Der Marshallplan hilft Deutschland – SG #228

Der Marshallplan hilft Deutschland – SG #228

Hast Du schonmal etwas von dem amerikanischen Außenminister George C. Marshall gehört? Er hatte das Amt von 1947 bis 1949 inne. 1953 bekam er den Friedensnobelpreis für ein Programm, das für immer mit seinem Namen verbunden bleibt: Marshallplan.

Der Marshallplan hieß eigentlich European Recovery Program. Dabei handelte es sich um ein Wirtschaftsförderungsprogramm der USA. Europa sollte nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut werden. Viele Städte waren damals vollkommen zerstört, es gab keinen Wohnraum für die Menschen, keine Lebensmittel. Dazu mussten die vielen Flüchtlinge aus den ehemals deutschen Gebieten versorgt werden. Den Winter 1946/47 nennt man den „Hungerwinter“. Auch anderen europäischen Ländern ging es schlecht. Der Kalte Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion begann – und in den USA wuchs die Angst vor Kommunisten.

Die Vereinigten Staaten hatten Angst, dass die Sowjetunion ihren Einfluss ausbauen könnte. Also wollte man Deutschland, Österreich und andere Länder wirtschaftlich wieder stärker machen. Man musste aber vorsichtig sein, denn immerhin war gerade ein großer Krieg zu Ende gegangen und Deutschland musste noch Entschädigungen zahlen, zum Beispiel an Frankreich.

Zwei Jahre nach Kriegsende, am 5. Juni 1947, hielt Außenminister Marshall an der Harvard Universität eine Rede. Er schlug darin ein Hilfsprogramm für alle europäischen Staaten vor. Man wolle gegen „Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos“ kämpfen und dafür sorgen, dass Europa wieder stabil werde. Es sollte eine Hilfe zur Selbsthilfe werden. Die europäischen Länder sollten sich untereinander verständigen und ihren Beitrag leisten. Bald darauf gab es ein Treffen der Außenminister in Paris. Die Sowjetunion nahm nicht lange an der Konferenz teil – sie verkündete stattdessen den „Molotow-Plan“ für die Länder Mittel- und Osteuropas.

Am 22. September 1947 wurde der Vertrag dann nach langen Verhandlungen unterzeichnet. Ein halbes Jahr später wurde er in den USA verabschiedet und von Präsident Harry Truman in Kraft gesetzt. Es ging um Hilfen in Höhe von 13 Milliarden Dollar bis 1952. Umgerechnet wären das heute knapp 142 Milliarden Dollar. Vor allem ging es um Darlehen und Kredite und die Lieferung von Rohstoffen und Lebensmitteln. 9,3 Milliarden Dollar der insgesamt 13 Milliarden Dollar waren Subventionen. Diese Subventionen mussten nicht zurückgezahlt werden. Das jeweilige Land musste aber den Gegenwert dieser Subventionen in einen Sonderfonds einzahlen – so wurde der nationale Wiederaufbau finanziert.

Um die Wirtschaft zu koordinieren, gründeten 16 europäische Länder die OEEC, die später zur heute noch aktiven OECD wurde. West-Deutschland bekam von 1948 bis 1952 insgesamt 1,4 Milliarden Dollar. 24 Prozent des Geldes aus dem Marshall-Plan flossen nach Großbritannien, 20 Prozent nach Frankreich. Jeweils 10 Prozent nach West-Deutschland und Italien.

Warum war Amerika so großzügig zu Europa? Das hat verschiedene Gründe. Zum Beispiel, weil die USA natürlich ein großes Interesse daran hatten, in der Zukunft wieder mit Europa Geschäfte zu machen. Man wollte dorthin Waren exportieren und war am freien Handel interessiert.

Übrigens: Deutschland hatte durch diese Hilfen nie richtiges Bargeld zur freien Verfügung. 70 Prozent der Waren, die nach Deutschland gebracht wurden, waren Tabak und Baumwolle aus den USA. Ein Hintergedanke der USA am Marshallplan war also offenbar, der amerikanischen Landwirtschaft zu helfen.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg228kurz.pdf

True Crime: Das Verbrechen von Hinterkaifeck – SG #227

True Crime: Das Verbrechen von Hinterkaifeck – SG #227

Die Geschichte, die ich Dir heute erzählen möchte, ist wirklich so passiert. Heute nennt man das ja „True Crime“ – in der deutschen Sprache sagt man wörtlich übersetzt gerne „wahre Verbrechen“ dazu. Wenn du schwache Nerven hast oder wenn Kinder in der Nähe sind, solltest du diese Episode nicht anhören.

Wir bleiben hier in Bayern. Im Jahr 1922 steht in Hinterkaifeck ein Einödhof. Das ist ein Bauernhof, der nicht in einem Dorf steht, sondern alleine etwas außerhalb. Der nächste Nachbar ist weit entfernt. Es ist eine ländliche Gegend. Es leben nicht viele Menschen hier. Auf dem Einödhof selbst lebt das Ehepaar Gruber. Der Bauer Andreas Gruber ist 64 Jahre alt, seine Frau Cäzilia 72 Jahre alt. Ihre Tochter Viktoria Gabriel lebt auch hier, denn ihr Mann ist im Ersten Weltkrieg gestorben. Sie ist also mit 35 Jahren schon Witwe. Ihre beiden Kinder hat sie mitgebracht zu den Eltern. Ihr Sohn Josef ist zwei Jahre alt, ihre Tochter Cäzilia ist sieben Jahre alt. Es leben also drei Generationen auf dem Hof.

Dann geschehen plötzlich seltsame Dinge an diesem Ort. Es wird eine Münchner Zeitung gefunden, die es hier auf dem Dorf gar nicht zu kaufen gibt. Dann werden Spuren im Schnee entdeckt – sie führen zu dem Einödhof, aber nicht wieder weg. Es verschwindet ein Hausschlüssel. An einer Hütte wird das Schloss aufgebrochen und ein Rind losgebunden. Im Wald wird mehrmals ein Mann mit Bart gesehen, der den Hof beobachtet.

Aber das muss alles nichts bedeuten, oder? Im März kommt eine neue Magd auf den Hof. Eine Magd war damals eine weibliche Hilfskraft auf dem Bauernhof, eine männliche Hilfskraft nannte man Knecht. Maria Baumgartner ist 45 Jahre alt, als sie an einem Freitag auf den Einödhof kommt um dort zu arbeiten.

Am Sonntag darauf, also zwei Tage später, ist die Familie nicht in der Kirche. Das fällt auf, denn es ist üblich, am Sonntag zum Gottesdienst zu gehen. Am Montag kommt die siebenjährige Cäzilia nicht zur Schule. Der Postbote merkt, dass die Post vom Freitag noch im Briefkasten steckt. Was ist da los?

Letztlich werden zwei junge Männer losgeschickt, um nach der Familie zu sehen. Was sie finden, ist grausam: Alle Bewohner und Bewohnerinnen des Hofes sind tot. Sie wurden ermordet. Sogar die Kinder. Die Rekonstruktion des Verbrechens ergibt: Die junge Witwe war nachts in den Stall gegangen und dort erschlagen worden. Ihre Mutter wunderte sich, wo die Tochter blieb, und folgte ihr in den Stall – auch sie wurde ermordet. Danach folgten ihr Vater und ihre kleine Tochter. Der oder die Täter hörten aber nicht auf zu morden, sie gingen ins Haus und fanden dort die neue Magd und das Kleinkind – auch sie wurden getötet. Alle Leichen wurden mit der gleichen Waffe erschlagen und anschließend bedeckt, entweder mit Heu oder mit Bettzeug. Einige Tage lagen sie schon so, als sie gefunden wurden. Seltsam ist: Die Tiere auf dem Hof haben noch Futter, die Kühe wurden gemolken. Und auch im Backofen war noch etwas verbrannt worden. Der oder die Täter sind also nach dem Mord noch einige Zeit auf dem Hof geblieben.

Bald ist die Polizei verständigt und beginnt zu ermitteln. Die Leichen werden gleich vor Ort obduziert. Natürlich beginnt auch die Suche nach einem Motiv. War das Verbrechen ein Raubmord? Offenbar nicht, denn obwohl etwas Bargeld fehlt, und ein Zimmer durchsucht aussieht, sind Aktien und Wertpapiere noch da. Verdächtige werden vernommen – aber ohne Ergebnis. Im Zweiten Weltkrieg werden viele Akten zerstört – 1955 wird der Fall dann geschlossen. 16 Jahre später gibt es dann eine neue Spur, eine alte Frau beschuldigt ein Brüderpaar – doch bei der Vernehmung erweist sie sich als verwirrt.

Wer war der Täter? War es der Bürgermeister des Dorfes, der in Viktoria verliebt war? War es der Ehemann von Viktoria, den man für tot hielt, der es aber gar nicht war? Oder war es ein Korbmacher, der eine Affäre mit Viktoria hatte?

Auf dem Bauernhof wollte nach dem Mord niemand mehr wohnen. Es fand sich kein Käufer. Also wurde er abgerissen. Bei den Abriss-Arbeiten ein Jahr nach dem Mord fand man die Mordwaffe, sie war versteckt worden.

2007 machte sich eine Gruppe von Polizeischülern bei diesem Verbrechen noch einmal auf die Spurensuche. Sie wunderten sich über einige Fehler, die bei den Ermittlungen gemacht wurden. Fingerabdrücke wurden nicht genommen, obwohl das damals schon möglich war. Manche Verhöre fanden erst Jahre nach der Tat statt. Am Ende der Arbeit ist sich die Schülergruppe sicher, wer der Täter sein muss. Aber sie veröffentlicht den Namen nicht – um Nachkommen zu schützen. Und weil es keinen hundertprozentigen Beweis gibt.

Bis heute, fast 100 Jahre nach der Tat, ist der sechsfache Mord an einer ganzen Bauernfamilie in Bayern also ungeklärt. Es gibt Bücher und Filme, die sich mit dem Verbrechen beschäftigen – und auch einen sehr guten Podcast, er heißt „Dunkle Heimat“ von Antenne Bayern. Was wirklich geschah, werden wir wahrscheinlich nie erfahren.

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Wetter und Klima in Deutschland – SG #226

Wetter und Klima in Deutschland – SG #226

Angenommen, du triffst einen Menschen, den du noch nicht gut kennst. Dann redest du mit ihm natürlich nicht über deine privatesten Träume und Wünsche, sondern eher über allgemeine Themen. Sehr beliebt ist es, in dieser Situation über das Wetter zu sprechen.

Zunächst einmal gibt es natürlich die Temperatur. Findest du es sehr heiß heute, oder vielleicht auch sehr kalt? Die Hitze kann drückend sein, sie kann dich antriebslos werden lassen und müde. Klirrende Kälte kennen wir in Deutschland allerdings auch sehr gut. Du sagst also zu deinem Gegenüber zum Beispiel „Ganz schön heiß heute, oder?“ oder „Ganz schön kalt heute, oder?“ Zwei Worte, die dazu gehören sind „schwitzen“ und „frieren“. Du schwitzt, wenn dir heiß ist. Du frierst, wenn dir kalt ist.

Dann kommen wir zu Wolken und Sonne. Du kannst sagen: „Ein schöner Tag, die Sonne scheint!“ oder „Schönes Wetter heute, oder?“ Bei schlechtem Wetter und Wolken sagst du einfach: „Schade, es ist bewölkt“.

Und dann kommen wir zum Niederschlag, das ist also all das Wasser, das aus dem Himmel kommt. „Es regnet schon den ganzen Tag!“ kannst du dich beschweren. Oder „Heute morgen hat es sogar geschneit!“. Vielleicht ziehen auch dunkle Wolken auf. Dann sagst du „Ich fürchte ein Gewitter zieht auf.“ oder „Da braut sich was zusammen“. Das finde ich eine besonders schöne Redewendung. Etwas brauen sagt man eigentlich, wenn man Bier herstellt. Wenn sich etwas zusammenbraut dann ist das sozusagen die große Himmelsküche, in der die dunklen Wolken entstehen. Vielleicht sagst du dann auch „Ein Sturm zieht auf“. Ein Sturm ist ein gewaltiges Gemisch aus starkem Wind, oft Regen und auch Gewittern.

Beim Wetterbericht, der zum Beispiel jeden Abend im Fernsehen gezeigt wird und uns vorhersagt, wie das Wetter am nächsten Tag wird, gibt es noch einige andere Faktoren. Zum Beispiel geht es dann um die Luftfeuchtigkeit und den Luftdruck. Ich mag zum Beispiel gar nicht, wenn die Luftfeuchtigkeit in unserem Haus im Winter sinkt. Die Luft wird trocken, weil die Heizung ihr die Feuchtigkeit entzieht. Das tut mir gar nicht gut. Den Luftdruck kann ich mit einem Barometer messen. Auch die Windstärke wird mit speziellen Instrumenten gemessen.

Hier in Bayern haben wir übrigens noch ein ganz besonderes Wetter-Phänomen: Den Föhn. Das ist ein warmer Wind, der über die Alpen zu uns kommt. So haben wir manchmal sehr klare Sicht und warmes Wetter, obwohl es ein paar hundert Kilometer ganz anders aussieht.

Das Klima ist natürlich etwas anderes als das Wetter. Beim Wetter geht es um eine Momentaufnahme. Um das, was Sonne und Wolken gerade so machen. Beim Klima schauen wir uns die großen Entwicklungen an.

Deutschland liegt in der kühlgemäßigten Klimazone. Wir haben sowohl das maritime Klima aus Westeuropa, also den Einfluss des Meeres, als auch das kontinentale Klima aus Osteuropa. Aus dem Westen kommt oft milde Meeresluft vom Atlantik nach Deutschland. Ganz im Westen des Landes gibt es daher nicht so kalte Winter. Die tiefste bestätigte in Deutschland gemessene Temperatur waren -37,8 Grad in Bayern im Jahr 1929. Die höchste Temperatur 2019 in Niedersachsen mit 42,6 Grad. Ich kann hier in München, also in Bayern, sagen, dass wir im Sommer bis zu 30 Grad haben und im Winter bis minus 15. Kälter und wärmer wird es selten.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg226kurz.pdf

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – SG #225

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – SG #225

In Deutschland gibt es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es ist ein tolles System, wie ich finde – aber es wird momentan oft kritisiert. Daher erzähle ich dir heute davon.

Ich nehme dich erstmal wieder mit in die Vergangenheit. Wie so oft in der deutschen Geschichte geht es um den Zweiten Weltkrieg und um die Nazis. Der Krieg ist endlich vorbei und Deutschland ist in vier Teile aufgeteilt. Die Gewinner des Krieges werden die sogenannten „Besatzer“. Die Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und die USA sind jetzt in Deutschland. Es gibt viel zu tun, die alten Nazis müssen natürlich bestraft werden, aber es gibt noch eine Sache, die wichtig ist: Die Demokratisierung Deutschlands. Und dazu gehören auch die Medien. Während des Krieges hatten die Nationalsozialisten komplett alle Medien übernommen. Es gab nur noch Propaganda und keinen freien Journalismus mehr, denn dieser hätte ja das System kritisiert. Eine freie Presse ist aber wichtig für die Demokratie. Also musste so ein freies System aufgebaut werden.

Als Vorbild nahm man sich die britische BBC. Der britische Journalist Hugh Greene wurde der Leiter des neuen Radiosenders „Nordwestdeuscher Rundfunk“, der im September 1945 in Hamburg auf Sendung ging. Langsam wurden weitere Rundfunkanstalten aufgebaut, der Bayerische Rundfunk in Bayern, kurz BR genannt, der Hessische Rundfunk in Hessen, kurz HR genannt und noch einige weitere. 1950 schlossen sich sechs solche Rundfunkanstalten zur ARD zusammen, die es heute noch gibt. Und ab 1963 gab es dann noch das ZDF, das zweite deutsche Fernsehen.

Jetzt erstmal die Frage: Warum so viele Radiosender? Das ist ganz einfach zu beantworten: Damit es nicht wieder eine Gleichschaltung gibt. Wenn es also nur einen Radiosender für ganz Deutschland gibt dann ist die Gefahr groß, dass die Politik diesen wieder beeinflussen kann. So aber sind viele Sender unabhängig voneinander – und bleiben dadurch leichter unabhängig. Ihre Aufgabe ist es, die Menschen in Deutschland zu informieren. Mittlerweile machen sie aber viel mehr als das, sie unterhalten uns nämlich vor allem auch.

Diese Unabhängigkeit wurde auch extra als Auftrag festgeschrieben. Er muss staatsfern und unabhängig sein. Unabhängig übrigens auch von Firmen. Und damit das klappt, dürfen sie während der Woche bis 20 Uhr nur 20 Minuten Werbung ausstrahlen. Danach gibt es gar keine Werbung, außer eventuell Sponsoring.

Heute gibt es in Deutschland neun Landesrundfunkanstalten. An der Spitze jeder Landesrundfunkanstalt steht ein Intendant oder eine Intendantin, das ist also der Chef oder die Chefin. Diese Landesrundfunkanstalten betreiben 74 Radiosender und 21 Fernsehsender, darunter auch einen Kanal nur für Kinder. Die größten und bekanntesten Fernsehsender sind das ZDF und „Das Erste“, in dem beispielsweise auch die „Tagesschau“ läuft und der „Tatort“, der beliebte Fernsehkrimi. Die „Tagesschau“ ist die beliebteste Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen, und sie hat eines der größten Korrespondentennetzwerke der Welt mit 100 Funk- und Fernsehkorrespondenten also Reportern in 26 Ländern. Auch die Serie „Der Tatortreiniger“ kommt aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, genauer gesagt vom NDR.

Die meisten der Radiosender senden nur in einem Bundesland, sie sind also regional. Dazu gibt es noch den Deutschlandfunk für ganz Deutschland und die Deutsche Welle für die ganze Welt. Neben Fernsehen und Radio gibt es natürlich noch viele Angebote im Internet.

46.000 Menschen arbeiten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich arbeite auch dort, allerdings bin ich nicht fest angestellt, sondern eine sogenannte „feste Freie“. Ich bekomme also Urlaubsgeld und soziale Leistungen, kann aber jederzeit aufhören, dort zu arbeiten.

Zurück zum System. Bis hierhin klingt das alles ganz gut, oder? Jetzt kommen wir zum Geld, und das ist der Haupt-Kritikpunkt. Zum einen verdienen die Rundfunkanstalten natürlich durch Werbung ihr Geld – wobei das wie vorhin schon gesagt recht wenig ist. Zum anderen muss jeder Haushalt in Deutschland Rundfunkgebühren bezahlen, das sind derzeit 17,50 Euro im Monat. 2021 soll er auf 18,36 Euro steigen. Einigen Menschen ist das zu viel, vor allem weil sie behaupten, dass sie die öffentlich-rechtlichen Angebote nicht nutzen. Oft ist ihnen aber gar nicht klar, was alles dazugehört, beispielsweise eben auch YouTube-Videos oder Facebook-Kanäle. Auf slowgerman.com empfehle ich Dir ein paar Sendungen. Klar ist: Die älteren Menschen in Deutschland nutzen das normale Fernsehen viel öfter als die jüngeren. Denn da spielt das Internet eine wichtigere Rolle.

Wichtig ist: Durch die Art der Finanzierung wird auch wieder der Staat herausgehalten – er kann die Sender nicht beeinflussen, weil er ihnen kein Geld gibt. Das Geld kommt von uns Bürgerinnen und Bürgern.

Und es ist viel Geld: 9,1 Milliarden Euro pro Jahr. Natürlich braucht man das nicht nur, um Programm zu machen. Große Posten sind beispielsweise die Altersversorgung der Mitarbeiter und die Angestellten der Verwaltung. Dann gibt es noch viel Geld für die Technik auszugeben, denn so einen Sender zu haben ist nicht billig. Und es wird Geld ausgegeben für Sport-Lizenzen, um beispielsweise wichtige Fußballspiele zu übertragen. Es muss gespart werden, das merke ich auch bei meiner Arbeit. Es sollte mehr Geld ausgegeben werden für Information, weniger für Unterhaltung. Das ist meine persönliche Meinung. Aber das System an sich ist richtig und wichtig. Wir brauchen ein unabhängiges journalistisches Medium in Deutschland.

Vor allem rechtspopulistische Politiker:innen sind gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und das ist aus meiner Sicht auch verständlich. Denn die Journalist:innen kritisieren sie natürlich öffentlich. Es wäre viel einfacher, die Menschen zu beeinflussen, wenn es da keine Gegenstimmen aus dem Radio gäbe.

Zum Schluss noch ein wichtiger Punkt, der Rundfunkrat. Das ist ein Gremium, das die Arbeit der öffentlich-rechtlichen Sender überwachen muss. Im Rundfunkrat sitzen ganz unterschiedliche Menschen, zum Beispiel Vertreter:innen von politischen Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und Frauenverbänden. Das soll ein Querschnitt der Bevölkerung sein. Höchstens ein Drittel darf etwas mit dem Staat zu tun haben, das hat das Bundesverfassungsgericht 2014 beschlossen.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg225kurz.pdf

Gut erklärt wird das System in diesem Video:
https://www.youtube.com/watch?v=_hcvUfc2Lww

Das hier ist mein Lieblingskanal der öffentlich-rechtlichen Sender bei YouTube:
https://www.youtube.com/channel/UCyHDQ5C6z1NDmJ4g6SerW8g

Mehr Mai gibt’s hier:
https://www.youtube.com/c/Quarks

Beste Kindersendung (auch für Erwachsene):
https://www.wdrmaus.de/

Nachrichten in der Tagesschau:
https://www.tagesschau.de/

Der John Oliver aus Deutschland: Jan Böhmermann:
https://www.zdf.de/comedy/zdf-magazin-royale

Die ARD Mediathek:
https://www.ardmediathek.de/ard/

Babylon Berlin:
https://www.ardmediathek.de/ard/sendung/babylon-berlin-oder-staffel-1-3/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2JhYnlsb24tYmVybGlu/

Und hier wird das System nochmal erklärt:

Quellen:
https://sites.google.com/view/quellenoer/startseite

Das Zukunftsdorf Feldheim – SG #224

Das Zukunftsdorf Feldheim – SG #224

Manchmal muss man sich gute Nachrichten suchen, damit die Welt nicht ganz so schlimm aussieht. Das habe ich heute getan. Ich habe etwas über das Dorf Feldheim in Brandenburg gelesen. Dieses Dorf ist winzig, es hat nur 130 Einwohner. Aber es ist trotzdem etwas ganz besonders. Und das ist zwar heute nur eine sehr kurze Geschichte, aber ich möchte sie dir trotzdem erzählen.

Feldheim ist nämlich ein Dorf, das energieautark ist. Das bedeutet: Es versorgt sich selbst mit Strom und Wärme. Es braucht kein Erdöl, kein Erdgas, keinen Strom aus einem Atomkraftwerk oder so etwas – es benutzt vor allem erneuerbare Energien. Feldheim ist der einzige Ort in Deutschland, der das geschafft hat. Und so fing das alles an:

Kurz nach der Wende, also nach der Deutschen Wiedervereinigung von Ost und West vor mittlerweile 30 Jahren, kam ein Student in dieses Dorf. Sein Name war Michael Raschemann. Und der hatte die Idee, in Feldheim Windräder aufzustellen. Die Menschen im Dorf überlegten kurz und sagten dann: Ja, das können wir probieren. Und sie stellten vier Windräder auf.

Später entstand ein ganzer Windpark und heute hat das Dorf 60 Windräder. So kann Feldheim seinen eigenen Strom erzeugen. Es ist unabhängig von den großen Strom-Konzernen. Der Strom ist zudem absolut umweltfreundlich erzeugt. Und der Strom ist nur ungefähr halb so teuer wie „normaler“ Strom in Deutschland. Einen Stromausfall gab es übrigens noch nie.

Aber den Feldheimern war das noch nicht genug. Sie überlegten, wie sie ihre Häuser heizen können ohne Heizöl oder Erdgas zu verbrauchen. Also wurde 2009 aus einer Biogasanlage in der Nähe die Wärme durch Leitungen in den Ort verlegt. Jedes Haus bekommt seither die Wärme der Biogasanlage geliefert. In einer Biogasanlage werden Mais und Gülle zu Gas und damit dann auch zu Strom und Wärme umgewandelt.

Außerdem gibt es im Ort ein Holzhackschnitzel-Kraftwerk, in dem Reste aus der Holzverarbeitung verbrannt werden, um Energie zu erzeugen. Geplant ist auch eine Photovoltaikanlage, um die Sonnenenergie zu nutzen. Die bisherigen Energiequellen wurden zu einem Versorgungsnetz geknüpft – und eine Elektrotankstelle gibt es auch in Feldheim.

Mittlerweile ist Feldheim eine Touristenattraktion. 3000 Besucher kommen jedes Jahr aus der ganzen Welt hierher, um von den Feldheimern zu lernen. Und der Student von damals ist immer noch in Feldheim und hat heute eine große Firma, mit der er in der ganzen Welt Windkraftanlagen baut.

Noch eine schöne Geschichte zu Feldheim: Für jeden neu geborenen Bürger und jede Bürgerin pflanzt das Dorf einen Baum.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg224kurz.pdf