichtig, weil sie bestimmt, wie viele Sitze eine Partei im Bundestag bekommt. In Deutschland gibt es eine Fünf-Prozent-Hürde. Das bedeutet: Eine Partei muss mindestens fünf Prozent der Stimmen bekommen, sonst kommt sie nicht in den Bundestag. Diese Regel gibt es, damit nicht zu viele kleine Parteien im Parlament sitzen und es zu kompliziert wird.
Die Bundestagswahl 2025 war spannend. Viele Menschen haben über die Zukunft Deutschlands diskutiert. In den letzten Jahren gab es große Herausforderungen, zum Beispiel die Energiekrise, den Klimawandel und wirtschaftliche Probleme. Das größte Thema im Wahlkampf war allerdings die Migration. Es gab in den Monaten vor der Wahl einige terroristische Anschläge in Deutschland. Sie wurden von Männern aus Afghanistan oder Syrien begangen. Auch meine Stadt München war betroffen. Hier raste kurz vor der Wahl ein afghanischer Mann mit seinem Auto in einen Demonstrationszug. Eine Frau und ihr Kleinkind starben, viele weitere Menschen wurden verletzt.
Taten wie diese lösten bei den Menschen verständlicherweise Angst und Bestürzung aus. Aber auch Wut. Das ist mit ein Grund, warum die konservative Union aus CDU/CSU die meisten Stimmen gewonnen hat. Zweitstärkste Partei war die in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei AfD.
Olaf Scholz, der bisherige Bundeskanzler Deutschlands, und seine Partei, die SPD, haben sehr viele Wählerinnen und Wähler verloren. Die FDP, die ebenfalls in der Regierung war, hat ebenfalls viele Stimmen verloren und schaffte es nicht über die 5 Prozent-Hürde. Das bedeutet, dass sie im nächsten Bundestag gar nicht mehr vorhanden sein wird. Und die Grünen haben ebenfalls Stimmen verloren. Einige Politiker haben aus diesen Verlusten ihre Konsequenzen gezogen und werden sich aus der Politik zurückziehen.
Warum war diese Wahl besonders? Zum einen, weil zum ersten Mal eine in Teilen rechtsextreme Partei die zweitstärkste Kraft ist. Allerdings haben die anderen Parteien schon lange gesagt, dass sie nicht mit dieser Partei zusammenarbeiten werden. Sie bleibt also in der Opposition. Das bedeutet, dass sie nicht in der Regierung ist, sondern sozusagen die Gegner der Regierung sind. Der zweite Grund ist, dass der Bundestag verkleinert wird. Viele Menschen hatten sich beklagt, dass der Bundestag zu groß war. 736 Abgeordnete gab es in der letzten Legislaturperiode. Und das ist sehr teuer für den Staat. Denn all diese Menschen haben zum Beispiel ihr eigenes Büro und Angestellte. Also gab es eine sogenannte Wahlrechtsreform. Der neue Bundestag wird also nur noch 630 Abgeordnete in Berlin haben.
Wer wird das sein? Klar ist, dass der Bundestag männlicher wird. Es sind sehr viel weniger Frauen im Bundestag. Das liegt daran, dass die Union und die AfD die meisten Menschen in den Bundestag schicken. Und diese konservativen Parteien haben nicht viele Frauen in ihren Reihen. Parteien wie die Linke, die SPD und die Grünen achten darauf, dass das Verhältnis ausgeglichen ist. Ihnen ist die Gleichberechtigung der Geschlechter wichtig.
Nach der Wahl müssen die Parteien jetzt überlegen, wie sie eine Regierung bilden. In Deutschland gibt es fast nie eine einzige Partei, die alleine regieren kann. Deshalb gibt es meistens eine Koalition. Das bedeutet, dass sich zwei oder mehr Parteien zusammenschließen und gemeinsam regieren. Die letzte Regierung bestand aus drei Parteien: Der SPD, den Grünen und der FDP.
Sehr wahrscheinlich wird die nächste Regierung aus der Union und der SPD bestehen. Das werden aber letztlich die Koalitionsverhandlungen zeigen. Das bedeutet, dass die Politiker untereinander verhandeln müssen, wie sie das Land regieren möchten. Sie müssen sich in manchen Punkten auf Kompromisse einigen. Am Ende steht dann ein Koalitionsvertrag. Dort steht alles drin, was die Parteien in ihren vier Jahren machen wollen.
Das erste Bild von Verhandlungen hat in den sozialen Netzwerken bereits für Spott und Häme gesorgt. Es zeigt einen Tisch, an dem sechs Menschen sitzen. Es sind Politiker der CSU und CDU. Keine einzige Frau ist dabei.
Bis Ostern soll die neue Regierung stehen, das ist derzeit das Versprechen. Sobald die Regierung steht, wird eine neue Bundeskanzlerin oder ein neuer Bundeskanzler gewählt. Das ist die wichtigste Person in der deutschen Politik. In der Geschichte Deutschlands gab es bisher nur eine Frau als Kanzlerin: Angela Merkel. Sie regierte von 2005 bis 2021. Der nächste Kanzler Deutschlands ist sehr sicher Friedrich Merz von der CDU. Er war drei Tage nach der Wahl bereits bei einem Besuch in Frankreich und schüttelte dort Emmanuel Macron die Hand.
Für mich war diese Wahl übrigens auch etwas Besonders: Ich hatte mich zum ersten Mal als Wahlhelferin gemeldet. Denn es braucht Hunderttausende von Freiwilligen, die bei der Wahl helfen. Wir haben den ganzen Sonntag von 8 bis 18 Uhr dafür gesorgt, dass alle Menschen geheim und sicher ihre Kreuzchen machen konnten. Nach 18 Uhr haben wir die Stimmzettel ausgezählt und das Ergebnis in unserem Wahlkreis ermittelt. Das war eine sehr interessante Erfahrung.
Und was sage ich zum Wahlergebnis? Ich bin kein konservativer Mensch, daher bin ich enttäuscht. Ich hätte mir mehr Mut zu Veränderungen gewünscht und ich finde, wir müssen dringend etwas gegen die Klimakrise unternehmen. Das ist allerdings ein Thema, das die Konservativen leider kaum interessiert.
Ich finde es auch schlimm, dass die AfD so viele Stimmen bekommen hat. Ich kann nicht verstehen, wie man eine Partei wählen kann, die nur für Reiche Vorteile bieten möchte und für viele Probleme keinerlei Lösungsvorschläge hat. Sie verbreitet Hass und Hetze, spaltet unser Land und stört damit den inneren Frieden. Bei Debatten im Bundestag stört sie, indem sie ständig Zwischenrufe macht. Eine sachliche Diskussion ist so kaum möglich. Die menschengemachte und von der Wissenschaft bestätigte Klimakrise leugnet sie. Und sie schiebt die Schuld für alle Probleme auf Menschen aus dem Ausland. Aber genau ohne diese Menschen wird unser Land nicht gut weiterleben können – denn Krankenhäuser sind zum Beispiel angewiesen auf ausländische Fachkräfte. Und auch die Rente wird zu einem beträchtlichen Teil von Menschen mit Migrationshintergrund finanziert.
Wir werden sehen, was all das mit Deutschland macht.
Text der Episode als PDF:
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von Annik Rubens | 9. Juli 2024 | Aktuelles & Politik, SG Podcast-Episode
Hast du schon einmal den Begriff Einbürgerung gehört? Durch die Einbürgerung wird ein Mensch zum Staatsbürger eines Landes. Ich erkläre dir heute einmal, wie das in Deutschland abläuft. Wie man also zum deutschen Staatsbürger wird. Als deutscher Staatsbürger oder deutsche Staatsbürgerin hat man die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen auch. Seit dem 27. Juni 2024 gibt es ein neues Einbürgerungsgesetz.
Um die deutsche Staatsangehörigkeit zu bekommen, muss man einige Anforderungen erfüllen. Das ganze ist ein relativ komplizierter, bürokratischer Prozess. Zunächst einmal musst Du eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder ein Aufenthaltsrecht als EU-Bürger haben. Das bedeutet, dass du die Erlaubnis hast, dauerhaft in Deutschland zu leben. Diese unbefristete Aufenthaltserlaubnis bekommst du zum Beispiel, wenn du seit mindestens fünf Jahren hier sein darfst, wenn du arbeitest und Geld verdienst, gut Deutsch sprichst, eine Wohnung hast und noch einiges mehr.
Für die deutsche Staatsangehörigkeit musst du ähnliche Voraussetzungen erfüllen. Du musst in der Regel seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben – früher waren es sogar acht Jahre. Deine Deutschkenntnisse müssen ausreichen, aber deswegen bist du ja hier bei Slow German, oder? Für die deutsche Staatsangehörigkeit musst du außerdem deinen eigenen Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe bestreiten. Das heißt du musst genug Geld verdienen, damit der Staat dir nicht helfen muss. Du darfst auch keine schweren Straftaten begangen haben, also keinen sogenannten Eintrag im Strafregister haben.
Jetzt sind wir bei einem sehr wichtigen Punkt, der immer wieder diskutiert wird in der deutschen Gesellschaft, und zwar die Verfassungstreue. Du musst also die „freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland“ anerkennen. Da geht es also um die Werte, nach denen wir in der deutschen Gesellschaft leben.
So funktioniert der Einbürgerungstest
Wenn du jetzt bei all diesen Punkten einen Haken machen konntest, dann gibt es noch eine Hürde, und zwar den Einbürgerungstest. Und der ist gar nicht so einfach. Ich glaube sogar, dass viele Deutsche diesen Test nicht bestehen würden. Denn da werden Fragen zu Geschichte, Kultur und Rechtsordnung des Landes gestellt. Ein paar Beispiele der 310 Fragen aus dem bayerischen Test:
Was ist mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar?
- die Prügelstrafe
- die Folter
- die Todesstrafe
- die Geldstrafe
Na, weißt du die Antwort? Es ist natürlich die Geldstrafe, alles andere gibt es in Deutschland nicht.
Noch eine Frage: Was für eine Staatsform hat Deutschland?
- Monarchie
- Diktatur
- Republik
- Fürstentum
Aber keine Angst, es sind nicht alle Fragen so einfach. Bei manchen musste ich auch erstmal überlegen. Probier es doch selber aus, den Link stelle ich auf slowgerman.com:
https://www.bamf.de/SharedDocs/Links/DE/O/oet-bamf-interaktiv_einbuergerungstest_fragenkatalog.html?nn=282388
Ach ja, und Republik war natürlich die richtige Antwort.
Zusammengefasst kann man also sagen: Wer bereits in Deutschland gut integriert ist, Geld verdient, eine Wohnung hat, die Sprache beherrscht und ausreichend Wissen über das Land hat, der kann sich einbürgern lassen. Für alle anderen wird es schwierig. Und Angst vor Bürokratie darf man auch nicht haben – aber Bürokratie gehört in Deutschland nunmal zum Leben dazu.
Und wie viele Leute betrifft das alles? 2022 wurden rund 168.500 Menschen in Deutschland eingebürgert, der höchste Wert seit 2002. In den Vorjahren lag die Zahl der Einbürgerungen meist relativ stabil bei etwa 100.000 pro Jahr. Mit etwa 48.000 Einbürgerungen stellten Syrer 2022 den größten Anteil unter den Eingebürgerten.
Am 19. Januar 2024 hat der Bundestag das „Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG)“ beschlossen. Das Gesetz wurde am 26. März 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und trat am 27. Juni 2024 in Kraft. Mit diesem Gesetz treten umfangreiche Änderungen im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) in Kraft. Es soll viele Erleichterungen bei der Einbürgerung bringen.
Neu ist jetzt, dass man sich auch zur historischen Verantwortung Deutschlands bekennen muss, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens. Auch die Sprachhürde ist etwas gesenkt worden, zum Beispiel für ehemalige Gastarbeiter, die schon sehr lange in Deutschland leben.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg276kurz.pdf
von Annik Rubens | 25. Juni 2024 | Aktuelles & Politik, SG Podcast-Episode
Heute erzähle ich Dir etwas über Warnstreiks.
In Deutschland gab es in den vergangenen Monaten viele Streiks. Ein Streik ist, wenn Arbeitnehmer nicht zur Arbeit gehen, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Sie machen das, um die Arbeitgeber dazu zu bringen, auf ihre Forderungen einzugehen.
Eine Art von Streik nennt man Warnstreik. Ein Warnstreik dauert normalerweise nur ein paar Stunden oder einen Tag. Es ist wie eine Warnung: „Hey, wir sind nicht glücklich, aber wir wollen nicht für immer streiken. Aber wenn sich nichts ändert, könnten wir das tun!“
Für Aufmerksamkeit sorgten zuletzt vor allem die Warnstreiks bei der Deutschen Bahn. Worum ging es? Die Deutsche Bahn stand auf der einen Seite, die Lokführergewerkschaft auf der anderen Seite dieser Verhandlungen. Zu einem Warnstreik kommt es so: Erst gibt es Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Das sind sogenannte Tarifverhandlungen. In diesem Tarif wird festgelegt, wie die Arbeit ablaufen soll. Wie viele Stunden beispielsweise pro Woche gearbeitet werden müssen und zu welchem Lohn. Jetzt kann es aber passieren, dass zum Beispiel der Arbeitgeber sagt: Nein, Ihr verlangt zu viel. Die Verhandlungen scheitern. Dann kann die andere Seite zu einem Warnstreik aufrufen. Das alles ist durch das deutsche Grundgesetz, also unsere Verfassung, gesichert. Der Streik ist also ein Grundrecht.
Aber wie hat das angefangen? Die Geschichte der Streiks in Deutschland geht weit zurück. Schon im 19. Jahrhundert begannen Arbeiter, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Damals waren die Bedingungen oft sehr schlecht. Die Arbeitnehmer arbeiteten lange Stunden für wenig Geld und hatten kaum Rechte. Im Laufe der Zeit haben sich die Arbeitsbedingungen verbessert, zum Teil wegen der Streiks. Heute gibt es viele Gesetze, die die Rechte der Arbeitnehmer schützen.
Die Streiks bei der Bahn haben jedenfalls viele Leute verärgert. Teilweise fuhren die Züge zwei Tage lang nicht, es kam mehrmals im Jahr zu vielen Ausfällen. Eine Reise mit der Bahn zu planen, wurde schwierig, denn so richtig zuverlässig war das Verkehrsmittel durch die Streiks nicht mehr.
Natürlich ist es verständlich, dass Bahnreisende genervt sind. Es ist aber trotzdem wichtig zu verstehen, dass Streiks in einer Demokratie wichtig sind. Sie können dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Rechte der Arbeitnehmer zu stärken.
Du willst sicher wissen, wie der Tarifstreit zwischen der Bahn und den Lokführern ausgegangen ist. Am Ende waren nämlich beide Seiten zufrieden. Die Lokführer bekommen einen sogenannten Inflationsausgleich von 2850 Euro. Dann wird ihr Lohn um insgesamt 420 Euro pro Monat erhöht. Und sie müssen in Zukunft weniger Stunden arbeiten, und zwar 35 statt 38. Das alles wird in einzelnen Schritten ausgeführt, also nicht alles auf einmal, aber nach und nach. Interessant finde ich, dass niemand zu der niedrigeren Arbeitszeit gezwungen wird. Wer möchte, kann bis zu 40 Stunden arbeiten und bekommt dann auch mehr Lohn. Jetzt ist also erstmal wieder Ruhe, es gibt keine weiteren Warnstreiks. Der Tarifvertrag läuft bis Ende 2025. Aber: es gibt auch eine andere Gewerkschaft, die in einem Jahr wieder verhandeln wird – mal sehen, wie es dann aussieht…
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg275kurz.pdf
von Annik Rubens | 28. Mai 2024 | Aktuelles & Politik, SG Podcast-Episode
Bald ist wieder Europawahl, genauer gesagt vom 6. bis 9. Juni 2024. Hier in Deutschland wählen wir am 9. Juni. Bei uns ist immer am Sonntag Wahltag. Es ist die zehnte Direktwahl zum Europäischen Parlament und es werden 720 Abgeordnete gewählt. In mittlerweile 27 Ländern wird diesmal gewählt.
Die Europawahl ist wichtig. Wir Europäer wählen dabei unsere Vertreter im Europäischen Parlament und können damit die Zukunft von Europa mitgestalten. Die Europawahl gibt es schon seit 1979. Sie findet alle fünf Jahre statt.
Im Europäischen Parlament haben sich verschiedene Parteien der Länder zusammengeschlossen, die sich politisch nahestehen. Die Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten die Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Sie arbeiten daran, Lösungen für wichtige Probleme zu finden, die Europa betreffen. Eine Umfrage hat gezeigt, dass die wichtigsten Themen derzeit der Kampf gegen die Armut, die Schaffung von Arbeitsplätzen, das Gesundheitswesen und die Verteidigung und Sicherheit sind.
In Deutschland gibt es 35 Parteien, die bei der Europawahl antreten. Manche davon kennen wir aus der deutschen Regierung, natürlich treten SPD, FDP und Die Grünen an. Aber auch die „Letzte Generation“ hat sich registriert, ebenso wie Parteien mit den Namen „Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung“, „Partei der Vernunft“ oder „Partei des Fortschritts“. Jede Partei hat ihre eigenen Ideen und Programme für die Zukunft Europas. Die Bürger haben die Möglichkeit, die Partei zu wählen, die ihren Ansichten und Überzeugungen am nächsten kommt.
In Deutschland wählen wir aber nicht nur eine bestimmte Partei, sondern auch die Spitzenkandidaten, die die Partei im Europäischen Parlament vertreten sollen. Das bedeutet, dass wir alle die Möglichkeit haben, gezielt die Politiker und Politikerinnen zu wählen, denen wir vertrauen und die unsere Interessen am besten vertreten können. 96 deutsche Europaabgeordnete gibt es, und jeder Wähler und jede Wählerin hat eine Stimme. Gewählt wird nach dem sogenannten Verhältniswahlrecht. Das ist ganz einfach: Je mehr Stimmen eine Partei bekommt, desto mehr Abgeordnete schickt sie ins Europäische Parlament.
In manchen Ländern gibt es eine sogenannte Sperrklausel. Das heißt, dass zum Beispiel Wahlvorschläge, die weniger als 5 Prozent der Stimmen aus einem Land bekommen, nicht berücksichtigt werden. Man musste also mehr als 5 Prozent der Stimmen bekommen, um überhaupt ins Parlament einziehen zu dürfen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Sperrklausel aber für verfassungswidrig erklärt. Deswegen gibt es in Deutschland keine Beschränkung mehr.
Neu ist übrigens, dass zum ersten Mal auch Menschen unter 18 Jahren wählen dürfen – das Wahlalter wurde 2023 von 18 auf 16 Jahre gesenkt. Es gibt in Deutschland keine Wahlpflicht – zu wählen ist eine freiwillige Sache. Aber sie ist wichtig für unsere Demokratie. Wählen dürfen alle Menschen, die eine EU-Staatsbürgerschaft haben und in Deutschland wohnen. Ich kann zum Wählen entweder die Briefwahl nutzen, wenn ich am Wahltag zum Beispiel im Urlaub bin oder arbeiten muss. Oder ich gehe in das nächste Wahllokal. Dazu bekomme ich meine Unterlagen automatisch per Post und muss diese dann dort vorzeigen.
Die Ergebnisse der Europawahl haben Auswirkungen auf die Politik in der Europäischen Union und können die Richtung beeinflussen, in die sich Europa entwickelt. Es ist daher wichtig, dass wir alle uns informieren und eine informierte Entscheidung treffen. Leider ist zu erwarten, dass rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien bei den Europawahlen viele Stimmen gewinnen werden. Sorgen wir dafür, dass es nicht so ist!
Wenn du übrigens selber mal sehen willst, welche Partei am Besten zu Dir passt, dann teste mal den Wahl-O-Mat. Den gibt es zu jeder wichtigen Wahl in Deutschland. Hier werden Fragen zu verschiedenen Themen gestellt und dann online mit den Wahlprogrammen der Parteien verglichen. Probier es aus! wahl-o-mat.de.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg273kurz.pdf
von Annik Rubens | 25. Oktober 2022 | Aktuelles & Politik, SG Podcast-Episode
Ich habe eine lange Pause gemacht mit dem Podcast – das passiert. Slow German gibt es seit 2007, und manchmal habe ich einfach keine Zeit oder keine Lust auf dieses kleine Projekt. Umso mehr freue ich mich aber, dass Du dabei geblieben bist und mir weiter zuhörst und mich unterstützt!
Heute wollte ich Dir einfach mal erzählen, welche Themen in Deutschland gerade wichtig sind. Ich würde sagen das wichtigste Thema ist gerade die Energieversorgung. Durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat Deutschland ein großes Problem. Denn bislang hat Deutschland viel Erdgas aus Russland bekommen. Dieses Gas kam durch eine Pipeline namens Nord Stream 1 direkt durch die Ostsee. Jetzt aber nicht mehr. Also muss Deutschland sein Gas aus anderen Ländern beziehen – und sparen. Wir wurden also alle aufgefordert, Gas zu sparen, zum Beispiel indem wir weniger heizen. Durch die Knappheit wird auch erwartet, dass wir für Gas mehr zahlen müssen. Wieviel mehr, weiß niemand. Aber vielen Menschen macht das Angst.
Durch diese Energiekrise wird viel auf die Politik geschimpft. Wer ist schuld daran, dass Deutschland so abhängig von russischem Gas ist? Warum gibt es keine guten Alternativen? Warum haben wir Windkraft und Sonnenenergie nicht weiter ausgebaut in den vergangenen Jahren? Und dann ist da noch die Diskussion darüber, ob wir die Atomkraftwerke länger betreiben sollen. Eigentlich hat Deutschland den Ausstieg aus der Kernenergie längst beschlossen – aber nun brauchen wir sie wohl wieder. Also hat Bundeskanzler Scholz nun verkündet, dass drei Kernkraftwerke noch bis April weiterlaufen dürfen.
Der Ukraine-Krieg und die Pandemie haben auch dafür gesorgt, dass viele Dinge teurer geworden sind oder dass man viele Dinge gar nicht mehr im Geschäft kaufen kann. Es gibt Lieferengpässe und leere Regale. Zum Beispiel gibt es in manchen Supermärkten kein Katzenfutter zu kaufen. Während das in manchen anderen Ländern normal ist, ist es für uns in Deutschland sehr neu und dadurch macht es uns Angst. Wir sind es gewohnt, dass wir im Supermarkt alles kaufen können. Immer. Die Regale sind normalerweise immer voll. Wir sind sehr verwöhnt.
Die Menschen in Deutschland denken also derzeit an den kommenden Winter. An die kalten Temperaturen. Daran, ob sie es sich noch leisten können, die Wohnung zu heizen. Dadurch sind andere Themen in den Hintergrund gerückt. Zum Beispiel die Frage, wie es den ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland geht. Eine Million Menschen sind seit Februar im Zusammenhang mit dem Krieg nach Deutschland gekommen. Sie dürfen in der ganzen EU arbeiten, ihre Kinder in die Schule schicken, haben ein Recht auf Unterkunft und Sozialleistungen.
Und was ist mit Corona? Ich habe den Eindruck, die meisten Menschen sind nur noch genervt von der Pandemie. In München tragen wir in den Bussen und S-Bahnen immer noch Masken. Im Alltag sieht man nur noch wenige Menschen mit Maske, weder beim Einkaufen noch bei Konzerten oder anderen Veranstaltungen. Dennoch gab es großen Ärger, weil in München trotz hoher Inzidenzen das Oktoberfest erlaubt wurde. 17 Tage dauerte das Fest dieses Jahr. In den vergangenen zwei Jahren wurde es wegen der Pandemie abgesagt. Diesmal kamen 5,7 Millionen Menschen auf das größte Volksfest der Welt. Und seitdem sind sehr viele Menschen an Corona erkrankt.
Zum Schluss noch ein paar kleine aber wichtige Neuigkeiten. Der Mindestlohn ist seit Oktober auf 12 Euro pro Stunde erhöht worden. Das ist doch eine gute Nachricht, oder? Und im nächsten Jahr kommt das Bürgergeld, also ein Grundeinkommen für arbeitssuchende und bedürftige Menschen. Und: Im Sommer gab es drei Monate lang das 9-Euro-Ticket. Mit dem konnte man sehr billig regional mit dem Zug fahren. Das war gut für die Umwelt und gut für die Menschen. Jetzt wird es das 49-Euro-Ticket geben. Dann können wir für 49 Euro im Monat deutschlandweit mit der Regional-Bahn fahren. So wirklich billig ist das leider nicht, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg249kurz.pdf
von Annik Rubens | 8. Dezember 2021 | Aktuelles & Politik, SG Podcast-Episode
Deutschland hat einen neuen Kanzler. Er heißt Olaf Scholz. Ich erzähle Dir heute, wer das ist.
16 Jahre lang war Angela Merkel unsere Kanzlerin. Jetzt hat sich das geändert. Denn im September wurde gewählt. Drei Parteien konnten die Mehrheit der Stimmen für sich gewinnen und haben sich zusammengetan, und wir haben jetzt eine Koalition aus SPD, FDP und den Grünen. Da die Farben dieser Parteien rot, gelb und grün sind, wird die Koalition „Ampel“ genannt. Einige Monate hat es gedauert, bis sich diese drei Parteien auf gemeinsame Ziele einigen konnten. Das nennt man Koalitionsvertrag. Und dann galt es eine neue Regierung zu bilden. Das sind also die Minister und der Kanzler. Es gibt jetzt 7 neue Ministerinnen und 7 Minister. Und einen neuen Kanzler, Olaf Scholz von der SPD.
Am Mittwoch, 8. Dezember 2021, wurde er zum neuen Kanzler. Wie geht das? Im Bundestag steht der Punkt „Wahl des Bundeskanzlers“ an diesem Tag auf der Tagesordnung. Das heißt, dass die im September neu gewählten Abgeordneten des Bundestages wählen dürfen. Bekommt Olaf Scholz mindestens 369 Stimmen, ist er im ersten Durchgang gewählt. Die Koalition hat momentan 416 Stimmen. Diskutiert wird über diese Sache nicht – jede und jeder Abgeordnete darf geheim seine Stimme abgeben. Bei Merkel dauerte das ungefähr eine Stunde. Wenn alle gewählt haben, verkündet die Bundestagspräsidentin das Ergebnis. Dann wird Olaf Scholz gefragt, ob er die Wahl annimmt. Danach geht er auf eine kleine Reise: Er muss ins Berliner Schloss Bellevue fahren, wo der Bundespräsident auf ihn wartet. Der muss ihn nämlich noch offiziell ernennen. Dann muss Scholz wieder zurück in den Bundestag, um dort vereidigt zu werden. Und dann muss er wieder ins Schloss Bellevue, denn dort wird der Bundespräsident noch die neuen Bundesministerinnen und Bundesminister ernennen. Dann geht es wieder in den Bundestag, wo diese vereidigt werden. Am Nachmittag übergibt dann Angela Merkel offiziell ihr Amt an Olaf Scholz. Ein langer Tag, oder?
Olaf Scholz ist kein Unbekannter in Deutschland. Er war seit 2018 Vizekanzler, also der Stellvertreter der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und er war Finanzminister. Was noch? Er war früher Bundesminister für Arbeit und Soziales und auch mal Erster Bürgermeister von Hamburg. Schauen wir uns diesen Mann genauer an.
Olaf Scholz wurde 1958 in Osnabrück, also in Niedersachsen, geboren. Er studierte Jura und wurde Rechtsanwalt. Schon 1975, da ging er noch zur Schule, wurde er politisch aktiv. Und zwar gleich bei der SPD. Er begeisterte sich so sehr für die Politik, dass er verschiedene Ämter hatte. Zum Beispiel wurde er Vorsitzender eines SPD-Kreisverbandes und später auch Vorsitzender der SPD Hamburg. Von der regionalen Politikarbeit ging es dann nach oben: Er wurde 2002 Generalsekretär der SPD. Und dann war er eben Vizekanzler, als die CDU/CSU mit der SPD eine große Koalition bildeten. Privat ist er verheiratet und kinderlos.
Angela Merkel gab eines Tages bekannt, dass sie nicht noch einmal als Kanzlerin zur Verfügung stehen würde. Das Rennen war eröffnet. Alle Parteien überlegten, welche Kandidatinnen und Kandidaten sie in den Wahlkampf schicken würden. Wer also die größten Chancen hatte, das Amt zu übernehmen. Die SPD entschied sich für Olaf Scholz. Für die Grünen ging Annalena Baerbock in den Wahlkampf und für die CDU/CSU Armin Laschet. Diese drei Menschen sah man also diesen Sommer sehr oft im Fernsehen bei Debatten.
Was ist nun Olaf Scholz für ein Mensch? Nun, ich kann das natürlich nicht beurteilen, ich kenne ihn nicht persönlich. Er wirkt sehr sachlich und nüchtern auf mich. Er ist niemand, der poltert oder ausflippt, niemand der emotional wird. Er bleibt sachlich und ruhig und lässt sich nur schwer provozieren. Das hat ihm auch den Namen „Scholzomat“ eingebracht. In der SPD gilt er eher als konservativ. Dennoch macht er sich für Klimapolitik stark, was ich enorm wichtig finde.
Kritik gab es in der Vergangenheit vor allem in zwei Punkten. Zum einen ging es darum, wie er den G20-Gipfel 2017 in seiner Stadt Hamburg begleitete. Damals kam es vor Ort zu Ausschreitungen, also zu Kämpfen zwischen Demonstranten und der Polizei. Es gab Ermittlungsverfahren gegen Polizisten. Der Vorwurf: sie seien zu brutal gegen die Demonstranten vorgegangen.
Der zweite Kritikpunkt betrifft eine komplizierte Sache, und zwar die Cum-Ex-Geschäfte einer Bank. Das zu erklären ist hier zu schwierig. Letzten Endes geht es um illegale Finanzgeschäfte einer Bank. Das Hamburger Finanzamt hätte Steuern von dieser Bank zurückbekommen können – hat dieses Geld aber nie bekommen. Welche Rolle Scholz in dieser Sache genau gespielt hat, kann ich nicht beurteilen.
Was bedeutet der neue Kanzler nun für Deutschland? Ich bin gespannt. Mir gefällt die neue Regierung. Es sind viele junge Ministerinnen und Minister – und die Hälfte von ihnen sind Frauen. Das wirkt also alles sehr gut auf mich. Ob sie nun alle ihre Arbeit gut machen oder nicht, das ist die Frage. Ich freue mich jedenfalls, dass ein ruhiger, sachlicher Mann das Ruder übernimmt. Vom Temperament her ist er also keine große Veränderung zu Angela Merkel. Seine Amtszeit wird schwer werden, denn die Pandemie ist noch nicht vorbei und Deutschland geht es nicht gut. Ich wünsche ihm und seiner Regierung jedenfalls gutes Gelingen. Und ich hoffe, dass die Opposition, also die Parteien die nicht in der Regierung sind, sachlich bleibt und mithilft. Wir werden sehen.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg244kurz.pdf