Heute erzähle ich Dir etwas über Warnstreiks.

In Deutschland gab es in den vergangenen Monaten viele Streiks. Ein Streik ist, wenn Arbeitnehmer nicht zur Arbeit gehen, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Sie machen das, um die Arbeitgeber dazu zu bringen, auf ihre Forderungen einzugehen.

Eine Art von Streik nennt man Warnstreik. Ein Warnstreik dauert normalerweise nur ein paar Stunden oder einen Tag. Es ist wie eine Warnung: „Hey, wir sind nicht glücklich, aber wir wollen nicht für immer streiken. Aber wenn sich nichts ändert, könnten wir das tun!“

Für Aufmerksamkeit sorgten zuletzt vor allem die Warnstreiks bei der Deutschen Bahn. Worum ging es? Die Deutsche Bahn stand auf der einen Seite, die Lokführergewerkschaft auf der anderen Seite dieser Verhandlungen. Zu einem Warnstreik kommt es so: Erst gibt es Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Das sind sogenannte Tarifverhandlungen. In diesem Tarif wird festgelegt, wie die Arbeit ablaufen soll. Wie viele Stunden beispielsweise pro Woche gearbeitet werden müssen und zu welchem Lohn. Jetzt kann es aber passieren, dass zum Beispiel der Arbeitgeber sagt: Nein, Ihr verlangt zu viel. Die Verhandlungen scheitern. Dann kann die andere Seite zu einem Warnstreik aufrufen. Das alles ist durch das deutsche Grundgesetz, also unsere Verfassung, gesichert. Der Streik ist also ein Grundrecht.

Aber wie hat das angefangen? Die Geschichte der Streiks in Deutschland geht weit zurück. Schon im 19. Jahrhundert begannen Arbeiter, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Damals waren die Bedingungen oft sehr schlecht. Die Arbeitnehmer arbeiteten lange Stunden für wenig Geld und hatten kaum Rechte. Im Laufe der Zeit haben sich die Arbeitsbedingungen verbessert, zum Teil wegen der Streiks. Heute gibt es viele Gesetze, die die Rechte der Arbeitnehmer schützen. 

Die Streiks bei der Bahn haben jedenfalls viele Leute verärgert. Teilweise fuhren die Züge zwei Tage lang nicht, es kam mehrmals im Jahr zu vielen Ausfällen. Eine Reise mit der Bahn zu planen, wurde schwierig, denn so richtig zuverlässig war das Verkehrsmittel durch die Streiks nicht mehr. 

Natürlich ist es verständlich, dass Bahnreisende genervt sind. Es ist aber trotzdem wichtig zu verstehen, dass Streiks in einer Demokratie wichtig sind. Sie können dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Rechte der Arbeitnehmer zu stärken. 

Du willst sicher wissen, wie der Tarifstreit zwischen der Bahn und den Lokführern ausgegangen ist. Am Ende waren nämlich beide Seiten zufrieden. Die Lokführer bekommen einen sogenannten Inflationsausgleich von 2850 Euro. Dann wird ihr Lohn um insgesamt 420 Euro pro Monat erhöht. Und sie müssen in Zukunft weniger Stunden arbeiten, und zwar 35 statt 38. Das alles wird in einzelnen Schritten ausgeführt, also nicht alles auf einmal, aber nach und nach. Interessant finde ich, dass niemand zu der niedrigeren Arbeitszeit gezwungen wird. Wer möchte, kann bis zu 40 Stunden arbeiten und bekommt dann auch mehr Lohn. Jetzt ist also erstmal wieder Ruhe, es gibt keine weiteren Warnstreiks. Der Tarifvertrag läuft bis Ende 2025. Aber: es gibt auch eine andere Gewerkschaft, die in einem Jahr wieder verhandeln wird – mal sehen, wie es dann aussieht…

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg275kurz.pdf