SG #187: Der Kindergarten

SG #187: Der Kindergarten

Dieses deutsche Wort kennst du, oder? Kindergarten. Wir verwenden es alle, aber ich habe erst jetzt darüber nachgedacht, was es eigentlich bedeutet. Sind die Kinder im Garten? Oder pflanzen wir dort Kinder an? Sehen wir Kindern beim Wachsen zu, so wie wir es mit Blumen im Garten tun? Den Begriff Kindergarten gibt es seit 1840. Damals hat ihn Friedrich Fröbel erfunden, er war ein deutscher Pädagoge und der Gründer des ersten Kindergartens.

Heute gibt es sehr viele Kindergärten und Kinderbetreuungs-Einrichtungen in Deutschland. Genauer gesagt über 55.000. Fast 94% der Kinder zwischen drei und fünf Jahren gehen in einen Kindergarten. Die jüngeren Kinder gehen in eine Krippe. Wenn in der Einrichtung Krippe und Kindergarten zusammengefasst sind, nennt man das KiTa, Kindertagesstätte. Aber dazu mehr in der Episode über Kinderbetreuung.

Im Kindergarten werden die Kinder von Erziehern betreut. Das heißt, dass dort nicht nur auf sie aufgepasst wird – der Kindergarten ist eine Bildungseinrichtung für kleine Kinder. Hier lernen sie zum Beispiel, was die Jahreszeiten bedeuten, wie man in einer Gruppe miteinander umgeht oder welche Feste es in unserer Kultur gibt.

Entstanden sind die Kindergärten aus einer großen Veränderung in der Geschichte. Zunächst lebten die meisten Deutschen als Bauern auf dem Land. Sie lebten in einer Großfamilie, also mit mehreren Generationen zusammen. Dann kam die industrielle Revolution. Auch Frauen arbeiteten oft in Fabriken, die Menschen zogen in die Städte. Um die Kinder kümmerte sich niemand mehr, viele von ihnen verwahrlosten. Daher gab es einige Pädagogen, die das verhindern wollten. Es entstanden immer mehr Einrichtungen, in denen man sich um die Kinder kümmerte.

Die Nazis fanden Kindergärten toll – denn hier konnte man die Kinder so heranziehen, wie man es im System brauchte. Starke, gehorsame Jungs, die gute Soldaten werden sollten, und brave Mädchen, die später fleißige Mütter sein sollten um für Nachwuchs zu sorgen. Nach dem Krieg wurde Deutschland geteilt – und auch die Kinderbetreuung veränderte sich in Ost und West. Im Westen versuchte man, die Kinder zu freien Persönlichkeiten zu erziehen. Im Osten war wichtig, dass die Kinder lernten, im sozialistischen System zu leben.

Heute gehen wie gesagt fast alle Kinder in Deutschland in den Kindergarten. Es gibt Kindergärten, die von der Stadt oder Gemeinde betrieben werden, also bezahlt werden. Es gibt Kindergärten, die von der evangelischen oder katholischen Kirche finanziert werden. Und es gibt so genannte Elterninitiativen – hier schließen sich Eltern zusammen, um die Betreuung ihrer Kinder zu gewährleisten. Es gibt Kindergärten, die sich nach den Ideen von Maria Montessori richten oder nach denen von Emmi Pikler oder Friedrich Fröbel. Es gibt auch Waldkindergärten – dort sind die Kinder nicht in einem Haus untergebracht, sondern meistens draußen in der Natur. Und es gibt natürlich auch Kindergärten, die von Firmen betrieben werden – und in denen die Kinder gleich eine Fremdsprache lernen oder Yoga.

Ganz unterschiedlich sind daher auch die Kosten für einen Kindergartenplatz: In manchen Gemeinden ist die Betreuung umsonst, in anderen und vor allem in privaten Kindergärten kann sie viele hundert Euro im Monat kosten.

Seit 2013 gibt es in Deutschland einen Rechtsanspruch auf einen Kindergarten- oder Krippenplatz vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung. Das heißt dass eigentlich alle Kinder betreut werden sollten, wenn die Eltern es wünschen. Vor allem in Großstädten funktioniert das leider nicht: es gibt zu wenig Räume und zu wenig Personal für neue Kindergärten.

Wer sein Kind in den Kindergarten bringen möchte, der muss also erst versuchen, einen Platz zu bekommen. Das ist in Großstädten oft damit verbunden, dass man wie für einen Job zu verschiedenen Bewerbungsgesprächen gehen muss. Hat man dann einen Platz bekommen, gibt es eine Zeit der Eingewöhnung. Hier begleitet ein Elternteil das Kind in den ersten Tagen oder Wochen – das wird in jedem Kindergarten anders gehandhabt.

Der Kindergarten ist eine gute Möglichkeit für Einzelkinder, das Sozialverhalten mit anderen Kindern zu üben. Außerdem ist der Kindergarten ebenfalls perfekt dafür geeignet, Kindern aus anderen Ländern die Sprache und Kultur beizubringen, bevor sie in die Schule kommen.

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg187kurz.pdf

SG #187: Der Kindergarten

SG #170: Kinderbetreuung in Deutschland

In Deutschland werden viele Kinder von klein auf von Erziehern betreut. Erzieher sind Menschen, die sich beruflich um Kinder kümmern. Sie haben gelernt, sie zu betreuen, sie zu fördern und sie zu unterstützen. Viele Kinder in Deutschland haben keine Geschwister oder nur einen Bruder oder eine Schwester. Daher ist es gut, wenn sie mit anderen Kindern in Berührung kommen. So lernen sie, wie wir Menschen miteinander umgehen.

Ganz kleine Kinder kann man in einer Krippe anmelden. Eine Krippe ist für Kinder unter drei Jahren gedacht. Meistens starten Kinder mit einem Jahr in der Krippe – manche aber auch schon mit drei Monaten. Wenn ein Baby neu in die Krippe kommt, gibt es eine Phase der Eingewöhnung. Die Mutter oder der Vater ist mit dabei. Jeden Tag. Erst nach und nach verlassen die Eltern den Raum für ein paar Minuten, später länger, bis sie ganz weggehen. Das ist für beide Seiten oft keine einfache Sache! Bei mir und meinem Sohn hat es vier Wochen gedauert. Aber dann hat es uns beiden wirklich gut getan.

Wer sein Kind nicht in eine Krippe geben möchte, kann sich auch eine Tagesmutter suchen. Das sind Frauen, die bis zu fünf Kinder bei sich zu Hause betreuen. Sie haben eine spezielle Ausbildung und werden auch kontrolliert.

Ab drei Jahren können Kinder dann in den Kindergarten gehen. Das letzte Jahr des Kindergartens nennt man Vorschule – hier werden die Kleinen schon auf die Schule vorbereitet. Es gibt auch Einrichtungen, die KiTa heißen. Kindertagesstätte. Hier werden Kinder von 0 bis 6 Jahren betreut.
Mit 6 Jahren beginnt die Schulpflicht – und die ersten Schuljahre sind noch sehr locker. Da gehen die Kinder pro Tag vier bis fünf Schulstunden in die Grundschule. Eine Schulstunde dauert 45 Minuten. Es kann also sein, dass das Kind um halb zwölf schon wieder fertig ist mit der Schule. Da ist es schwierig, wenn beide Eltern arbeiten! Also gibt es auch für Schulkinder eine Betreuung.

Mein Kind geht beispielsweise in ein Tagesheim. Diese Einrichtung ist direkt in der Schule untergebracht. Nach dem Unterricht essen die Kinder zusammen und spielen, und sie machen Hausaufgaben. Betreut werden sie von gelernten Erziehern. Die Kinder sind in einer Gruppe mit Gleichaltrigen untergebracht. Andere Kinder gehen in eine Mittagsbetreuung, auch hier wird gegessen und gespielt. Betreut werden sie dann aber meist von anderen Eltern oder von ungelernten Kräften.
Wieder andere Kinder gehen in einen Hort. Dort sind auch Erzieher für die Betreuung zuständig – aber die Kinder aller Altersstufen sind zusammen. Wichtig sind solche Einrichtungen auch für die Ferien. Denn deutsche Kinder haben 14 Wochen Ferien – so viel Urlaub hat kein Angestellter.

Mancherorts gibt es auch Ganztagsschulen, das ist aber in Deutschland noch nicht sehr verbreitet. Nur drei Bundesländer haben die Ganztagsschule eingeführt.
Eigentlich klingt das alles sehr gut, oder? Leider ist es nicht ganz so toll: In München zum Beispiel gibt es kaum Plätze in Kindergärten oder Horten. Es gibt zu wenige Plätze für zu viele Kinder. Wir haben 25 Absagen bekommen und sind schließlich aus der Innenstadt weggezogen, weil es keine Kinderbetreuung gab. Das ist ein großes Problem für viele Eltern.

Die Einrichtungen sind übrigens zum großen Teil städtisch, sie werden also von der Stadt bezahlt. Einen Teil zahlen die Eltern pro Monat, das ist vor allem Geld für das Essen. Für ein Kind sind es ungefähr 150-200 Euro pro Monat. Es gibt aber auch private Träger. Das sind Firmen, die sich auf Kinderbetreuung spezialisiert haben. Dort kann ein Platz auch 1300 Euro für ein Kind kosten! Es hat dann aber Yoga und Englisch…

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg170kurz.pdf

SG #131: Sankt Martin und der Laternenumzug

SG #131: Sankt Martin und der Laternenumzug

Der 11. November hat in Deutschland zwei Bedeutungen. Erstens fängt an diesem Tag der Fasching an, und zweitens ist es der Gedenktag für den Heiligen Sankt Martin. Das feiern vor allem Kindergartenkinder – aber dazu später mehr. Wer war Martin?
Martin war ein römischer Soldat. Er wurde im Jahr 316 geboren, und zwar im heutigen Ungarn. Er wuchs in Italien auf.

Martin war ein sehr hilfsbereiter Mensch. Eines Tages war er im Winter auf seinem Pferd unterwegs, als er einen Bettler traf. Der Bettler hungerte und fror. Martin schnitt kurzerhand seinen Mantel in zwei Stücke und reichte dem Bettler eine Hälfte, damit dieser sich wärmen konnte. In der nächsten Nacht träumte Martin. Im Traum war der Bettler Jesus Christus. Bald darauf ließ Martin sich taufen, verließ den Armeedienst und wurde Bischof.
Soweit zur Geschichte.

Aber wie feiern wir St. Martin heute? Ganz einfach: Die Kinder basteln in den Wochen vor dem 11. November Laternen. Sie rollen bunte Pappe zu einem Zylinder, schneiden Löcher hinein und kleben buntes Papier dahinter. Sie stellen kleine Kerzen in diese Laternen und hängen sie an einen Holzstab, der wie eine kleine Angel aussieht. Am 11. November dann gehen die Kinder gemeinsam zum Laternenumzug. Meistens reitet vorneweg ein als St. Martin verkleideter Mann auf einem weißen Pferd, einem Schimmel. Oder die Kinder spielen die Geschichte von St. Martin und dem Bettler selber nach. Dann werden Lieder gesungen: „Ich geh mit meiner Laterne, und meine Laterne mit mir. Da oben leuchten die Sterne, und unten leuchten wir.“ Oder: „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne, brenne auf mein Licht, brenne auf mein Licht, aber nur meine liebe Laterne nicht!“

Ihr dürft nicht vergessen, dass es im November in Deutschland meistens schon sehr kalt ist. Und es wird früh dunkel. Der Laternenumzug ist immer erst dann, wenn es richtig dunkel ist – damit man die Laternen auch schön sieht. Am Ende des Umzuges gibt es oft ein Martinsfeuer. Gegessen werden kleine Martinsgänse, die aus Teig gebacken sind. Oder Weckmänner, das sind Männer mit Pfeife, ebenfalls aus Teig gebacken (siehe Foto!).
Ich finde, es ist ein schöner Brauch. In unserem Kindergarten sind viele Kinder anderer Konfessionen, viele muslimische Kinder zum Beispiel. Und auch wenn das ein sehr deutscher und christlicher Brauch ist, finde ich ihn passend für alle. Denn was zeigt diese Geschichte den Kindern? Dass sie anderen helfen sollen, anstatt egoistisch zu sein. Und dass sie ihre Dinge mit anderen teilen sollen. Eine schöne Lehre, findet Ihr nicht?

Hier wird die Geschichte von Sankt Martin erzählt:

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg131kurz.pdf