Ich habe ein Creative Commons-Bild (korrekt mit Namensnennung etc.) gepostet. Auf meinem Blog. Nun habe ich dafür 600 Euro bezahlt. Einem Anwalt. Wie es dazu kam – als Warnung für Euch:
Ich habe einen Blogeintrag geschrieben (und einen Podcast produziert) über Karl Valentin. In meinem Blog geht es um deutsche Kultur und Politik für Deutschlernende. Meine Hörer sind hauptsächlich in den USA, Russland und China zu Hause. Und ich dachte es würde sie freuen, etwas über diesen tollen Menschen Karl Valentin zu erfahren.
Nun weiß ich aber, dass gerade die Erben von Karl Valentin (und auch Erich Kästner etc.) sehr, sehr streng sind mit den Zitaten ihrer Vorfahren. Also habe ich brav vor Veröffentlichung um Erlaubnis gefragt, ob ich die Zitate verwenden darf – und diese Erlaubnis auch freundlicherweise vom Rechtsanwalt Fette im Auftrag der Erben bekommen. Einen Hinweis, dass die Zitate urheberrechtlich geschützt sind, habe ich dem Blogpost wie abgemacht hinzugefügt. So sieht man also, dass solche Dinge auch professionell und freundlich geklärt werden können. Wenn beide Seiten das wünschen.
Um den Artikel zu illustrieren – was heute ja nicht mehr anders geht, überall muss es bunt und schön sein – habe ich nach Bildern gesucht. In der Wikipedia waren einige schöne Aufnahmen, unter anderem der berühmte Scherenschnitt, der Valentin von der Seite zeigt. Dieser stand unter Creative Commons drin, ich habe noch nachgeforscht, wer Urheber der Illustration ist und habe gesehen, die Dame ist 1991 gestorben. Also dachte ich: Wie schön, ihre Erben haben ihr Werk freigegeben, wie fortschrittlich. Ein Autorenhinweis stand sogar mit im Bild, das fand ich besonders gut.
Gerade als Journalistin weiß ich, wie wichtig das Urheberrecht ist, und gehe verantwortlich damit um. Das wird allein schon damit klar, dass ich auch die Zitate abgeklärt habe, obwohl diese wahrscheinlich ohnehin unter das journalistische Zitatsrecht gefallen wären. Aber:
Zwei Wochen später flatterte mir ein Schreiben der BSB Anwaltskanzlei München ins Haus: Schadensersatz, Lizenzgebühren und natürlich die Kosten des Anwalts soll ich tragen. Insgesamt 600 Euro. Plus „eine strafbewehrte Unterlassungserklärung“.
Nach rechtlicher Beratung ist klar: Ich habe keine Chance. Ich muss zahlen. Denn in Deutschland gibt es „keinen gutgläubigen Erwerb an Nutzungsrechten“ (mehr dazu auch hier).
Ich finde es richtig, dass nach verletzten Urheberrechten gefahndet wird und diese geahndet werden. Wenn jemand mit dem Werk anderer Geld verdient und ihm offensichtlich egal ist, dass er Dinge nutzt, zu denen er kein Recht hat, bitte abmahnen.
ABER: Ich habe das Bild nicht auf Postkarten gedruckt. Ich habe es mir nicht auf die nackte Brust tätowiert um dadurch berühmt zu werden und Kohle zu machen. Ich habe es als Illustration verwendet, um auf den Menschen Karl Valentin in der Welt aufmerksam zu machen.
Die Illustratorin, die den Scherenschnitt gefertigt hat (Franziska Bilek) und sicher ein ebenso großer Fan von Valentin war wie ich, hätte dies wahrscheinlich gut geheißen. Und was Valentin von dieser Abmahnerei gehalten hätte, können wir uns ebenfalls denken.
Ich bin NICHT leichtfertig mit dem Urheberrecht anderer umgegangen. Ich habe im Rahmen meiner Möglichkeiten versucht, ein Bild zu finden, das ich verwenden darf. Gerade mit historischen Aufnahmen ist es nunmal schwierig, an Bildmaterial zu kommen – sonst hätte ich auch auf kostenpflichtige Plattformen zurückgegriffen.
Mir bleibt die Warnung an Euch: Auch auf CC-Lizenz kann man sich NICHT verlassen. Eigentlich kann man nur noch eigenes Bildmaterial verwenden (sofern keine Personen darauf sind oder Bauwerke, oder Kunstwerke, aber das ist eine andere Geschichte) oder zu den großen Plattformen und Bildagenturen gehen, die „abmahnsicher“ sind – sich das aber auch einiges kosten lassen, was für kleine Blogs schwer machbar ist.
Disclaimer: Das hier habe ich so geschrieben, wie ich es verstanden habe und erlebt habe. Falls etwas daran falsch ist, bitte nicht schon wieder abmahnen, sondern einfach kurz eine Mail an podcast@slowgerman.com.
PS: Ich wünsche mir eine Welt, in der man einfach eine kurze Mail schreibt und sagt: Hey, bitte nimm das Bild runter, oder zahle Betrag XY. Ich hätte es wahrscheinlich sogar bezahlt. Für Karl Valentin.
PPS: Mir ist noch eine weitere Abmahnung ins Haus geflattert, diesmal nicht zu Karl Valentin. In diesem zweiten Fall sieht es so aus, dass absichtlich Fotos unter CC-Lizenz in die Wikipedia gestellt wurden, um Nutzer danach abzumahnen und so Geld zu verdienen… Rechtlich sogar völlig in Ordnung!
Fazit für mich: Ich habe ALLE Fotos von meinem Blog entfernt, die ich nicht selber gemacht habe. Traurig.