Doch dann passiert in einem Hamburger Kaufhaus etwas ähnliches. Wieder explodiert nachts ein Sprengsatz nach einer Geldforderung. Und so geht es immer weiter. Ungefähr 30 Mal spielen Erpresser und Polizei Katz und Maus. Ich kann mich gut an diese Zeit erinnern, denn diese Fälle waren oft amüsant und irgendwie fieberten wir mit und hofften, er würde nicht erwischt werden. Der Erpresser ließ sich kreative Dinge einfallen, um an das Geld zu kommen ohne erwischt zu werden. Er hatte viel Fantasie. Zum Beispiel sollte das Geld mit einem Magnet an einem Zug befestigt werden und dann per Fernsteuerung abfallen. Oder das Geld sollte in eine Streusandkiste gelegt werden – und der Erpresser entkam durch die Kanalisation. Er hatte vorher alles genau vorbereitet – als Bauarbeiter verkleidet. Er benutzte viel Technik, von Richtmikrofonen über Bewegungsmelder. Seinen Spitznamen bekam er durch eine Zeitungsanzeige: „Dagobert“, so wie die Comicfigur Dagobert Duck.
Auch wenn kriminelle Menschen etwas Falsches tun – irgendwie mochten wir Dagobert. Er war schlau, er nahm das Geld von Unternehmen und nicht von einzelnen Menschen, und er sorgte dafür, dass keine Menschen verletzt wurden. Das hatte schon etwas von Robin Hood, irgendwie. Auch wenn er das Geld für sich selber behielt und nicht den Armen gab.
Einmal war ein Polizist ihm so nah, dass er schon nach seinem Ärmel greifen konnte – doch dann rutschte er aus und Dagobert konnte wieder einmal entkommen.
Aber dann wurde er doch gefasst. Da die Polizei immer wusste, wann Dagobert anrufen würde, beobachtete sie zu diesem Zeitpunkt im Frühjahr 1994 viele Kartentelefone im Süden von Berlin. Dabei fiel den Beamten ein Auto auf, in dem ein Fahrrad war – genau mit diesem Fahrrad war der Erpresser einmal geflüchtet. Das Auto war ein Mietwagen, und schon hatten die Ermittler endlich Dagoberts richtigen Namen erfahren: Arno Funke. Beim nächsten Erpresseranruf wurde der observierte – also beobachtete – Funke festgenommen.
Die Bilanz: Schäden in Höhe von 10 Millionen D-Mark. Dazu noch viele, viele Polizeieinsätze und extrem hohe Telefonkosten. Neun Jahre lang musste Arno Funke ins Gefängnis, dazu musste er einen Schadensersatz von 2,5 Millionen D-Mark an die Kaufhauskette Karstadt bezahlen. Funke wurde dann aber doch frühzeitig entlassen, und zwar nach sechs Jahren und vier Monaten Haft.
Wer steckt also hinter Dagobert? Arno Funke wurde 1950 geboren. Er hat einen hohen IQ, er gilt als hochbegabt und handwerklich geschickt. Er arbeitete in verschiedenen Jobs, zum Beispiel als Fahrer, Fotograf und DJ. Dann auch als Kunstlackierer in einer Autowerkstatt. Dabei atmete er so viele giftige Gase ein, dass sein Gehirn geschädigt wurde. Das führte zu Depressionen und privaten Problemen. Nach eigener Aussage stand er kurz vor dem Selbstmord. Für das Gericht wirkte diese Tatsache schuldmindernd. Das bedeutet, dass seine Gefängnisstrafe wahrscheinlich länger gewesen wäre, wenn er keine psychischen Probleme gehabt hätte.
Schon im Gefängnis fing Arno Funke an, zu zeichnen. Daraus machte er einen Beruf – er illustriert auch heute noch die Zeitschrift „Eulenspiegel“. Seine Karriere als Dagobert hat er in einem Buch festgehalten. Und 2013 nahm er an der Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ teil. Das ist eine Show, bei der Prominente im australischen Dschungel leben und verschiedene Mutproben bestehen müssen. Dort wirkte er zurückhaltend und ruhig. Er betont, dass er seine Strafe verbüßt hat und heute ein ganz normaler Mensch ist – wie alle anderen auch. Das nennt man resozialisiert. Und seine Schulden bei der Kaufhauskette Karstadt hat er mittlerweile auch bezahlt.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg229kurz.pdf
VIELEN DANK, ANNIK!
Eine chinesische Version von SG229
SG229
勒索百货公司的达戈伯特
今天我给大家说一段故事,这段故事发生在1988年。我们现在在柏林。柏林有一个非常著名的百货公司卡德威(KaDeWe),这个三字名取自“西部百货商店”(Kaufhaus des Westens的缩写。有一个匿名人向这家百货公司索要50万德国马克,这是勒索钱财。当夜,百货公司发生了炸弹爆炸。很多东西被炸坏了,但没人受伤。
大家很担心可能再发生爆炸,因此卡德威打算把那笔款子付了。敲诈者通过无线电给带钱的人发指令:让他乘火车到达某个指定地点,把钱扔出车窗外。交接完成了——钱没影了。随后几年平静如初。
但接着,汉堡的一家百货公司也发生了类似事件。在提出交钱的数额后,一个爆炸装置又在夜间爆炸了。后来,这类案件一直发生。勒索者和警察玩起了猫捉老鼠,玩了大约30次。那段时间我记得很清楚,案件的案情都很有意思,不知何故搞得大家都很兴奋,甚至希望警察抓不到勒索者。勒索者常想出一些新点子弄到钱,又不会被抓住。他真的是脑洞大开呀。比如,他让人把钱用磁铁吸在火车上,用遥控器让它掉下来;或者,让人把钱放在一个沙盒里,勒索者从下水道逃脱。他事先把一切都准备好了——他伪装成建筑工人;他使用了很多技术,包括定向麦克风、运动检测器等等。他在报纸广告里为自己找个了绰号达戈伯特(Dagobert),模仿卡通角色鸭大哥(Dagobert Duck)。
虽然罪犯达戈伯特干了坏事,但我们还是挺喜欢他的。他很聪明,他敲诈公司钱财,不是个人钱财,还注意不伤人;怎么看,都有点义侠罗宾汉之风,就算他把钱留给了自己,没分给穷人也罢。
有一回警察离他很近,抓住了他的衣袖,但达戈伯特就地滑倒,再次逃脱。
不过后来他还是被抓住了。因为警察摸清了达戈伯特什么时候打电话,他们在1994年春找准他打电话的时间,监控了柏林市南边的好多部插卡电话。一名警察发现了一辆汽车,里面还装着一辆自行车——勒索者有一次正是骑着这辆自行车逃脱的。那汽车是一辆出租车,调查人员终于查到了达戈伯特的真名,他叫阿诺•冯克(Arno Funke)。再一次打电话勒索时,早就在监视之下的冯克被擒获了。
费用盘点:被破坏价值达一千万德国马克。另外,警察无数次开展行动,电话通话费用也极高。阿尔诺•冯克要在监狱里待9年,他还要向卡城(Karstadt)百货连锁店支付250万枚德国马克作为赔偿。其实,在关押了六年零四个月后,冯克便被提前释放了。
达戈伯特背后的是个什么样的人呢?阿诺•冯克生于1950年。他智商高,被公认天赋很好,动手能力强。他做过多种工作,干过驾驶员、摄影师,还做过DJ。
后来又在一家汽修铺当美容喷漆工。因吸入了太多有毒气体,大脑受损,造成他抑郁,出现个人问题。他自称,他都快自杀了。法庭认为,这一事实可以减罪责;就是说,如果他没有心理健康问题,他的刑期可能会更长。
阿诺•冯克坐牢期间开始画画,他把画画当成了一个营生——如今他还在为《猫镜先生》(Eulenspiegel)杂志画插图。他在一本书里记录了自己当达戈伯特的经历。2013年,他参加了“我是明星,救我出去!”节目。这是个电视节目,各路名人跑到澳大利亚丛林生活,必须通过各种勇气测试;冯克在节目中表现内向、平静。他特别提到,自己服刑已毕,现在和其他人一样,完全是个正常人了。这个叫重返社会。另外,他也偿清了欠卡城百货连锁的钱。