von Annik Rubens | 29. Mai 2009 | Gesundheit & Soziales, SG Podcast-Episode
Courtenay aus Tennessee möchte gerne etwas über einen Arztbesuch in Deutschland erfahren. Ich habe Euch ja schon erzählt, dass man in der Regel zunächst einen Termin beim Arzt vereinbart. Die Koordination übernimmt die Sprechstundenhilfe. Das ist meistens eine Frau, die in der Arztpraxis am Telefon die Termine annimmt und einträgt. Sie hat noch weitere Aufgaben, die meisten davon sind Bürotätigkeiten. Dann nimmt man im Wartezimmer Platz und wartet, bis man an die Reihe kommt.
Der Arzt oder eine Arzthelferin kommen dann ins Wartezimmer und rufen entweder den Namen auf oder sagen „Der Nächste, bitte“. Der Arzt hat eine Karteikarte, auf der die Krankengeschichte des Patienten steht. Also zum Beispiel wie alt er ist, wieviel er wiegt, wie groß er ist, welche Krankheiten er bereits hatte, wann er zuletzt beim Arzt war oder welche Medikamente ihm verschrieben wurden.
Dann fragt der Arzt den Patienten, was ihm fehlt. Der Patient kann dann beschreiben, dass ihm zum Beispiel der Bauch weh tut. Oder dass er Halsschmerzen hat. Er kann berichten, dass er seit ein paar Tagen Fieber hat, Husten oder Schnupfen. Oder falls er sich verletzt hat kann er erklären, wie alles passiert ist – wenn er zum Beispiel vom Fahrrad gestürzt ist und sich dabei ein Bein gebrochen hat oder ähnliches.
Der Arzt stellt dabei weitere Fragen. Er fragt, wie lange die Schmerzen schon anhalten. Er fragt, ob die Schmerzen nur manchmal existieren oder immer da sind. Er fragt, ob es zum Beispiel in der Familie ähnliche Probleme gibt, ob man eventuell eine Krankheit geerbt hat. Und ob es Medikamente gibt, die man nicht verträgt oder gegen die man allergisch ist. Er versucht, aus den Symptomen eine Diagnose zu ziehen. Das bedeutet: Er setzt die verschiedenen Schmerzen zusammen und versucht herauszufinden, was die Ursache ist.
Der Arzt hat verschiedene Möglichkeiten, den Patienten zu untersuchen. Zunächst wird er oft den Patienten bitten, sich freizumachen. „Machen Sie sich bitte frei!“ bedeutet in diesem Fall: Die Kleidung ausziehen. Meistens aber nur an der Stelle, die Schmerzen bereitet, also zum Beispiel das T-Shirt ausziehen, damit der Arzt die Lunge abhören kann oder den Bauch abtasten. Oft wird er dann Maschinen benutzen, um den Patienten weiter zu untersuchen. Er kann zum Beispiel mit einem Ultraschallgerät arbeiten. Das passiert zum Beispiel bei Schwangeren. Dabei trägt er erst ein kühles Gel auf die entsprechende Stelle auf und fährt dann mit einem Ultraschallkopf darüber. Auf einem Monitor sieht er dann in den Bauch. Wenn man sich ein Bein gebrochen hat, dann muss man den Bruch röntgen, um genau zu sehen, was gebrochen ist. Mit einem Röntgengerät kann man Knochen abbilden.
Wenn der Arzt die Symptome richtig erkannt hat, kann er eine Diagnose stellen. Er kann dem Patienten dann sagen, an welcher Krankheit er leidet oder welche Ursache die Schmerzen haben.
Normalerweise bekommt man dann ein Rezept vom Arzt. Auf diesem Blatt Papier stehen Angaben für einen Apotheker. Dort bekommt man die Medizin, die der Arzt verschrieben hat. Oft bekommt man Antibiotika verschrieben, wenn man zum Beispiel eine Lungenentzündung hat. Wer sich dagegen ein Bein gebrochen hat, der bekommt wahrscheinlich einen Gips, damit wird der Bruch ruhig gestellt, damit er wieder heilen kann. Manche Patienten werden auch ins Krankenhaus eingewiesen, um dort weiterbehandelt oder operiert zu werden, wenn sie schwer krank sind.
Zum Arzt kann man aber auch gehen, wenn man gar nicht krank ist. Ich werde demnächst dorthin gehen, um meinen Impfschutz zu erneuern. Ich habe ein gelbes Heft, das ich bei meiner Geburt bekommen habe. Darin stehen alle Impfungen, die ich bis jetzt bekommen habe. Impfungen sind in der Regel Injektionen. Man bekommt also zum Beispiel eine Spritze, damit man in Zukunft keine Masern, Röteln oder Windpocken bekommen kann.
Man kann auch zu einem Check-Up gehen. Dann macht der Arzt verschiedene Tests. Er lässt einen zum Beispiel auf einem Hometrainer fahren. Ein Hometrainer ist bei uns ein Fahrrad, das in der Wohnung steht und stabil befestigt ist. Man kann damit nicht wirklich fahren, sondern nur in die Pedale treten. Während dieses Tests ist man an eine Maschine angeschlossen, die zum Beispiel misst, wie stark das Herz klopft. Der Arzt kann dann auch den Blutdruck messen oder Blut abnehmen und es im Labor untersuchen. So weiß man, ob man gesund ist.
Heute passenderweise der Song „Schmerzfrei“ von Max Passion.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg53kurz.pdf
von Annik Rubens | 17. April 2009 | Gesundheit & Soziales, SG Podcast-Episode
Die Informationen in diesem Text sind veraltet – die 10 Euro Praxisgebühr gibt es nicht mehr. Der Rest ist weiterhin korrekt.
Marcelo, Ekaette und einige andere haben mich gebeten, über das deutsche Gesundheitssystem zu sprechen. Das ist gar nicht so einfach, weil es ein sehr komplexes Thema ist. Ich werde versuchen, Euch die Grundzüge zu erklären.
In Deutschland sind die meisten Menschen versichert. Es gibt zwei Arten von Krankenkassen: gesetzliche und private Krankenkassen. In der gesetzlichen Krankenversicherung zahlt man jeden Monat einen bestimmten Beitrag. Dieser richtet sich danach, wieviel man verdient. Wer viel verdient, muss auch mehr für seine Krankenversicherung bezahlen. Wer wenig verdient, zahlt weniger. Die meisten deutschen Bürger sind bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert. Ich auch. Nur ungefähr 10 Prozent der Deutschen sind privat versichert. Hier zahlt man auch regelmäßig Beiträge, diese sind aber von anderen Faktoren abhängig, zum Beispiel davon, wie alt man ist und ob man eine Frau ist oder ein Mann.
In Deutschland gibt es eine Versicherungspflicht. Das heißt, dass fast jeder versichert sein muss. Nur zum Beispiel Beamte, Soldaten oder Selbständige müssen sich nicht versichern. Alle anderen schon.
Bei mir sieht das so aus: Ich habe eine kleine Plastikkarte, die aussieht wie eine Kreditkarte. Auf ihr sind meine persönlichen Daten gespeichert, also wo ich wohne und bei wem ich versichert bin. Wenn ich zum Arzt komme, gebe ich diese Karte dort ab. Sie wird eingelesen und die Informationen überprüft. Dadurch weiß der Arzt, wem er seine Leistungen in Rechnung stellen muss, wer also für seine Arbeit bezahlt.
Zusätzlich muss ich zehn Euro bezahlen. Das ist eine so genannte Praxisgebühr. Sie wurde vor einigen Jahren neu eingeführt. Dann kann ich auch schon im Wartezimmer Platz nehmen und darauf warten, dass der Arzt Zeit für mich hat. Wieviel meine Behandlung kostet und wer sie bezahlt, das erfahre ich als Patient gar nicht. Das läuft dann alles zwischen Arzt und Versicherung ab.
Aber die Versicherung zahlt nicht alles. Wenn ich zum Beispiel meine Zähne professionell reinigen lassen möchte, muss ich das selber bezahlen. Bei meinen Kontaktlinsen übernimmt die Krankenkasse wenigstens einen kleinen Teil der Kosten – den Rest muss ich zahlen. Wenn ich beim Frauenarzt bestimmte Vorsorgeuntersuchungen machen möchte, beispielsweise Ultraschall zur Krebsvorsorge, muss ich das auch selber zahlen. Den Begriff Vorsorge muss ich vielleicht erklären: Bei der Vorsorge geht es darum, dass man zum Arzt geht, obwohl man noch nicht krank ist oder sich noch nicht krank fühlt. Man versucht also zu verhindern, dass man krank wird. Oder man versucht, bestimmte Krankheiten möglichst früh zu entdecken, damit man sie dann leichter bekämpfen kann. Bei der Vorsorge sorgt man also frühzeitig für seinen Körper.
Auch wenn man nicht alles bezahlt bekommt, ist das System verglichen mit vielen anderen Ländern sehr gut. Wer krank ist oder einen Unfall hatte, wird ärztlich versorgt, dafür sorgt seine Krankenkasse. Das ist auch bei schwangeren Frauen so, die vor der Geburt regelmäßig untersucht werden.
In Deutschland gibt es aber immer wieder Diskussionen über das Gesundheitssystem. Da die Ärzte an Privatpatienten mehr verdienen als an gesetzlich versicherten Patienten, ist es oft schwieriger, als gesetzlich versicherter Patient einen Termin zu bekommen. Für teure Untersuchungen muss man dann länger warten. Das ist aber nicht immer so – manche Ärzte machen keinen Unterschied.
Nach der Untersuchung bekommt man vom Arzt meistens ein Rezept. Das ist ein kleines Blatt Papier, auf dem der Arzt notiert hat, welche Medikamente man braucht. Damit geht man zu einer Apotheke und bekommt dort die verschriebenen Pillen.
Musik ist übrigens auch eine gute Medizin, deswegen gibt es heute für Euch die Gruppe „Maximal egal“ mit ihrem Song „Es geht vorbei“.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg50kurz.pdf
von Annik Rubens | 10. März 2008 | Gesundheit & Soziales, SG Podcast-Episode
Die Informationen in diesem Text sind veraltet – bitte informiert Euch im Internet über die aktuelle Situation.
Heute ist mein Thema das Rauchverbot, weil einige von Euch danach gefragt haben. Ich selber rauche nicht, daher freue ich mich besonders darüber, dass es in Deutschland immer mehr Verbote gibt und daher die Luft für Nichtraucher immer besser wird.
Früher durfte man überall rauchen. 1975 wurde in Deutschland dann aber verboten, im Radio oder Fernsehen Werbung für Zigaretten zu machen. Im Kino gibt es allerdings weiterhin Werbung für Marlboro und Co, ebenso auf Plakaten in der Stadt.
In den 80er-Jahren kam ein wichtiges Verbot: Man durfte im Flugzeug und später auch in Flughäfen nicht mehr rauchen. Seit September 2007 darf man auch auf Bahnhöfen nicht mehr rauchen, das ist gesetzlich verboten. Nur kleine Flächen sind auf dem Boden eingezeichnet, und hier dürfen die Raucher sich um einen Aschenbecher scharen. Auch in Zügen darf nicht mehr gequalmt werden.
Schon seit einigen Jahren ist in Deutschland das Rauchen in vielen öffentlichen Gebäuden verboten. Zum Beispiel auch an Schulen. Das gilt aber nicht für alle Bundesländer. Auch in den meisten Büros oder an den Arbeitsplätzen der Menschen darf kaum noch geraucht werden. Hier gibt es dann meistens im Freien eine Möglichkeit, zu rauchen. Ich habe ein Jahr lang neben einem Kettenraucher gearbeitet, ich hatte ständig Halsweh.
All diese Verbote wurde meistens ohne große Proteste hingenommen. In diesem Jahr aber gab es Ärger. Denn da trat ein Gesetz in Kraft, das auch das Rauchen in der Gastronomie verbietet. Dadurch sollen Nichtraucher geschützt werden, unter anderem auch die Menschen, die in der Gastronomie arbeiten und dadurch Passivraucher sind. Seither kann man ohne Geruchsbelästigung durch Rauch sein Schnitzel essen. Die Raucher gehen zum Rauchen nach draußen und stehen dann in der Kälte. Einige Clubs haben sich nun allerdings auch zu Raucherclubs umgewandelt, denn in geschlossenen Gesellschaften darf weiterhin öffentlich geraucht werden.
Für Bayern gilt: Rauchen darf man nicht mehr in öffentlichen Gebäuden, nicht in Behörden, in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, in Hochschulen, Krankenhäusern, Alten- oder Pflegeheimen und auf den Flughäfen, sowie in der Gastronomie. Wir sind nun gespannt, wie das Oktoberfest ohne Rauch sein wird. Ich freue mich schon darauf. Ach, übrigens: Wer rauchen will, der kann in Bayern in ein Einkaufszentrum gehen oder ins Gefängnis. Dort ist es erlaubt. Und natürlich in der eigenen Wohnung oder im Freien.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg23kurz.pdf
von Annik Rubens | 10. Januar 2008 | Gesundheit & Soziales, SG Podcast-Episode
Ich möchte Euch heute etwas über die Sternsinger erzählen. Das ganze ist eine sehr alte Tradition. Am 6. Januar finden viele verschiedene Dinge statt. Die orthodoxen Christen feiern an diesem Tag Weihnachten beziehungsweise Christi Geburt. Es ist aber auch das Dreikönigsfest. In Süddeutschland, Österreich und Sachsen-Anhalt ist dieser Tag ein gesetzlicher Feiertag, wir müssen also nicht arbeiten. Es ist aber auch ein besonderes Fest: An diesem Tag gehen Kinder von Haus zu Haus und singen. Dafür bekommen sie dann Geld, und dieses Geld wird gesammelt und für Hilfsprojekte gespendet.
Die Kinder sind verkleidet als die heiligen drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar. Mit geweihter Kreide zeichnen sie dann an die Türe oder über die Türe die Botschaft „20* C+M+B 08“. Das steht angeblich nicht für die Anfangsbuchstaben der drei Könige, sondern für den lateinischen Spruch „Christus mansionem benedicat“, also „Christus segne dieses Haus“. Das Haus soll also geschützt sein vor Unglück – ebenso natürlich die Bewohner.
In Deutschland sind die Sternsinger die weltweit größte organisierte Hilfsaktion von Kindern für Kinder. Dieses Jahr haben eine halbe Million Kinder mitgemacht. Im vergangenen Jahr wurden bei der Aktion 38,8 Millionen Euro gesammelt. Die Hälfte des Geldes wird für die Bildung ausgegeben, ein Fünftel ungefähr für die Rehabilitation von Kindern, und acht Prozent immerhin an die Evangelisierung von Kindern in der ganzen Welt. Denn ich darf natürlich nicht vergessen zu sagen, dass die Sternsinger im Namen der katholischen Kirche unterwegs sind. Sie wurden sogar von Papst Benedikt gesegnet. Sogar ans Schloss Bellevue, dem Sitz des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler, wurden die Kreidezeichnungen angebracht.
Dieses Jahr ist das Motto der Sternsinger „Sternsinger für die Eine Welt“.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg19kurz.pdf
von Annik Rubens | 17. November 2007 | Gesundheit & Soziales, SG Podcast-Episode
In Deutschland gibt es unzählige Vereine. Ein Verein ist eine Gruppe von Menschen, die ein gemeinsames Hobby oder Interesse haben. Sie organisieren sich in einer hierarchischen Struktur. Sie treffen sich regelmäßig und sie machen verschiedene Veranstaltungen. Es gibt zu allen möglichen Interessen Vereine. Zum Beispiel Sportvereine. Die sind manchmal so groß, dass sie sogar profitabel sind. Aber es gibt auch ganz kleine Vereine. Wenn man im Deutschen zum Beispiel negativ über Lokaljournalismus redet, dann sagt man, diese Journalisten würden nur über Kaninchenzüchtervereine schreiben. Insgesamt wird die Liebe der Deutschen zu ihren Vereinen abschätzig auch gerne Vereinsmeierei genannt.
Ein Verein muss in Deutschland mindestens sieben Mitglieder haben, und er muss bei einem Gericht eingetragen werden. Dann bekommt er die Abkürzung „e.V.“, eingetragener Verein. Es gibt auch gemeinnützige Vereine. Das bedeutet, dass der Verein Geld sammelt, das er einem guten Zweck zur Verfügung stellt. Er darf keinen Gewinn erwirtschaften.
An der Spitze eines Vereines steht der Vereinsvorsitzende. Er hat einen Stellvertreter, falls er mal keine Zeit hat oder verhindert ist. Dann gibt es noch einen Schriftführer, der die Protokolle der Sitzungen anfertigt. Und einen Schatzmeister oder Kassier, der für die Finanzen zuständig ist. Einmal im Jahr treffen sich alle Mitglieder zur Jahreshauptversammlung. Hier werden wichtige Dinge besprochen, und alle zwei Jahre wird ein neuer Vorstand gewählt. Dies muss heimlich geschehen, also wie bei politischen Wahlen mit Stimmzetteln. So wird verhindert, dass ein Betrug stattfindet oder Mitglieder zu einem Ergebnis gezwungen werden. Die Wahlen sollen demokratisch stattfinden.
Ich selber bin in einem Verein, der sich für die Lakota-Indianer in den USA einsetzt, und natürlich gibt es mittlerweile in Deutschland auch einen Podcastverein. Ich selber bin kein großer Freund von Vereinen. Ich finde, man kann die Zeit, die man hier für Bürokratie verwendet, sinnvoller gestalten. Was meint Ihr?
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg17kurz.pdf