Ich habe letztens bei Instagram einen interessanten Dienst entdeckt: Da kann ich mich melden, wenn ich ehrenamtlich arbeiten möchte. Und dann hilft mir der Dienst, eine passende Aufgabe zu finden. Ich habe mir überlegt, was ich machen möchte. Am Liebsten möchte ich Kindern dabei helfen, die deutsche Sprache zu lernen. Also werde ich das ab September tun. Das hat mich dazu gebracht, mehr über das Ehrenamt herauszufinden. Und das ist heute das Thema. 

In Deutschland engagieren sich viele Menschen freiwillig. Sie helfen, ohne dafür Geld zu bekommen. Das nennt man Ehrenamt oder Freiwilligendienst. Es gibt viele verschiedene Arten, wie man sich engagieren kann – in der Nachbarschaft, in Vereinen, bei Hilfsorganisationen oder im sozialen Bereich. Dieses Engagement ist sehr wichtig für die Gesellschaft. Ohne Ehrenamt würde vieles nicht funktionieren. 

Vor fast zehn Jahren habe ich schon eine Episode zu diesem Thema gemacht, aber heute wird es etwas ausführlicher. Denn das Thema ist wichtig und ich hoffe, dass sich viele von Euch auch ehrenamtlich engagieren. Das geht aber natürlich nur, wenn man dafür Zeit hat. Ich verstehe, dass das nicht in jeder Lebensphase möglich ist. 

In Deutschland leisten laut Statistik mehr als 28 Millionen Menschen freiwillige Arbeit. Die Gründe sind unterschiedlich. Manche wollen einfach etwas Gutes tun. Andere möchten Menschen kennenlernen. Ich möchte in erster Linie anderen Menschen helfen und etwas sinnvolles machen. Und ich möchte mich auch selber dadurch gut fühlen, das gebe ich gerne zu. 

Schon im Mittelalter gab es Menschen, die Kranken geholfen haben oder Essen verteilt haben. Später entstanden dann Vereine – zum Beispiel Sportvereine oder Freiwillige Feuerwehren. Zu Vereinen gibt es auch eine Episode Slow German, denn es gibt wenige Dinge die so Deutsch sind wie Vereine. Vereine leben vom Engagement der Mitglieder. Auch heute noch ist die Freiwillige Feuerwehr in vielen kleinen Städten und Dörfern sehr wichtig. Dort gibt es keine Berufsfeuerwehr. Wenn es brennt, kommen die Nachbarn – freiwillig. Was mich auf die Idee bringt, dass das auch ein gutes Thema wäre für Slow German. Es gibt so viel zu tun!

Ein bekanntes Beispiel für freiwilliges Engagement ist das Technische Hilfswerk, kurz THW. Dort helfen Ehrenamtliche bei Katastrophen – zum Beispiel bei Überschwemmungen oder nach Stürmen. Das THW ist in ganz Deutschland aktiv und auch im Ausland. Die Ausbildung dort ist professionell. Viele Menschen machen das neben ihrem Beruf. Sogar Jugendliche helfen beim THW mit, für sie gibt es extra Kurse, in denen sie viele nützliche Dinge lernen, zum Beispiel wie man Erste Hilfe leistet. Mein Sohn hat das eine Zeit lang gemacht. Er musste dann am Samstag sehr früh aufstehen und hat beim THW zum Beispiel gelernt, wie man bestimmte Knoten knüpft.

Sehr viele Menschen helfen auch bei den sogenannten „Tafeln“. Das sind Organisationen, die Lebensmittel retten. Supermärkte geben den Tafeln Lebensmittel, die noch gut, aber nicht mehr verkäuflich sind. Freiwillige sortieren die Ware und geben sie an Menschen mit wenig Geld weiter. In Deutschland gibt es über 900 Tafeln, und sie helfen regelmäßig über zwei Millionen Menschen. Ohne Ehrenamtliche wäre das nicht möglich. Oft wird allerdings kritisiert, dass die Ehrenamtlichen hier eine Aufgabe übernehmen, die eigentlich der Staat ausfüllen sollte.

Ein etwas anderer Bereich ist das Freiwillige Soziale Jahr, kurz FSJ. Junge Menschen zwischen 16 und 27 Jahren können ein Jahr lang in sozialen Einrichtungen arbeiten – zum Beispiel in einem Krankenhaus, im Kindergarten oder im Altenheim. Sie bekommen dafür ein kleines Taschengeld, aber keine richtige Bezahlung. Das FSJ ist für viele eine gute Möglichkeit, sich nach der Schule zu orientieren. Man kann dabei Berufe kennenlernen, Menschen helfen und wichtige Erfahrungen sammeln. Es gibt auch das FÖJ – das Freiwillige Ökologische Jahr, bei dem man zum Beispiel in einem Nationalpark arbeitet oder beim Umweltschutz hilft.

In vielen Städten gibt es auch Ehrenamtsbörsen oder Freiwilligenagenturen. Dort kann man sich informieren, wo Hilfe gebraucht wird. Schön finde ich die sogenannte Nachbarschaftshilfe, wo man sich gegenseitig unterstützt. Da kann dann ein Teenager zum Beispiel für eine ältere Dame nebenan einkaufen gehen oder mit deren Hund spazieren gehen. Manche Menschen helfen regelmäßig, andere nur manchmal, zum Beispiel bei einem Fest oder bei einer Spendenaktion. Es gibt wie gesagt auch Online-Plattformen, wo man Projekte findet, bei denen man mitmachen kann.

Ehrenamt findet überall statt: beim Sport, in der Kirche, in der Schule oder bei kulturellen Veranstaltungen. Auch im Bereich der Flüchtlingshilfe engagieren sich viele Menschen. Als im Jahr 2015 viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, haben hier tausende Menschen geholfen: Sie haben Sprachkurse gegeben, Kleidung gesammelt oder die neu angekommenen Menschen bei Behördengängen begleitet. Ich fand das damals sehr rührend, dass viele Menschen so hilfsbereit waren.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Ehrenamt braucht Zeit. Manche Menschen arbeiten viel und haben keine Energie mehr, um sich zu engagieren. Viele Menschen sind auch einfach introvertiert und tun sich schwer damit, aktiv auf andere zuzugehen. Wieder andere wissen nicht, wie sie helfen können oder haben Angst, etwas falsch zu machen. Deshalb ist gute Organisation wichtig. Viele Initiativen bieten Schulungen und Treffen an, damit sich neue Helfer gut zurechtfinden. 

Und die höchste Ehrung für ein Ehrenamt ist das Bundesverdienstkreuz. Im September 2024 hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser diesen Orden an 16 Menschen verliehen, die sich in Deutschland besonders engagiert hatten. Sie sagte damals: „Das Ehrenamt knüpft ein Band des Miteinanders, das unsere Gesellschaft verbindet und stärker macht. Anderen zu helfen und selbst auf Unterstützung bauen zu können, das schafft Vertrauen und Zusammenhalt. Und vieles wäre ohne den persönlichen Einsatz der Freiwilligen nicht möglich. Das Ehrenamt ist das Rückgrat unserer Demokratie.

Hast du schon einmal ehrenamtlich gearbeitet? Schreib es gerne in die Kommentare!

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg304kurz.pdf